Ein Vertreter der Regierung des US-Bundesstaats Tennessee hat vor wenigen Tagen eine Erklärung abgegeben, die bisher kaum Beachtung gefunden hat, die aber darauf schließen lässt, dass nach dem US Homeland Security Act (Gesetz über die Innere Sicherheit der USA) legitime Beschwerden der Bürger, selbst über solche Dinge wie mangelnde Wasserqualität, jetzt als »terroristischer Akt« bezeichnet werden können.
Schweigen,Angstmache,Terror
© Jonas Jensen / ShutterstockDie Menschen dazu bringen aus Angst nichts mehr zu sagen
Diese kaum glaubliche Situation kam während eines öffentlichen Treffens mit Einwohnern des Bezirks Maury, Tennessee, ans Licht, bei der Sherwin Smith, der Vizedirektor des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz (TDEC), als Redner auftrat. Seit Monaten beschweren sich Einwohner bei der Regierung des Bundesstaats, einige Kinder seien krank geworden, nachdem sie das Wasser getrunken hätten. Die Landtagsabgeordnete Sheila Butt, eine Republikanerin aus Columbia, hatte das Treffen organisiert. Teilnehmer waren Bürger, TDEC-Vertreter und Vertreter lokaler Behörden.

Als Bürger die Beschwerde vorbrachten, irgendetwas im Trinkwasser mache Kinder und Erwachsene krank, antwortete Smith mit erstaunlicher Schärfe: »Wir nehmen die Wasserqualität sehr ernst. Sehr, sehr ernst sogar. Aber bevor Sie sich über die Wasserqualität beschweren, sollten Sie sich vergewissern, dass Ihre Beschwerde wirklich fundiert ist. Auf Bundesebene kann eine Beschwerde nämlich nach dem Homeland Security Act als terroristischer Akt gewertet werden, wenn sich herausstellt, dass die Wasserqualität nicht zu beanstanden ist.« Das Treffen wurde von den Organisatoren einer lokalen Bürgerinitiative mitgeschnitten. »Können Sie das bitte noch einmal wiederholen?«, hört man einen Zuhörer auf dem Mitschnitt fragen. Auf der Aufnahme wiederholt Smith seine Aussage fast wörtlich.

Der Kommentar schockierte die Teilnehmer, die darin den Versuch sahen, Beschwerden abzuwürgen, so Brad Wright von der Bürgerorganisation SOCM in Mittel-Tennessee. Auch Butt, die das Treffen organisiert hatte, zeigte sich schockiert: »Ich glaube, wir sollten sehr vorsichtig sein, wie wir die Worte ›terroristisch‹ und ›Terrorismus‹ verwenden«, sagte sie. »Ich fand, es passte nicht in den Rahmen. Es hatte keinen Bezug zu den Fragen, die bei der Versammlung besprochen wurden.«

Die Kontaminierung des Trinkwassers ist überall in den USA zu einem erheblichen Problem geworden. Die verbreitete Praxis des »Fracking«, eines neuen Verfahrens zur Gewinnung von Erdgas und Öl aus Schiefergestein, hat sich in nur fünf Jahren zu einer Milliarden-Industrie entwickelt. Beim Fracking werden Millionen Liter giftiger Chemikalien und Wasser in den Boden gepresst. Schon mehrfach wurde das Verfahren für Giftstoffe im Trinkwasser von Pennsylvania bis Texas verantwortlich gemacht.

Darüber hinaus gibt es in den USA riesige konzentrierte »Farm-Fabriken« für Schweine, Rinder und Geflügel, bei denen Milliarden Liter von belastetem Kot illegal in Bäche und Flüsse entsorgt werden. Der Abfall enthält jede Menge Antibiotika und Pflanzenschutzmittel für gentechnisch veränderte Pflanzen wie Roundup von Monsanto.

Keystone Pipeline
Die Keystone-Pipeline verläuft genau über einer der wichtigsten unterirdischen Wasserschichten Amerikas, dem Ogallal Aquifer, häuft kommt es zu Lecks.
In jüngster Zeit sind beim Bau der Keystone-Ölpipeline, die vom Teersandabbau in Athabasca in der kanadischen Provinz Alberta bis zu Raffinerien in Port Arthur in Texas verläuft, schadhafte Schweißnähte aufgetreten, so dass große Mengen Teer und Öl in das Grundwasser des Ogallala Aquifer, einer der wichtigsten Wasserschichten für die Landwirtschaftsregion im Mittleren Westen der USA, gelangt sind. Die finanzkräftige Agrobusiness- und Öl-Lobby in Washington hat die meisten Bürgerbegehren zum Umweltschutz bisher erfolgreich blockiert. Gut vorstellbar, dass sie sich dafür eingesetzt haben, das Etikett »Terrorist« anzuheften, um legitime Beschwerden abzuschmettern, genauso wie in den 1950er Jahren das Etikett »kommunistischer Agitator« benutzt wurde, um legitime Proteste oder gewerkschaftliche Organisierung von Arbeitern zu stoppen.

Der Vertreter des Bundesstaats Tennessee mag mit seiner Definition von Terrorismus sehr großzügig gewesen sein. Aber angesichts von immer mehr Beschwerden wegen schlechter Wasserqualität und sonstiger Verseuchung und gesundheitlichen Problemen, beispielsweise durch GVO, werden im Homeland-Security-Ministerium vielleicht schon Pläne geschmiedet, den Ausdruck »terroristischer Akt« zu verwenden, um legitime Proteste von Bürgern zu ersticken. Das Gesetzbuch der USA definiert Terrorismus als den Einsatz »vorsätzlicher, politisch motivierter Gewalt gegen nicht kämpfende Ziele«.