Sonneneruption Sonnenfleck
Zum Wochenbeginn feuerte unser Stern eine außergewöhnlich starke Salve ins All - eine der bisher stärksten Sonneneruptionen im gegenwärtigen Aktivitätsmaximum. Sie stammt aus einem ungewöhnlich beständigen Sonnenfleck, der bereits zwei volle Rotationen hinter sich hat. Am 27. Februar löste eine eintreffende Plasmawolke leichte geomagnetische Stürme und Polarlichter aus. Hätte sich die Erde direkt in der »Schusslinie« befunden, hätte es ernster werden können.

Die in letzter Zeit recht wankelmütige Sonne demonstriert gegenwärtig wieder ihre Macht. Ihr jetziges Maximum zählt zwar sicher nicht zu den stärksten solaren Aktivitätsgipfeln, wartet aber dennoch mit unvorstellbaren kosmischen Gewalten auf, wie sie unser Stern entfesseln kann.

Was hier momentan geschieht, verbindet sich mit der ungewöhnlichen Geschichte eines monumentalen Sonnenflecks: Gleich zu Beginn dieses Jahres rotierte dieser Riese ins irdische Blickfeld und sorgte hier buchstäblich für globales Aufsehen. Das großflächige, magnetisch aufgewühlte Gebiet erhielt die Bezeichnung »Aktive Region 1944«, kurz: »AR 1944«, und bestand neben dem apokalyptisch wirkenden Hauptfleck aus zahlreichen weiteren Flecken, die sich über 200 000 Kilometer hinweg verteilten, während der dominierende Fleck immerhin drei Erden verschlungen hätte.

In den kommenden Tagen gingen aus dieser beeindruckenden Störzone mehrere Flare-Explosionen und koronale Massenauswürfe hervor, bis das Gebiet bedingt durch die allmähliche Sonnenrotation dann über den Westrand der Sonne wanderte, um die abgewandte, unsichtbare solare Hemisphäre zu überqueren. Oft lösen sich auch größere Flecken in dieser Zeitspanne langsam auf und werden nie wieder gesehen. Ganz anders AR 1944: Dieses Gebiet tauchte Ende Januar in alter Frische wieder am Ostrand auf. Wie ein riesiger, flacher Trichter erschien der Riesenfleck ein zweites Mal und brodelte geradezu vor Aktivität.

Unsere Erde wäre wie ein kleiner, unscheinbarer Golfball in diesem Loch verschwunden, so groß war der Fleck nach wie vor. Nach üblicher, fortlaufender Zählung wurde das erneut aufgetauchte Gebiet als »AR 1967« angesprochen. Sein verwickeltes Beta-Gamma-Delta-Feld barg nach wie vor das Potenzial für heftige Flare-Eruptionen. Um dem Spektakel noch eins draufzusetzen, entwickelte sich in seiner Nachbarschaft ein zweites Aktivitätsgebiet, AR 1968, dann folgten bald weitere neue Flecken am Ostrand. Mächtige Flares und Magnetstürme blieben trotzdem aus, doch am 7. Februar traf ein koronaler Massenauswurf die Erde und versetzte ihrem Magnetfeld eine kosmische »Ohrfeige«. Die Folge: schwingende Feldlinien und helle Aurora-Erscheinungen - Polarlichter. Dann verschwanden die Riesenflecke erst einmal wieder von der Bildfläche. Bis vor Kurzem. Denn zum 25. Februar erschien der zähe Gigant erneut.


Sobald er wieder am Sonnenrand sichtbar wurde, entfesselte er ein X-Flare und somit eine Eruption der stärksten Klasse. Genauer eingestuft als Klasse »X4.9« hält dieser aktuelle Ausbruch den Rekord als heftigstes solares Ereignis in diesem Jahr und sogar als eines der energiereichsten im aktuellen Zyklus 24.

Das Solar Dynamics Observatory der NASA nahm die mittlerweile als »AR 1990« bezifferte Region sofort ins Visier und filmte die gigantische Explosion, deren Gewalt das Äquivalent von Milliarden von Nuklearbomben der Megatonnenklasse erreichte. Kurz darauf spie das Inferno einen Plasmaschwall in den interplanetaren Raum hinaus. Aus dieser Schussposition allerdings konnte er der Erde nicht gefährlich werden. Andernfalls wäre ein starker und ernstzunehmender geomagnetischer Sturm die Folge gewesen.

Ereignisse dieser Art können unserer zunehmend technisierten Gesellschaft faktisch den Garaus machen. Wir sind mittlerweile viel zu abhängig geworden, als dass wir diesen Faktor in der planetaren Überlebensgleichung auslassen könnten. Funk, Navigation, Kommunikation, Satelliten, Stromversorgung, Computertechnik: Sie können im Sonnensturm allesamt schlagartig versagen. Auch für Astronauten kann es bekanntlich sehr gefährlich und reichlich ungesund werden. Im Januar kam es infolge solaren »Unwetters« bereits zur Verzögerung beim Start eines privaten Cargo-Schiffes zur Versorgung der ISS.

Die mächtige Plasmawolke von AR 1990 erreichte eine Geschwindigkeit von rund 2000 Kilometern pro Sekunde. Darauf deuten Radioemissionen von Stoßwellen an ihrer Front hin. Die Erde blieb aber weitgehend von ihr verschont, wurde lediglich recht sanft gestreift, sodass am Nachmittag des 27. Februar dann ein eher leichter geomagnetischer Sturm in polaren Breiten die Folge war. Beobachter aus Nordeuropa beobachteten immerhin einige helle Polarlichter.

In den nächsten Tagen wandert der langlebige Fleck wieder in eine Position, die mögliche weitere Ausbrüche dann allerdings in Erdrichtung lenkt.