Durch Bauarbeiten zu einer Bahntrasse sind schwedische Archäologen auf die Reste einer gewaltigen Säulenanlage in der Nähe von Alt-Uppsala (Gamla Uppsala) gestoßen. Welchen Zweck die geradlinig zueinander ausgerichteten Säulenreihen einst erfüllten, ist bislang jedoch noch unbekannt. Auch wenn die gewaltigen Ausmaße gegen die Vorstellung sprechen, dass es sich um ein einziges Gebäude gehandelt haben könnte, weckt der Fund auch neue Hoffnungen darüber, ob es sich um Teile des schon seit langem gesuchten, bislang lediglich anhand von Chroniken und Legenden überlieferten mächtigen "Heidentempels von Uppsala" handeln könnte.
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© Riksantikvarieämbetets, raa.seEines der 144 gefundenen Pfahllöcher der rund 1000 Meter langen Hauptreihe.
Gamla Uppsala (Schweden) - Die erste Reihe der gefundenen Pfostenlöcher erstreckt sich vollkommen geradlinig einen Kilometer lang und besteht aus 144 Pfahllöchern. Eine zweite Reihe hat eine Länge von 500 Metern (s. Karte). Vermutlich reichten die Pfähle selbst bis auf 10 Meter Höhe. Eine Radiokarbonanalyse von in den Löchern gefundenen Resten einstiger Holzpfähle datiert deren Errichtung in Zeit zwischen 375 bis 550 n.Chr.

Da Vergleichbares zuvor in Schweden noch nie entdeckt wurde, ist der einstige Zweck der Anlage bislang entsprechend rätselhaft. Archäologen um Lena Beronius-Jörpeland von der Schwedischen Altertumsverwaltung (Riksantikvarieämbetets, raa.se) vermuten entweder eine religiöse Nutzung, eine religiöse oder soziale Abgrenzung oder, dass die Anlage repräsentative Zwecke erfüllt haben könnte. In einigen der Pfostenlöcher fanden die Forscher allerdings Knochen von Pferden, Kühen, Schweinen und eines Hundewelpen (s. Abb.), was auf Opfergaben hindeute.

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© Riksantikvarieämbetets, raa.seDas Skelett eines Welpen in einem der Pfahllöcher deuten auf Opfergaben hin.
Zwar gibt es in Dänemark ältere Variationen derartiger Kolonnaden aus der Wikingerzeit, doch hatten diese dort wohl eher eine zaunartige Schutzfunktion. Eine solche Funktion halten die Forscher im Falle der nun gefundenen Säulen-Alleen für unwahrscheinlich, da zur damaligen Zeit bereits andere und vor allem kleinere Bauwerke wie Burgen und Festungen diesem Zweck erfüllten.

Der Fundort liegt nur wenige hundert Meter von den berühmten "Königsgräbern" aus der Eisenzeit. In diesen sollen, so berichten es die alten Überlieferungen und Sagas, drei der alten Schwedenkönige des Geschlechtes der Ynglinger liegen. Andere Mythen behaupten sogar, dass es sich um die Gräber der drei nordischen Gottheiten Thor, Odin und Freyr handeln soll. Neuere Datierungen verlegen die drei Hügel allerdings in die Zeit zwischen 475 und 550 und damit in die Zeit der Völkerwanderung. Die Forscher vermuten nun, einen bislang zwar noch nicht bekannten aber direkten Zusammenhang zwischen der Pfeilerreihe und den Königsgräbern.
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© Riksantikvarieämbetets, raa.seLuftbild-Karte von Alt-Uppsala, mit den beiden - rot markierten - Pfostlochreihen und den Königsgräbern (schraffierte Kreise).
Wie die schwedische Zeitung Dagens Nyheter berichtet, spekulieren die Archäologen derzeit aber auch darüber, ob es sich um Teile einer riesigen Gesamtanlage gehandelt haben könnte.

Tatsächlich gehen aus Legenden, vornehmlich aber aus deutlich späteren christlichen Chroniken Beschreibungen eines großen Heidentempels hervor, der Alt-Uppsala einst zum höchsten kultischen Zentrum des nordgermanischen Stammes der Svear gemachte hatte. Könnte es sich bei dem Fund also auch um Teile dieses lange schon gesuchten "Heidentempels" handeln?

Heidentempels von Uppsala
© gemeinfreiRomantisierte künstlerische Darstellung des "Heidentempels von Uppsala" in Carl Larssons Gemälde "Midvinterblot", 1915.
Während die Archäologen selbst derartige Theorien in ihrem Bericht nicht direkt ansprechen, bestätigen sie hingegen, dass zumindest die Bautechnik der gefundenen Pfostenreihen tatsächlich jener ähnele, die damals zum Bau großer Häuser angewendet wurde. Allerdings seien die hier verwendeten Pfähle sehr viel größer, als jene, die man normalerweise zum Hausbau benutzt habe. Auch wurden bislang nur zwei Pfahllochreihen entdeckt, die jedoch in etwa rechtwinklig zueinander ausgerichtet sind (s. Karte).

Die wichtigste Quelle für die Existenz des Tempels ist Adam von Bremen, der von dem Bauwerk zwar selbst lediglich durch den dänischen König Sven Estridsson und von Gesandten am dänischen Hof erfahren hatte, es 1070 auf dieser Grundlage in seiner Chronik wie folgt beschrieb: "Noch in den sechziger Jahren des 11. Jahrhunderts stand der mächtige Tempel von Uppsala auf seinem Platz, obwohl Olof Skötkonung (der erste christliche König Schwedens) schon ein halbes Jahrhundert vorher dessen Zerstörung geplant hatte. Er bestand aus einem völlig vergoldeten Gebäude und in diesem thronten Abbildungen der heidnischen Götter."

Bislang vermuteten einige Archäologen, dass es sich bei Grundmauern, die unter der gegenwärtigen Kirche gefunden wurden, um die Reste des besagten Tempels handeln könnte. Allerdings lassen diese Reste nicht darauf schließen, dass es sich hierbei um die Grundmauern eines besonders mächtigen prächtigen Baus gehandelt hatte, wie er den alten Beschreibungen des "Tempels" entsprechen würde. Neuere Erkenntnisse deuten aber auch darauf hin, dass die Svear mit ihrem Wort für Tempel, ebenfalls eine Anlage oder einen Platz im Freien, einen heiligen Hain oder eine Quelle beschrieben haben könnten.

Ganz gleich, ob es sich bei dem Fund um eine die Straße nach Gamla Uppsala säumende Säulenreihe oder aber tatsächlich um Teile des Heidentempels handelt, auf jeden Fall füge der Fund der Bedeutung Alt-Uppsalas eine gänzlich neue und bislang nicht gekannte Dimension hinzu, zeigen sich die Archäologen begeistert.


Quelle: raa.se, dn.se