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Die Langzeitfolgen von Ölkatastrophen sind laut einer neuen Studie beträchtlich. Giftige Stoffe schädigen die Herzzellen junger Fische so stark, dass diese sich nie wieder erholen. Diese Erkenntnis soll auf andere Lebewesen übertragbar sein - auch auf den Menschen.

Die Havarie der Ölplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko hat bei Fischen schwere Herzschäden ausgelöst. Amerikanische Wissenschaftler haben nun herausgefunden, wie es dazu kommt. In einer Studie im Fachmagazin Science schreiben sie, dass der gleiche Mechanismus auch die Gesundheit von Menschen gefährden könnte.

Gefährlich werden die sogenannten polyzyklisch aromatischen Kohlenwasserstoffe, kurz PAK. In Erdöl und Kohle findet man sie; sie entstehen in Abgasen, beim Braten und Grillen, sogar beim Rauchen. Einige PAK-Verbindungen sind krebserregend, und manche schaden dem Erbgut. "Nach einer Ölpest können PAK viele Jahre im marinen Lebensraum bleiben", berichten die Autoren.

Auf welche Art Herzen durch PAK geschädigt werden, haben die Biologen um Fabien Brette von der Universität Stanford nun in Versuchen herausgefunden: Kaliumkanäle in Zellmembranen werden beeinträchtigt, deshalb brauche das Herz länger, um nach einem Schlag wieder aktiv zu werden. Der Herzschlag verlangsamt sich, dadurch wird der Herzrhythmus gestört. Irgendwann tut das Herz seinen letzten Schlag, dann bleibt es stehen.

Herzzellen-Reaktion in Echtzeit

"Dass eine Herzzelle schlagen kann, hängt von ihrer Fähigkeit ab, Ionen wie Kalium und Kalzium schnell aufzunehmen und wieder abzugeben", erläutert Mitautorin Barbara Block, Meereswissenschaftlerin in Stanford. Und dieser Prozess sei bei allen Wirbeltieren gleich. Auch Schildkröten und Delphine könnten auf diese Art unter der Ölpest nach Deepwater Horizon gelitten haben. Auf gleichem Wege können PAK auch das menschliche Herz schädigen. Das testeten die Wissenschaftler im Reagenzglas.

Mitarbeiter der Stanford Hopkins Marine Station und der amerikanischen Wetter- und Meeresbehörde NOAA benutzten Proben des Öls, gesammelt drei Monate nach der Havarie im April 2010. Diese ließen sie auf junge Herzzellen von Blau- und Gelbflossenthunfischen wirken. "Wir können die Funktion gesunder Herzzellen in vitro untersuchen und unter dem Mikroskop in Echtzeit beobachten, wie sie auf Rohöl reagieren", berichtet Hauptautor Fabien Brette. Und sie sahen: Die Zellen wurden zu schwach, um ein Herz anzutreiben.

Schon geringe Mengen PAK reichten aus, fanden die Forscher heraus. Daraus schließen sie, dass nach Stürmen abfließendes Wasser vom Land die Fische gefährdet.

Die Bohrplattform "Deepwarter Horizon" explodierte im April 2010 im Golf von Mexiko. Elf Arbeiter starben, 88 Tage lang konnte der Ölkonzern BP das austretende Öl nicht stoppen. Rund 780 Millionen Liter Öl strömten aus. Korallen wurden schwer beschädigt, mehr als 1000 Kilometer Küste verseucht. Monatelang durfte in der Region nicht gefischt werden.