Wissenschaftler haben die »bisher eindeutigsten Beweise« dafür gefunden, dass es sich bei dem Universum, in dem wir leben, um ein gigantisches Hologramm handelt. Damit ergeben sich völlig neue Möglichkeiten, bei einem der drängendsten, noch offenen Probleme der Physik - der Beziehung zwischen Albert Einsteins Relativitätstheorie und der Quantenphysik - der Lösung einen Schritt näher zu kommen.
Hologram Universe
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Wir könnten, anders gesagt, innerhalb einer gigantischen dreidimensionalen Darstellung eines eigentlich zweidimensionalen Raums leben; etwa so, wie wir einen Film in einem IMAX-Kino erleben oder ein Gemälde betrachten. Oder man könnte sich einfach vorstellen, wie es wäre, ein dreidimensionales Objekt aus verschiedenen Winkeln zu betrachten und dabei die Veränderungen der Form des Objekts in Abhängigkeit vom Standpunkt des Beobachters zu verfolgen.

In neuen experimentellen Simulationen, die der japanische Wissenschaftler Yoshifumi Hyakutake und seine Arbeitsgruppe an der Universität Ibaraki in Mito entwickelten, geht es um die veränderlichen Energien Schwarzer Löcher, die in Paralleluniversen entdeckt wurden. Aber es ist noch ein langer Weg zur Versöhnung der Allgemeinen Relativitätstheorie Einsteins und der Quantenmechanik, die die beiden bedeutendsten und umfassendsten Theorien zur Beschreibung unseres Universums bilden. Die Ergebnisse der Simulationen wurden in der Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature vom 10. Dezember veröffentlicht.

In der Physik gilt das »holografische Prinzip«, eine Eigenschaft, die sich mithilfe der Stringtheorie beschreiben lässt und ein Raumvolumen definiert, wobei man von der Vorstellung ausgeht, dass der gesamte Informationsgehalt dieses Raum-Zeit-Gebiets nur auf dem Rand dieses ausgewählten Gebietes lokalisiert ist. Das »holografische Prinzip« wurde bei den ersten Beobachtungen der Thermodynamik Schwarzer Löcher entwickelt. Damals stellte man fest, dass der Informationsgehalt aller Objekte, die in das Schwarze Loch hinein»gesaugt« werden, in einer Grenzfläche sozusagen maßstabsgetreu vollständig codiert wird.

In seiner Relativitätstheorie postulierte Einstein die Relativität von Raum und Zeit; beide Größen sollten im Verhältnis zueinander betrachtet und auch berechnet werden. Die Messung von Objekten ergibt sich daher relativ zu der Geschwindigkeit der sie beobachtenden Personen. Diese Theorie lässt sich an vielen Beispielen empirisch beobachten.

Die Quantenmechanik andererseits befasst sich mit dem Verhalten unbegrenzt kleiner Teilchen und kann daher nicht in der auch empirisch nachprüfbaren Weltsicht Einsteins vorkommen. Der Grund dafür ist sehr simpel: Die Quantenmechanik ist zu abstrakt und theoretisch.

Allerdings weisen beide Theorien Widersprüche auf: Einsteins Theorie etwa kann die Vorgänge in der Mitte eines Schwarzen Lochs - also eines Objekts, in dem Raum und Zeit kollabieren - nicht erklären. Beide Theorien stehen seit ihrer Entwicklung in einer Art Wettbewerb zueinander und lassen sich kaum miteinander vereinbaren. Viele Wissenschaftler suchen daher nach theoretischen Ansätzen, um beide Theorien zu vereinen.

Hyakutakes Modell löst einige der Widersprüche beider Konzepte und stellt eine Fortsetzung der seit 1997 laufenden Forschungen dar. Damals hatte der Theoretische Physiker Juan Maldacena die Stringtheorie in den Mittelpunkt des Interesses gerückt, da sie möglicherweise eine belastbare Umsetzung des holografischen Prinzips darstellte.

Nach der Stringtheorie, mit der sich nach den Behauptungen ihrer Verfechter praktisch alles erklären lässt, besteht das Universum aus unermesslich kleinen »Strings« oder eindimensionalen Objekten, die vibrieren und schwingen, und, indem sie das tun, für die Aktivitäten aller Materie und aller Zeit verantwortlich sind.

Nach der Stringtheorie existieren Strings in neun räumlichen und einer zeitlichen Dimension. Aber weil ihre Größe so schwer zu messen ist - und sie dennoch alles kontrollieren sollen - postulierte man, dass sie ihre Aktivität auf einen viel einfacheren, flachen Raum ohne Gravitation »projizieren« könnten.

Damit entstand die Vorstellung einer Welt ohne Gravitationsgesetze. Aber damit war noch nicht bewiesen, dass es sich beim Universum um ein Hologramm handelt. Um die Stringtheorie voranzubringen, verfasst Hyakutake zwei Papiere.

Im ersten Papier maß er die innere Energie eines Schwarzen Lochs - besonders der Region, in der sich das Schwarze Loch mit dem Universum berührt, diese Region wird auch als »Ereignishorizont« bezeichnet. Er maß die Aktivität seiner sichtbaren Eigenschaften (die sich aus den sichtbaren Teilchen ergeben) auf der Grundlage der Stringtheorie sowie die Auswirkungen der virtuellen Partikel, die auftauchen und dann wieder verschwinden - viele Wissenschaftler halten sie für rein mathematische Konstrukte.

In seinem zweiten Beitrag stellten Hyakutake und sein Team Berechnungen zu den gleichen Aktivitäten, allerdings in niedrigeren Dimensionen (ohne Schwerkraft), an und kamen zu Ergebnissen, die denen der ersten Untersuchung entsprachen.

Diese beiden neuen Arbeiten erweiterten die Arbeiten Maldacenas noch, indem sie eine weitere Dimension einführten. In dieser zehnten Dimension gibt es keine Schwerkraft, und ihre Teilchen gruppieren sich nahtlos in eine Struktur von Strings, die mit einander verbunden harmonisch schwingen - anders als in den chaotischen Zuständen, die bisher herrschten.

Die Wissenschaftler scheinen nun endlich mathematische Beweise dafür vorlegen zu können, dass das Universum auf der Grundlage beider Herangehensweisen vermessen werden kann - einmal unter Einbeziehung der Schwerkraft und das andere Mal ohne Berücksichtigung der Schwerkraft. Wenn diese Berechnungen so identisch sind, wie es scheint, so geht Maldacena davon aus, dass es einmal möglich sein werde, allein mit der Quantentheorie alles im Universum zu erklären.

Maldacena hat sich schon über die Berechnungen Hyakutakes sehr erfreut gezeigt, und sie sind seiner Meinung nach auch korrekt. Gegenüber Nature sagte er: »Diese ganze Folge von Arbeiten ist sehr schön, weil sie die dualistische Natur des Universums in Systemen überprüfen, in denen es keine analytischen Tests gibt.«

»Sie haben vielleicht erstmalig etwas numerisch bestätigt, was wir zwar aus guten Gründen für wahr hielten, was aber immer noch nur eine Vermutung war - dass nämlich die Thermodynamik bestimmter Schwarzer Löcher von einem niedriger dimensionierten Universum reproduziert werden kann«, erklärte Leonard Susskind, ein Theoretischer Physiker der Universität Stanford in Kalifornien, der zu den Begründern der Stringtheorie und den ersten Verfechtern der Theorie gehört, das Universum sei ein Hologramm.

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