Rechtliche Schritte gegen Snowden: Die US-Justiz hat den Prism-Enthüller Edward Snowden offiziell der Spionage beschuldigt und einen Haftbefehl gestellt. Die Behörden in Hongkong sollen diesen nun vollstrecken.
Edward Snowden
© ReutersEdward Snowden
Washington/London. Die US-Justiz hat nach Informationen der Washington Post den in Hongkong untergetauchten Enthüller des Spähprogramms Prism, Edward Snowden, offiziell der Spionage beschuldigt. Wie die Zeitung am Freitag (Ortszeit) unter Berufung auf nicht näher genannte US-Beamte in ihrer Onlineausgabe berichtete, wirft die Staatsanwaltschaft Snowden in einer ersten Anklageschrift außerdem Diebstahl und Weitergabe von Regierungseigentum vor.

Die US-Behörde stellte den Angaben zufolge einen Haftbefehl gegen Snowden aus und bat die Behörden in Hongkong, diesen zu vollstrecken. Allein für den Spionagevorwurf droht Snowden, der am Freitag 30 Jahre alt wurde, eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren. Nach Angaben von NBC hatten sich die Anklagebehörden für den Auslieferungsantrag knapp zwei Wochen Zeit genommen, da die Justiz in Hongkong hohe Hürden stellt. Nach Angaben der „New York Times“ hat die US-Regierung die Behörden in Hongkong ersucht, Snowden in Gewahrsam zu nehmen, während eine offizielle Anklage und ein Auslieferungsantrag vorbereitet würden.

Snowden hat zugegeben, Medien Informationen über zwei streng geheime Programme zur Überwachung des Internet- und Telefonverkehrs zugeleitet zu haben. Snowden hat die USA verlassen und soll sich derzeit in Hongkong aufhalten. Als mögliches Asylland hat er Island genannt.

Das Vorbringen der Vorwürfe durch einen Bundesstaatsanwalt ist der erste Schritt zu einer Anklage gegen Snowden. Diese muss zu einem späteren Zeitpunkt von einer sogenannten Grand Jury aus Laienrichtern erhoben werden. Der Washington Post zufolge ist die Bundesstaatsanwaltschaft in Virginia für den Fall zuständig. Dort habe der frühere Arbeitgeber von Snowden, die für den Geheimdienst NSA tätige Beratungsfirma Booz Allen, ihren Sitz.

Der Computerexperte war Angestellter der Servicefirma Booz Allen Hamilton und arbeitete für die National Security Agency (NSA). Er hatte der britischen Zeitung Guardian sowie der Washington Post Informationen über das Prism-Programm zugespielt, mit dem die NSA Nutzerdaten großer Internetkonzerne wie Google, Facebook und Microsoft auswertet. Die betroffenen Unternehmen bestreiten aber einen direkten Zugriff der Geheimdienste auf ihre Server.

Der Guardian veröffentlichte außerdem einen geheimen Gerichtsbeschluss, der es der NSA erlaubt, wahllos Daten über die Handyverbindungen von Millionen Menschen in den USA zu sammeln. Einem neuen Bericht des Blattes zufolge, soll auch der britische Geheimdienst GCHQ Kabel angezapft haben und so den Telefon- und Internetverkehr überwachen.

Der genaue Aufenthaltsort von Snowden ist derzeit unbekannt, er wird aber weiter in Hongkong vermutet. Der Informant hatte erklärt, sich um politisches Asyl in Island bemühen zu wollen. Der Inselstaat im Nordatlantik tritt besonders für die Freiheit im Internet ein. Nach Angaben aus Kreisen der Enthüllungswebseite Wikileaks steht ein Charterflugzeug bereit, um Snowden nach Island zu bringen. Die Regierung in Reykjavik erklärte am Mittwoch, informelle Kontakte mit dem Flüchtigen zu unterhalten. Es ist jedoch nicht sicher, dass ihm die isländische Mitte-Rechts-Regierung Zuflucht gewähren will.

rtr/afp/dpa