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© APDer ehemalige Polizist Christopher Dorner ist in den USA zurzeit auf einem mörderischen Rachefeldzug.
Auf den Ex-Soldaten Christopher Dorner ist eine Million Dollar Kopfgeld ausgesetzt. Sein Hass gilt der Polizei von Los Angeles. Im Internet wird die bizarre Todesliste des Dreifach-Mörders gefeiert.

Wo ist Christopher Dorner? Seit fast einer Woche jagen Hunderte von Polizisten und Spezialkräfte des FBI den dreifachen Mörder in zwei US-Bundesstaaten und im Grenzgebiet zu Mexiko. Es ist einer der größten Fahndungseinsätze des Landes.

Doch von dem schwerbewaffneten und als extrem gefährlich eingestuften Mann fehlt offenbar jede Spur. Der Bürgermeister von Los Angeles hat jetzt ein Kopfgeld von einer Million Dollar auf den früheren Soldaten und ehemaligen Cop ausgesetzt, der auf einem Rachefeldzug gegen die Polizei ist - es ist das höchste in der Geschichte der Stadt.

"Wir werden diese Terrorherrschaft nicht dulden", sagte Antonio Villaraigosa, Stadtoberhaupt der fast vier Millionen Einwohner zählenden Westküstenmetropole. "Niemand darf die Sicherheit unserer Gemeinschaft gefährden." Aus Angst vor einem Anschlag wurden am Sonntag bereits zusätzliche Polizisten bei der Verleihung der diesjährigen Grammy-Musikpreise eingesetzt. Der Abend verlief aber ohne Zwischenfälle.

Ausgebrannter Pick-up bisher einzige Spur

"Dieser Mann ist ein ausgebildeter Killer und extrem gefährlich", sagte der Polizeichef von Los Angeles, Charlie Beck. Er rief die Bevölkerung zu "extremer Wachsamkeit" auf.

Zuletzt hatte sich die Suche nach Dorner auf das Skigebiet Big Bear Lake konzentriert, rund 160 Kilometer von Los Angeles entfernt. Dort fanden die Beamten den ausgebrannten Pick-up des 33-Jährigen. Doch die Spur verlor sich am Wochenende im dichten Schneetreiben. Aus Angst vor einem Anschlag wurden in dem Gebiet sogar die Schulen geschlossen.

Christopher Dorner, ein bulliger, durchtrainierter ehemaliger Navy-Soldat und Ex-Polizist - 1,82 Meter groß und 122 Kilogramm schwer - hatte am Sonntag vor einer Woche einen blutigen Rachefeldzug gegen die Polizei von Los Angeles angekündigt. Er soll laut Chefermittler Beck "bis unter die Zähne bewaffnet sein" und sogar eine "Boden-Luft-Rakete" besitzen.

In einem elf Seiten langen Manifest, das er auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht hatte, kündigte Dorner eine "unkonventionelle und asymmetrische Kriegsführung" gegen die Polizei an. In einer "Todesliste" prophezeit er die Erschießung von insgesamt 40 Personen, die meisten davon Polizisten.

Dorner prangert Rassismus und Korruption an

"Erst wenn die Wahrheit ans Licht kommt", schreibt Dorner, "wird das Töten aufhören." In seiner Hassbotschaft - bizarrerweise gespickt mit hunderten von Bildern, die ihn als freundlichen und breit lächelnden Mann zeigen - kritisiert Dorner den "Rassismus, die Brutalität und die Korruption" bei der Polizei von Los Angeles. Dorner war 2007 nach einer Falschaussage gegen eine Kollegin fristlos entlassen worden. Er hatte sie beschuldigt, einen psychisch kranken Verdächtigen misshandelt zu haben. Ein Vorwurf, der sich später als falsch herausstellte.

Polizeichef Beck kündigte dennoch an, den Fall neu zu untersuchen. "Ich tue das nicht, um einen Mörder zu beruhigen", sagte er. "Ich will damit nur zeigen, dass wir Vorwürfe von Rassismus in dieser Stadt ernst nehmen und untersuchen werden." Dabei werden Erinnerungen an den Fall Rodney King wach. Im Jahr 1992 hatte der Übergriff weißer Polizisten auf den Schwarzen zu Rassenunruhen in Los Angeles geführt.

Im Internet hat Dorner mittlerweile eine Fangemeinde. Viele der meist anonymen Schreiber feiern ihn als "Helden" und als "schwarzer Ritter gegen die Korruption". Die 40 Menschen, die auf Dorners "Todesliste" stehen, hat die Polizei mittlerweile unter Personenschutz gestellt. Für das Ehepaar Monica Quan und Keith Lawrence kommt diese Vorsichtsmaßnahme zu spät.

Dorner hat die beiden am 3. Februar in Irvine, knapp 60 Kilometer südlich von Los Angeles, mit mehreren Schüssen in ihrem Auto ermordet. Die 28-jährige Quan ist die Tochter eines Ex-Kollegen von Dorner.

Tod im Kugelhagel

Vier Tage später, am Donnerstag, hatte es Dorner auf zwei Polizisten abgesehen, die an einer roten Ampel in Riverside, eine Autostunde östlich von Los Angeles, standen. Einer der Beamten starb im Kugelhagel, ein anderer wurde schwer verletzt. Danach wurde die Großfahndung nach Dorner auf ganz Kalifornien, Nevada - dort besitzt der Flüchtige ein Haus - und bis nach Mexiko ausgeweitet. Bis zu 10.000 Polizisten waren zeitweise in Alarmbereitschaft.

Die Nerven der US-Polizeibeamten scheinen mittlerweile blank zu liegen. Offenbar ohne Vorwarnung eröffneten sie am Donnerstag das Feuer auf einen Pick-up, der auf die Beschreibung von Dorners Wagen passte. Eine Zeitungsverkäuferin und ihre 74 Jahre alte Mutter wurden dabei schwer verletzt.

Das tatsächlich genutzte Auto des Flüchtenden wurde erst später in dem Skigebiet von Big Bear Lake gefunden. Im Inneren des Wagens lag eine Campingausrüstung. Fieberhaft durchkämmen seitdem Hunderte von Polizisten das beliebte Skigebiet. "Er kann überall sein", sagt Polizeichef Beck, "hinter jedem Baum, in jedem Haus".

Extreme Kälte und Dauerschnee erschweren die Fahndung. Am Sonntag wurde die Zahl der Einsatzkräfte auf 25 Mann reduziert. Die Polizei scheint die Spur von Dorner verloren zu haben.