Licht verstärkt die Gehirnaktivität während kognitiver Aufgaben. Zu diesem Ergebnis kommen kanadische und US-amerikanische Wissenschaftler. Das Ergebnis ihrer Untersuchungen ist umso erstaunlicher, als dass dieser Effekt auch bei Probanden nachgewiesen werden konnte, die vollständig erblindet sind.
Auge
© Laura MüllerSymbolbild: Auge.
Montreal (Kanada) - Wie die Forscher der University of Montreal und des Boston's Brigham and Women's Hospital aktuell in der Fachzeitschrift Journal of Cognitive Neuroscience (DOI: 10.1162/jocn_a_00450) berichten, tragen die Erkenntnisse ihrer aktuellen Studie dazu bei besser zu verstehen, wie schnell Licht sich auf unsere Wahrnehmung auswirkt.

"Wir waren selbst völlig erstaunt darüber, als wir bemerkten, dass das Gehirn selbst dann noch in signifikanter Weise auf Licht reagiert, wenn es sich bei den Testpersonen um vollständig erblindete Patienten handelte, die über absolut keine bewusste visuelle Wahrnehmung verfügen", kommentiert der Mitautorin der Studie, Steven Lockley das Ergebnis.

"Licht", so die Folgerung der Forscher, "erlaubt uns nicht nur das Sehen. Es sagt unserem Gehirn auch, ob es Nacht oder Tag ist und das gewährleistet wiederum, dass unsere Physiologie, unser Stoffwechsel und unser Verhalten mit der Tageszeit synchronisiert wird."

Bei tagesaktive Arten wie uns Menschen aktiviert das Licht dieTag-Hirnaktivität, die sich durch eine verbesserte Aufmerksamkeit und Stimmungen, sowie durch die verstärkte Durchführungsfähigkeit zahlreicher kognitiver Aufgaben auszeichnet.

Die Ergebnisse der Untersuchungen legen demnach nahe, dass das menschliche Gehirn, bzw. die Gehirne der untersuchten blinden Patienten Licht immer noch 'sehen' bzw. wahrnehmen können. Dies geschehe mittels eines neu entdeckten Photorezeptors in der Ganglienzellschicht der Netzhaut, der sich von den Stäbchen und Zapfen, mit denen sehende Menschen sehen, unterscheiden.

Die Wissenschaftler glauben, dass diese spezialisierten Photorezeptoren in der Netzhaut auch noch zur visuellen Funktion im Gehirn beitragen, selbst wenn jene Netzhautzellen, die für das normale Sehen verantwortlich sind, ihre Fähigkeit verloren haben, Licht einzufangen und zu verarbeiten.

In ihren Untersuchungen wurden die blinden Probanden gefragt, ob eine blaue Lampe an oder aus sei - obwohl eigentlich klar war, das die Testpersonen völlig blind waren und somit das Licht also eigentlich nicht 'sehen' konnten.

"Wir haben festgestellt, dass die Teilnehmer an unserem Experiment tatsächlich eine unbewusste Wahrnehmung des Licht hatten. Schließlich waren sie übereinstimmend in der Lage, korrekt zu bestimmen, wann das Licht an oder aus war", so einer der Autoren der Studie Gilles Vandewalle.

In weiteren Schritten untersuchten die Forscher die Hirnaktivität der Probanden, während das Licht zeitgleich aufgeblitzt wurde, als die Testpersonen eine akustische Aufgabe zu meistern hatten. Damit wollten sie Forscher bestimmen, ob das Licht Auswirkungen auch die mit Achtsamkeit assoziierten Hirnmuster hatte - was tatsächlich der Fall war.

Abschließend wurden MRT-Scanns der Patienten durchgeführt, während diese einen einfachen Test zu lösen hatten, in dem es darum ging, einen Ton mit einem auf ihre Augen gerichteten aufblitzenden Lichtsignal in Übereinstimmung zu bringen. Auch dieser Tests bestätigte, dass schon ein (blaues) Lichtsignal von weniger als einer Minute Dauer jene Gehirnregionen aktiviert, die zur Ausführung dieser Aufgabe wichtig sind. Hierbei handelt es sich um jene Regionen, die u.a. für Wachsamkeit und die kognitiver Steuerung verantwortlich sind.

Quelle: umontreal.ca