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Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung wird es in den nächsten Jahren öfter Unruhen geben. Gründe sind soziale und politische Missstände.


Berlin. Wegen großer Unterschiede zwischen Arm und Reich und politischer Missstände wird es nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung auch in den nächsten Jahren in vielen Teilen der Welt zu Protesten kommen. In einem großen internationalen Vergleich kommt die Stiftung zum Schluss, dass es in den vergangenen Jahren selbst in zahlreichen Demokratien Rückschritte gab. Als Negativ-Beispiele in Europa werden unter anderem die EU-Mitglieder Bulgarien und Ungarn sowie die Ukraine genannt.

Die Studie über die Entwicklung in insgesamt 129 Ländern wird an diesem Mittwoch vorgestellt. Sie liegt der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bereits vor. Grundlage für den sogenannten Transformations-Index der Bertelsmann-Stiftung (BTI) sind Daten von Januar 2011 bis Januar 2013. Untersucht wurden neben Entwicklungs- und Schwellenländern auch Staaten in Ost- und Mitteleuropa.

Mehr Ungleichheit, aber selbstbewusstere Bürger

Nach Einschätzung der Stiftung gibt es in vielen Regionen der Welt ungeachtet des Wirtschaftswachstums immer noch ein „hohes Maß an Armut und sozialer Ausgrenzung“. In den meisten Staaten profitierten, wenn überhaupt, davon nur kleine Eliten. Zugleich nehme aber der Widerstand gegen Misswirtschaft und Ausgrenzung zu, weil Bürger selbstbewusster würden und besser vernetzt seien. Deshalb, so die Stiftung, werde sich die „weltweite Welle von Bürgerprotesten und Revolten“ fortsetzen.

Lob für Fortschritte bei Demokratisierung und sozialer Marktwirtschaft gibt es für Länder wie Uruguay, Polen, die Slowakei, Ghana, Birma und Taiwan. Dagegen stuft die Stiftung inzwischen Russland unter Präsident Wladimir Putin als „Autokratie“ ein - also als Herrschaftsform, in der die Staatsgewalt unkontrolliert in den Händen eines selbstherrlichen Regenten liegt. Besonders negativ wird die Entwicklung in Staaten wie Syrien, Mali oder Sri Lanka beurteilt.


Kommentar: Ungeachtet der Umstände, warum es zu solchen Zuständen in den Ländern kam.


Nach Einschätzung der Stiftung gab es in 59 von insgesamt 75 untersuchten Demokratien Rückschritte bei vermeintlichen Standards wie faire Wahlen, Pressefreiheit, Rechtssicherheit oder Gewaltenteilung. In Europa zählen dazu auch Rumänien, Serbien, Montenegro, Mazedonien, Albanien und das Kosovo.

EU-Mitgliedschaft führt nicht überall zu Fortschritt

Als einen der Gründe nennen die Experten auch die Euro-Krise und den Zustand der Europäischen Union. Wörtlich heißt es in der Studie: „Die Mitgliedschaft in der EU hat bisher längst nicht überall die erhoffte Schubkraft für bevölkerungsweite Wohlstandsgewinne und einen schnelleren ökonomischen Aufholprozess entfaltet.“

Besorgt äußert sich die Stiftung über den wachsenden Einfluss des Islamismus in Afrika und Teilen der arabischen Welt. Zudem hätten Länder wie Ägypten oder Libyen im „Arabischen Frühling“ zwar demokratische Fortschritte gemacht, gleichzeitig aber an wirtschaftlicher Leistungskraft verloren.

dpa