Wir wissen, was Krieg bedeutet. - Wirklich?

Wir glauben, uns vorstellen zu können, was sich auf den Schlachtfeldern und in Kriegsgebieten abspielt, doch die Wirklichkeit übertrumpft die wildeste Phantasie. Es ist bekannt, dass das US-Verteidigungsministerium, das Pentagon, kriegsverherrlichende Kino-Produktionen tatkräftig unterstützt, während für kritische Filme kein Finger gekrümmt wird - es sei denn allein der für den Abzug, nämlich wenn es um die Abschussliste der Kritiker geht. Tag für Tag dringt über die Unterhaltungsmedien haufenweise Gewalt in Wohn- und sogar Kinderzimmer. Kontrolle und Zensur sind genau auf diesem Gebiet erstaunlich nachlässig. Denn ganz so ungenehm scheint es einigen machtvollen Entscheidungsträgern gar nicht zu sein, wenn bereits Jugendliche an Brutalität, Blut und Bombenhagel gewöhnt werden und cineastische Epen sogar zu wirksamen Werbeveranstaltungen werden, die den Wunsch wecken, selbst zur Waffe zu greifen - was entweder zum Amoklauf oder aber direkt in die Armee führen kann. Welcher Anwärter aber ist in der Lage, sich auch nur annähernd vorzustellen, was ihn wirklich erwartet?

Bild
© Unbekannt
Es ist weithin bekannt, dass mit dem Pentagon ungezählte Geheimnisse verknüpft sind. Eines dieser Geheimnisse kam unlängst ans Tageslicht. Und es ist ein erschreckendes, weil schreckliches Geheimnis.

Alles begann mit den Nachforschungen eines Teams des US-Senders CBS. Auf Grundlage des Gesetzes zur Informationsfreiheit - dem Freedom of Information Act (FOIA) - wandten sich die TV-Journalisten an das Pentagon und verlangten offizielle Auskunft über die Zahl der Selbstmorde innerhalb der US-Streitkräfte. Die Antwort ließ erwartungsgemäß ein wenig länger auf sich warten. Nach vier Monaten lag sie dann jedoch auf dem Tisch: der Bericht des Defense Data Manpower Center: Military Suicides by Location of Death [Militärische Selbstmorde, aufgelistet nach dem Todesort]. Demnach habe es zwischen Januar 1995 und Juli 2007 insgesamt rund 2200 solcher Selbstmorde gegeben - genauer: bei Soldaten im aktiven Einsatz - »on active duty«. Erschütternd. Aber offenbar glatt gelogen. Im Zuge weiterer intensiver Recherchen nämlich fanden die CBS-Leute heraus, dass jene an sich schon erschütternde Zahl an Selbstmorden, wie sie das Pentagon zugab, sträflich untertrieben war. Die unabhängige Untersuchung zog sich über einen Zeitraum von fünf Monaten hin und ergab laut CBS schließlich, dass allein im Jahr 2005 zumindest 6256 Selbstmorde in der betreffenden Zielgruppe zu verzeichnen waren. Im gleichen Zeitraum fielen laut offizieller Statistik 3865 US-Soldaten bei Kriegseinsätzen; demnach brachten sich in jenen zwölf Monaten über anderthalbmal mehr Angehörige der Streitkräfte um als bei Kampfeshandlungen starben! Manche sprechen in diesem Zusammenhang von einer Selbstmord-Epidemie.

Die meisten Opfer dieser Epidemie sind junge Soldaten im Alter zwischen 20 und 24 Jahren. Sie kehren von den Kriegsschauplätzen zurück und können ihre Erlebnisse nicht mehr verarbeiten. Vor allem wiederholte Einsätze an der Front zersetzen ihre Psyche komplett und stürzen die Betroffenen in eine unvergleichliche mentale Krise, eine enorme seelische Zerrüttung, die letztlich in Suizid mündet. Dies zumindest ist das Resümee aus den neuen Enthüllungen. Über diese »Epidemie«, dieses Schockphänomen schweigt sich das Pentagon jedoch aus, die Öffentlichkeit darf nichts darüber erfahren.

Die CBS-Untersuchung wird mittlerweile vielfach in Frage gestellt - nicht weiter verwunderlich. So kontert die New York Post, der Bericht über jene Epidemie sei nichts als ein ausgemachter Schwindel. Hat sich also das CBS-Team die konkreten Zahlen schlichtweg aus den Fingern gesaugt? Die Journalisten beschrieben ihre Vorgehensweise öffentlich, sie hatten Experten befragt und forderten die Selbstmord-Daten aus sämtlichen US-Bundesstaaten an. Immerhin erhielt das Team Material aus 45 Staaten.

Selbst, wenn sich herausstellen sollte, dass CBS sich getäuscht oder mutwillig deutlich überhöhte Zahlen nannte: Sind nicht schon 2200 militärisch bedingte Selbstmorde, also rund 183 im Jahr, bereits erschreckend und alarmierend genug?