Ein US-Forscher deckt die milliardenschweren Finanzströme an die Verleugner der globalen Erderwärmung auf

Es klafft eine Lücke zwischen der Klimaforschung und ihrer Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Besonders frappant ist dies in den USA. Gemäss einer Umfrage aus dem Jahr 2012 denken nur 45 Prozent der US-Bürger, die Fachwelt sei sich einig, dass der Mensch für die globale Erwärmung verantwortlich ist. Tatsächlich sind aber mehr als 99 Prozent aller Klimaforscher dieser Ansicht, wie eine Studie Anfang 2014 gezeigt hat: Von 9136 Autoren, die zwischen November 2012 und Dezember 2013 insgesamt 2258 Publikationen zum Klimawandel in begutachteten Zeitschriften veröffentlichten, bestritt gerade mal ein einziger Autor die Verantwortung des Menschen.


Kommentar: Was jedoch, wenn dieser einzige Autor recht hat? Bei einem Thema von derartiger Wichtigkeit, sollten wir nicht erfahren, was dieser eine Autor zu sagen hat? Was, wenn der Klimawandel tatsächlich nicht direkt von Menschen verursacht wird, sondern mit Veränderungen der Sonne und unserem Sonnensystem zusammenhängt?


Woher kommt diese enorme Diskrepanz zwischen Wissenschaft und Gesellschaft? In einer Publikation hat Robert Brulle von der Drexel University in Philadelphia (USA) nun erstmals im Detail die Finanzströme offengelegt, die hinter einer gigantischen Maschinerie zur Verharmlosung des menschgemachten Klimawandels in den USA stehen.

Wie der Soziologe und Umweltwissenschaftler in Climatic Change berichtet, hat er 91 konservative Denkfabriken, Wirtschaftsverbände und Interessengruppen identifiziert, die er als eine Art Gegenbewegung zum Klimaschutz charakterisiert. Die meisten dieser Organisationen stehen für die neoliberalen Ideale des freien Markts, denen staatlich verordnete Klimaschutzmassnahmen ein Dorn im Auge sind. Jährlich stehen diesen Organisationen nahezu eine Milliarde US-Dollar zur Verfügung. Zumindest ein Teil dieses Geldes - wie viel genau, lässt sich nicht eruieren - fliesst laut Brulle in politisches Lobbying und in die Verbreitung öffentlicher Statements, etwa über die Medien.

Firmen können das Ziel ihrer Spenden anonymisieren

Nicht bei allen Organisationen ist die Absicht offensichtlich, etwa beim American Enterprise Institute for Public Policy Research (AEI). Judy Mayka von der Presseabteilung des AEI sagt, das Institut besitze keine vorgegebene politische Linie. Die Mitarbeiter würden für sich selbst sprechen. Klarer ist die Position des Heartland Institute, einer konservativen Denkfabrik aus Chicago. Es hat gemäss Brulle zwischen 2003 und 2010 rund 17,7 Millionen Dollar nachvollziehbare Spendengelder erhalten. 2012 war das Heartland Institut Co-Sponsor einer Tagung des Europäischen Instituts für Klima und Energie (Eike) in München. Und Eike hat sich durch seine klimaskeptischen Äusserungen einen Namen gemacht hat.

Die milliardenschweren Einnahmen der US-Organisationen stammen zu einem grossen Teil aus Spenden, von denen Brulle allerdings nur einen Bruchteil offenlegen konnte. Explizit nachvollziehen liessen sich 5299 Geldspenden von 140 Geldgebern, was sich über die untersuchten Jahre 2003 bis 2010 auf rund 558 Millionen Dollar summiert. «Rund 75 Prozent der Einnahmen dieser Organisationen stammen aus nicht identifizierbaren Quellen», sagt Brulle. Zu den 140 Geldgebern zählen Ölfirmen wie Exxon Mobile und die ebenfalls im Ölsektor tätigen Koch Industries.

Erstaunlich ist, dass die Spendenbeiträge von Exxon Mobile nach 2005 eingebrochen sind, nachdem das Unternehmen für seine Klimaskepsis öffentlich an den Pranger gestellt wurde. Auch die Geldgeschenke der Koch Affiliated Foundations sind in den letzten Jahren gesunken. Versiebenfacht haben sich indes die Spenden vom Donors Trust und dem Donors Capital Fund, über die Firmen oder Privatpersonen das Ziel ihrer Spenden anonymisieren können. Ob Exxon Mobile und andere Firmen ihren Geldsegen tatsächlich eingestellt haben oder die Gaben nun über Trusts und Fonds verschleiern, lässt sich nicht nachvollziehen. Offenbar besteht aber ein Interesse daran, die Geldflüsse an neoliberale Institutionen durch unsichtbare Kanäle zu leiten.

Global scheint die Rechnung der Geldgeber aufzugehen

«Meines Wissens gibt es für die Schweiz keine solchen Daten, da es hierzulande keine entsprechenden Organisationen wie in den USA gibt», sagt Urs Neu, stellvertretender Geschäftsleiter von Proclim, dem Forum für Klima und globale Umweltveränderungen der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz. Auch Patrick Hofstetter vom WWF sind bezogen auf die Schweiz keine solchen Geldflüsse bekannt.

Global betrachtet, scheint die Rechnung der 140 Geldgeber aufzugehen. «Die Bewegung zur Verleugnung des Klimawandels hatte realen politischen und wirtschaftlichen Einfluss», sag Brulle. «Das hat dazu beigetragen, dass die Welt beim Klimaschutz versagt hat.»