Mit dem 64-Meter-Radioteleskop der CSIRO im australischen Parkes hat ein internationales Team von Astronomen Ausbrüche von Radiowellen entdeckt, deren Ursprung offenbar in einer Entfernung von Milliarden Lichtjahren liegt - in einer Zeit also, da das Universum erst zwischen sechs und neun Milliarden Jahre alt war. Über die Ursache der Strahlungsausbrüche rätseln die Forscher noch.
Radioblitz
© Swinburne Astronomy Productions, mit dem CSIRO-Parkes-Radioteleskop u. astronomy.fas.harvard.edu/skymaps/halpha (Hntgr.)Künstlerische Darstellung eines Radioblitzes am Nachthimmel vor dem CSIRO-Parkes-Radioteleskop in Australien (Illu.).
Bonn (Deutschland) - Insgesamt vier kurzzeitige Radiostrahlungsausbrüche (sog. Fast Radio Bursts, FRBs) von jeweils nur wenigen Millisekunden Dauer haben die Astronomen am Südhimmel bei hohen galaktischen Breiten registriert. Die extrem kurze Zeitdauer und die abgeleitete große Entfernung, so erläutern die Forscher in einer Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie, lasse darauf schließen, dass diese Ausbrüche von sehr energiereichen Ereignissen in kosmologischer Distanz stammen.

Als mögliche Erklärung der Blitze kommen für die Astronomen nur extreme kosmische Ereignisse, etwa zwei miteinander verschmelzende Neutronensterne, der Kollaps einer sterbenden Sonne oder ein Stern, der von einem Schwarzen Loch verschluckt wird, in Frage. Zudem sind offenbar riesige Mengen an Masse oder Energie im Spiel. "Als vor sechs Jahren zum ersten Mal ein solcher Strahlungsausbruch im Radiobereich beobachtet wurde, wusste keiner, was das war, oder ob es sich überhaupt um ein kosmisches Signal handelte. So haben wir in den vergangenen vier Jahren nach weiteren kurzen Radioblitzen gesucht", erläutert Dan Thornton, von der University of Manchester und der Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation (CSIRO) im australischen Sydney.

Wie die Forscher aktuell im Fachjournal Science (DOI: 10.1126/science.1236789) berichten, konnten nach einer noch zweifelhaften Beobachtung vor einigen Jahren mittlerweile vier weitere Ausbrüche dieser Art registriert werden, weswegen jeder Zweifel an der Echtheit der Signale ebenso ausgeschlossen werden könne wie eine irdische Quelle. Angesichts des am weitesten entfernten Ereignisses erreicht uns die Strahlung nach einer Lichtlaufzeit von etwa acht Milliarden Jahren.
Radiosignale, Radioblitz
© Science / D. Thornton et al.Frequenzabhängiger Unterschied in der Ankunftszeit des Radiosignals für eine der vier neu gefundenen Quellen (FRB 110220). Der Name bezieht sich auf das Ankunftsdatum des Signals am 20. Februar 2011.
Die Ergebnisse basieren auf der Untersuchung eines winzigen Himmelsausschnitts. Daher vermuten die Wissenschaftler, dass sich irgendwo am Firmament alle zehn Sekunden ein derartiges Ereignis abspielt. "Die Strahlungsausbrüche sind zehnfach kürzer als ein Blinzeln mit unseren Augen. Mit unseren gegenwärtigen Teleskopen müssen wir schon Glück haben, dass wir zur richtigen Zeit in die richtige Richtung am Himmel blicken", sagt Michael Kramer, Direktor am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn und Professor an der University of Manchester. "Sobald wir den gesamten Himmel simultan mit Radioaugen erfassen können, werden wir jeden Tag neue Radioblitze finden."

Laut Matthew Bailes, Professor an der Swinburne-Universität im australischen Melbourne, lassen sich diese Strahlungsblitze am ehesten auf heftige Explosionen bei Neutronensternen mit den stärksten bekannten Magnetfeldern zurückführen. Diese sogenannten Magnetare haben Magnetfelder bis zu 100 Milliarden Tesla - etwa 1000fach stärker als jene bei klassischen Neutronensternen. "Magnetare können in nur einer Millisekunde mehr Energie abstrahlen als unsere Sonne in 300000 Jahren. Und sie sind heiße Kandidaten, um diese Ausbrüche zu erklären", sagt Bailes.

Die Forscher möchten ihre Ergebnisse zukünftig auch dazu nutzen, die Eigenschaften des Raumes in Richtung der beobachteten Strahlungsausbrüche zu untersuchen. "Den intergalaktischen Raum und seine Bestandteile kennen wir noch nicht im Detail", sagt Ben Stappers von der University of Manchester. "Wir könnten die beobachteten Strahlungsausbrüche als Messsonden nutzen, um einiges über den Raum und die fehlende Materie im Universum zu erfahren."

"Wir haben gerade damit begonnen, mit weiteren Radioantennen wie unserem 100-Meter-Teleskop in Effelsberg die Suche auf den gesamten Himmel auszudehnen", sagt David Champion vom Bonner Max-Planck-Institut. "Wir möchten diese Strahlungsausbrüche auch gern in Echtzeit erfassen." Mit zukünftigen Teleskopen wie dem "Square Kilometre Array" (SKA) werden die Astronomen größere Bereiche des Himmels systematisch scannen und mit großer Wahrscheinlichkeit eine wesentlich größere Anzahl dieser Blitze entdecken.

Quelle: mpg.de, sciencemag.org