Wie der Journalist David Lindorff berichtete, verfolgte die amerikanische Bundespolizei FBI die Absicht, führende Aktivisten der derzeit immer mehr an Bedeutung verlierenden Occupy-Bewegung »mittels nicht registrierter Scharfschützengewehre« zu ermorden.

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Als Beleg verweist Lindorff auf ein Dokument, das aufgrund eines Antrags der Bürgerrechtsorganisation "Partnership for Civil Justice Fund" (PCJF) mit Sitz in Washington im Rahmen des Gesetzes zur Informationsfreiheit (Freedom of Information Act, FOIA) vom FBI freigegeben werden musste.

In dem teilweise geschwärzten Dokument, das von der FBI-Niederlassung in der texanischen Metropole Houston zur Verfügung gestellt wurde, heißt es:
»Eine als [geschwärzt] identifizierte Person plante bereits im Oktober Heckenschützen-Angriffe auf Protestierende (sic) in Houston, Texas, falls dies als notwendig angesehen werde. Eine als [geschwärzt] identifizierte Person hat Informationen gesammelt, die darauf hindeuten, dass die Protestierenden in New York und Seattle ähnliche Protestaktionen auch in [den texanischen Städten] Houston, Dallas, San Antonio vorbereiten. [Geschwärzt] will weitere Informationen gegen die Anführer der Protestgruppen sammeln, Fotos besorgen und dann einen Plan ausarbeiten, um die Führungsgruppe mit nicht registrierten Scharfschützengewehren zu ermorden.«
Das FBI hat die Authentizität des Dokuments bestätigt.

Für den erfahrenen und scharfsinnigen Kenner der Geschichte - und zwar der tatsächlichen Geschichte und nicht der manipulierten Versionen, wie sie von der herrschenden Elite verbreitet werden - dürfte die Nachricht über einen FBI-Mordanschlag auf politische Aktivisten kaum eine Überraschung darstellen. In der jüngeren Geschichte finden sich insbesondere in den 1960er und den 1970er Jahren auf dem Höhepunkt des berüchtigten Counterintelligence Program des FBI zahlreiche Beispiele für ein solches Vorgehen. Im Rahmen dieses Programms (Kurzform:COINTELPRO) überwachte und unterwanderte das FBI systematisch politische Organisationen und ging auch gegen einzelne Personen vor. Dabei wurden Beweismittel gefälscht, es kam zu willkürlicher Gewaltanwendung und sogar zur Ermordung politisch missliebiger Personen.

»Als es trotz Untersuchungen des Kongresses, politisch motivierter Strafverfahren oder anderer traditioneller legaler Mittel der Unterdrückung nicht gelang, der wachsenden oppositionellen Bewegung Herr zu werden, sondern man damit ihr Wachstum sogar eher noch beschleunigte, begannen das FBI und die Polizei außerhalb des gesetzlichen Rahmens tätig zu werden«, schreibt Brian Glick in seinem Buch War at Home Krieg im eigenen Land: Verdeckte Aktionen gegen amerikanische Aktivisten und was man dagegen unternehmen kann«, in englischer Sprache, 1989). »Sie griffen auf den systematischen Einsatz von Betrug und Gewalt zurück, um so von der Verfassung geschützte politische Aktivitäten zu unterbinden und zu unterwandern. Dabei setzten sie Methoden ein, die weit über ›normale‹ Überwachungsmaßnahmen hinausreichten und auf innenpolitischer Ebene der Art verdeckter Operationen gleichkamen, für die der Geheimdienst CIA in der ganzen Welt berüchtigt ist.«

