In der kanadischen Provinz Ontario mussten viele Imker nur wenige Wochen nach der diesjährigen Aussaat des Maises entsetzt den Tod von Millionen ihrer Bienen feststellen.
Bienen
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Der Imker Dave Schuit, der in der Ortschaft Elmwood im Landkreis Grey eine Imkerei betreibt, verlor insgesamt 600 Bienenvölker mit mehr als 37 Millionen Bienen. »Kurz nach Aussaat des Maises begannen Millionen unserer Bienen zu sterben«, sagte Schuit. Wie er machen auch viele andere, u.a. die Europäische Union (EU), eine besondere Gruppe von Insektiziden, die so genannten Neonikotinoide, dafür verantwortlich, die vom Chemiekonzern Bayer CropScience hergestellt und bei der Anpflanzung von Mais und anderen Feldfrüchten eingesetzt werden. Erst im Mai d. J. erließ die EU ein zunächst auf zwei Jahre befristetes Verbot einiger dieser Insektizide, das im Dezember dieses Jahres in Kraft tritt. Damit soll die Möglichkeit eröffnet werden, die Verbindungen zum Bienenmassensterben genau zu untersuchen, von dem auch die Europäer heimgesucht werden.

Ortsansässige Landwirte wie Nathan Carey aus Neustadt, der auch der Ortsgruppe 344 des kanadischen Bauernverbandes National Farmer Union angehört, erklärte, auch ihm sei in diesem Frühjahr auf seinem Hof das Fehlen von Bienen und Hummeln aufgefallen. Seiner Ansicht nach besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Einsatz der Insektizide und dem Massensterben der bestäubenden Insekten. »Meiner Ansicht nach haben wir alle in dieser Angelegenheit etwas zu verlieren«, erklärte er und organisierte auf seinem Hof am 22. Juni einen öffentlichen Workshop und eine Podiumsdiskussion zu diesem Thema. An dieser Veranstaltung, so hofft er, sollten alle beteiligten Parteien teilnehmen und darüber diskutieren, warum so viele der wichtigsten Bestäuber unzähliger Pflanzen sterben.

Auf dem Hof von Gary Kenny, der südwestlich der Kleinstadt Hanover im Süden Ontarios liegt, starben ebenfalls kurz nach der Maisaussaat auf den benachbarten Feldern acht der zehn Bienenvölker, die er für einen Imker aus Kincardine beherbergt.

Besonders tödlich wirkt sich auf die Bienen und andere Bestäuber offensichtlich der Umstand aus, dass die Neonikotinoid-Insektizide sich wie ein dünner Belag auf dem Saatgut befinden. Und da immer mehr neue großflächige Airseeder-Sämaschinen eingesetzt werden, wird in der Umgebung ein feiner Pestizidstaub ausgebracht. Das millionenfache Massensterben bei bestäubenden Insekten wurde bereits von der amerikanischen Purdue-Universität im US-Bundesstaat Indiana untersucht. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass »Bienen neurotoxische Symptome aufweisen«. »Bei der Untersuchung toter Bienen fanden sich in jedem Fall Spuren von Thiamethoxam und Clothianidin , zwei der Wirkstoffe aus der Gruppe der Neonikotinoide«. Die Behandlung des Saatguts vor allem von Mais bildet die einzige verbreitete Quelle dieser Substanzen.

Auch bei den Untersuchungen vor Ort in der Nähe von Guelph kam man zu den gleichen Schlussfolgerungen. Eine Untersuchung der Pest Management Regulatory Agency (PMRA), der für die Überwachung der Schädlingsbekämpfung in Kanada zuständigen Regierungsbehörde, bestätigte, dass das mit Thiamethoxam und Clothianidin behandelte Maissaatgut »zu einem Großteil des Bienensterbens in diesem Frühjahr beigetragen hat«.

»Die Airseeder sind das Problem«, erklärte der Vorsitzende der Landwirtschaftlichen Vereinigung in Ontario (OFA), Paul Wettlaufer, der in der Nähe von Neustadt einen Hof betreibt. Allerdings könne die OFA auf lokaler Ebene nur wenig erreichen, und deshalb müsse sich die Vereinigung der Getreidelandwirte Ontarios mit dieser Angelegenheit befassen. Deren Vorsitzender Henry VanAnkum konnte aber bisher noch nicht für eine Stellungnahme erreicht werden.

Der Insektenforscher Peter Kevan von der Universität Guelph steht dem EU-Verbot allerdings ablehnend gegenüber. »Es gibt bisher nur wenige Beweise dafür, dass Neonikotinoide ganz allgemein und in großem Umfang maßgeblich zum Massensterben bei Bienen oder anderen Bestäubern weltweit beigetragen haben«, meinte er.

Andererseits zeigen Forschungen, dass sich das Massensterben von Honigbienen und Bienenvölkern die Bezeichnung »Colony Collaps Disorder«, »Zusammenbruchsstörung bei (Bienen-) Völkern«, ist eine eher beschönigende Bezeichnung allmählich über die ganze Welt ausbreitet. Eine international zusammengesetzte Forschergruppe der Universität im holländischen Utrecht kommt zu dem Schluss, dass »Neonikotinoide die Bestäubungsleistung durch Insekten aufgrund ihres umfassenden, vorbeugenden Einsatzes in der Landwirtschaft, ihre hohe Beständigkeit in der Erde und im Wasser sowie ihre Aufnahme durch Pflanzen und die verstärkte Ablagerung in Blüten gefährden«.

Auch die protestantische United Church, neben der römisch-katholischen Kirche die zweitgrößte Glaubensgemeinschaft in Kanada, zeigt sich über das Massensterben der bestäubenden Insekten besorgt und bereitet ein Aktionspapier vor, dass an alle ihre Mitglieder versandt werden soll. Die Kirche stützt sich dabei auf Untersuchungen vor Ort. In dem Aktionspapier heißt es u.a.: »Die vorliegenden wissenschaftlichen Informationen deuten darauf hin, dass die Aussaat von mit Neonikotinoiden behandeltem Saatgut zu einem Großteil des Bienensterbens im Frühjahr 2012 in den Anbauregionen Ontarios und Québecs beigetragen hat.«

In der Zwischenzeit ist Schuit dazu übergegangen, seine Bienenköniginnen aufgrund der häufigen Todesfälle bereits nach einigen Monaten und nicht erst nach Jahren zu ersetzen. »Das Landwirtschaftsministerium von Ontario meinte, ich müsse einfach Vertrauen haben. Meiner Ansicht nach ist das, was hier geschieht, kriminell, und es fällt schwer, Vertrauen aufzubringen, wenn man den Eindruck hat, dass von den verantwortlichen Stellen einfach nichts unternommen wird«, sagte er weiter.


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