Zusätzlich zu psychologischer Kriegsführung und »schmutzigen Tricks« betrieb die Regierung den ungesetzlichen Einsatz von Gewalt- und Zwangsmitteln. »Das FBI und die Polizei bedrohten, stifteten zu Straftaten an und führten selbst Einbrüche, Vandalismus und körperliche Angriffe auch mit Schlägen durch«, schreibt Glick weiter. »Auf diese Weise sollten Andersdenkende eingeschüchtert und ihre Bewegungen verunsichert und zerschlagen werden. Im Falle radikaler Aktivisten der Schwarzen und der Puertoricaner (und später auch der indianischen Urbevölkerung) nahmen diese Angriffe, darunter auch politisch motivierte Ermordungen, ein solches Ausmaß an gezielter und genau kalkulierter Gewalt und Bösartigkeit an, dass man sie zutreffend als eine Form offiziellen oder staatlichen Terrorismus‘ bezeichnen kann.« - »Das Vorgehen und die Methoden des FBI waren oft extremer Natur. Die Behörde war an der Ermordung politisch Andersdenkender beteiligt oder sorgte dafür, dass bestimmte Personen auf ewig im Gefängnis verschwanden«, ergänzt Tom McNamara.

Der COINTELPRO-Terrorismus »erlaubte dem FBI und der Polizei die Ausschaltung führender Köpfe von Massenbewegungen, ohne dabei das Bild der USA als eines demokratischen Staates mit dem uneingeschränkten Recht auf freie Meinungsäußerung und rechtsstaatlichen Verhältnissen zu beschädigen«, fährt Glick fort. »Charismatische Redner sowie engagierte und dynamische Aktivisten wurden verdeckt angegriffen und ›neutralisiert‹, bevor sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse an andere weitergeben und stabile Strukturen aufbauen konnten, die eine Fortsetzung ihrer Arbeit gewährleisteten. Malcolm X wurde im Rahmen ›fraktioneller Auseinandersetzungen‹ ermordet, die das FBI in der amerikanischen muslimischen Organisation "Nation of Islam" angestachelt hatte. Martin Luther King geriet ins Visier einer ausgefuchsten FBI-Operation, die ihn in den Selbstmord treiben sollte. Als sein Nachfolger als führender Kopf der ›Negro People‹ (sic) war der konservative schwarze Rechtsanwalt Samuel Pierce vorgesehen (der im Januar 1981 zum Minister für Wohnungsbau und Stadtentwicklung in die Regierung Präsident Reagans berufen wurde). Viele sind heute der Überzeugung, dass es sich bei der späteren Ermordung Kings (und ebenso Malcolms) um verdeckte Operationen im Inland handelte.«

Nach offizieller Darstellung wurde COINTELPRO 1971 eingestellt, aber dies war offensichtlich nicht der Fall (siehe dazu: Kurt Nimmo, »The Son Of COINTELPRO«, 2002).

Was nun die Bewegung Occupy Wall Street (OWS) angeht, so belegen die auf Antrag des PCJFfreigegebenen Dokumente, dass das Programm weiter sehr aktiv ist. »Seit ihrem Entstehen behandelte das FBI die OWS-Bewegung als potenzielle kriminelle und inländische terroristische Bedrohung«, schreibt McNamara. Die enge Zusammenarbeit zwischen dem Ministerium für Innere Sicherheit (»Heimatschutzministerium«) und hochrangigen Amtsträgern aus 40 verschiedenen Städten, die als erste die Bürgermeisterin von Oakland, Jean Quan, offengelegt hatte, bei dem entschlossenen (und letztlich erfolgreichen) Bemühen, die größtenteils friedliche Protestbewegung zu zerschlagen, zeigt nur, wie ernst es der Regierung damit ist, jeden Versuch, ihr politisches Machtmonopol in Frage zu stellen, zu unterbinden.

Die Ermordung von Martin Luther King, Malcolm X, Fred Hampton sowie anderen Aktivisten und politisch aktiven Persönlichkeiten, die als Bedrohung des Status quo gesehen wurden, belegen, dass Mord als politisches Werkzeug der Elite hoch im Kurs steht. Brian Glick bemerkt dazu, die CIA habe Mordanschläge im Ausland seit Jahrzehnten eingesetzt und ihr »Re-Import« in die USA zeige nur, dass die Mächtigen mit allen Mitteln die Entstehung und den Aufbau einer wirkungsvollen politischen Opposition verhindern wollen. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese politischen Aktivitäten das Potenzial besitzen, politische Veränderungen herbeizuführen oder, wie im Falle der OWS-Bewegung, zum politischen Erwachen von Millionen von Menschen führen könnten.