Demonstration russland ukraine
© apa/epa/zurab kurtsikidzePro-Russische Demonstration vor dem Hauptquartier der ukrainischen Marine in Sewastopol.
USA setzen militärische Zusammenarbeit aus - Russland beruft sich auf Hilferuf Janukowitschs

Die USA ziehen erste Konsequenzen aus dem militärischen Vorgehen Russlands in der Ukraine. US-Präsident Barack Obama suchte am Montagabend (Ortszeit) Wege, um Russland zu isolieren. So wurden die militärischen Verbindungen ausgesetzt, insbesondere gemeinsame militärische Übungen oder Konferenzen, hieß es. Zudem seien Verhandlungen für engere Handelsbeziehungen zwischen USA und Russland gestoppt worden, unter anderem Gespräche über ein bilaterales Investitionsabkommen. "Wir rufen Russland auf, die Krise in der Ukraine zu deeskalieren", so ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums. Die russischen Streitkräfte auf der Krim müssten zu ihren Basisstationen zurückkehren.

Obama prüfe auch das Einfrieren von russischen Konten und einen Visa-Stopp für bestimmte russische Repräsentanten, hieß es. Senator Chris Murphy hatte zuvor zu bedenken gegeben, dass Sanktionen der USA wenig Wirkungen haben würden, wenn sie nicht mit den Maßnahmen der Europäer abstimmt seien.

USA: Finanzielle Hilfen für Ukraine

Russland hatte in den vergangenen Tagen die Kontrolle über die ukrainische Halbinsel übernommen. Die neue Regierung in Kiew spricht von einer Invasion. Obama nannte das russische Vorgehen einen Verstoß gegen internationale Regeln und drohte mit Sanktionen. Der russische Präsident Wladimir Putin müsse internationale Vermittler akzeptieren. US-Außenminister John Kerry werde sich am Dienstag in Kiew für eine Verständigung zwischen Russland und der Ukraine einsetzen. Er werde auch finanzielle Hilfen für die Ukraine anbieten. Die Ukraine stehe vor der Zahlungsunfähigkeit, warnte der Frankfurter Ökonom Thorsten Polleit, eine Pleite des Landes könnte "weitreichende Ansteckungseffekte" haben.

Deutschland: Eskalation unbedingt vermeiden

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier warnte am Montag davor, dass jenseits politischer Entscheidungen jemand die Nerven verlieren könnte. Eine Eskalation zu einer militärischen Auseinandersetzung müsse unbedingt vermieden werden, sagte Steinmeier in Brüssel, wo die EU-Außenminister tagten. Zu großer Besorgnis führten Meldungen über ein russisches Ultimatum an die ukrainischen Truppen auf der Krim, das inzwischen folgenlos verstrichen ist. Die russische Schwarzmeerflotte dementierte, sie habe mit Angriff gedroht, sollten die ukrainischen Soldaten nicht ihre Waffen niederlegen.

Der amtierende ukrainische Präsident Alexander Turtschinow warf Russland vor, seine Streitkräfte auf der Krim weiter zu verstärken. Außerdem habe die Schwarzmeerflotte bei Sewastopol ukrainische Marineschiffe blockiert.

EU droht mit Sanktionen

In Europa bemühten sich Minister und Diplomaten darum, ihr Vorgehen in der Ukraine-Krise zu koordinieren. Dabei ging es anscheinend um die Balance zwischen der Androhung von Sanktionen und dem Angebot diplomatischer Vermittlung. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton rief nach mehrstündigen Beratungen mit den EU-Partnern in Brüssel Russland dazu auf, seine Truppen umgehend in die Kasernen und auf die Positionen zurückzuziehen, die sie vor Beginn der Krise innehatten. Falls es keine Deeskalation durch Russland gebe, sollten die Gespräche über Visa-Erleichterungen und weitere Abkommen ausgesetzt werden, hieß es im Schlussdokument des Treffens. In einem früheren Entwurf hatte noch gestanden, dass die Visa-Verhandlungen mit Russland schon jetzt ausgesetzt werden sollten.

EU-Sondergipfel am Donnerstag

Ein Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs findet am Donnerstag in Brüssel statt. Am Montag haben sich der britische Premier David Cameron, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der französische Staatschef Francois Hollande in Telefonaten über die Krise beraten. In einer danach veröffentlichten Erklärung Camerons hieß es, Russlands Handlungen in der Ukraine seien "absolut inakzeptabel". Die internationale Gemeinschaft solle "mit einer Stimme sprechen".

UN-Botschafter: Russland folgt Janukowitschs Hilferuf

Bei einer weiteren Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates hat Russland seinen Militäreinsatz auf der Krim mit einem Hilferuf des abgesetzten Präsidenten Wiktor Janukowitsch begründet. UN-Botschafter Witali Tschurkin sagte am Montag vor dem UN-Sicherheitsrat, Janukowitsch habe Kremlchef Wladimir Putin und die russischen Streitkräfte nach dem Umsturz gebeten, "Recht und Ordnung wiederherzustellen".

Tschurkin berichtete, Janukowitsch sehe sein Land am Rande des Bürgerkriegs und habe von offener Gewalt durch den Einfluss des Westens berichtet. Russland unterstützt nach wie vor Janukowitsch, obwohl er vom Parlament abgesetzt wurde. Tschurkin betonte mit Blick auf das Vorgehen auf der Krim: "Alles was geschieht, geschieht in voller Übereinstimmung mit russischem Recht."

Ukraine: 16.000 russische Soldaten auf der Krim

Russland hat laut dem ukrainischen UN-Botschafter Juri Sergejew seit vergangener Woche rund 16.000 Soldaten auf die Krim verlegt. "Seit dem 24. Februar wurden rund 16.000 russische Soldaten per Militärschiff, Hubschrauber und Frachtflugzeug von den benachbarten Gebieten Russlands auf die Krim verlegt", so Sergejew bei der Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats.

Nach Angaben von ukrainischen Grenztruppen bringt Moskau derzeit Soldaten per Fähre auf die ukrainische Halbinsel Krim. Zuvor hätten die Soldaten einen Grenzposten eingenommen. Zwar hätten Russen den Fährterminal seit Tagen umstellt, bisher aber nicht besetzt. Nachdem die Grenztruppen am Montag zwei Busse mit sieben bewaffneten Männern aufhalten wollten, hätten die russischen Soldaten den Kontrollpunkt jedoch eingenommen, sagte ein Sprecher der Grenzposten.

Mit der nächsten Fähre seien dann drei Lastwagen mit russischen Soldaten übergesetzt. Die Straße von Kertsch im Schwarzen Meer, die Südrussland und die Krim trennt, ist lediglich 4,5 Kilometer breit.

Russische Kampfjets drangen nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Kiew in der Nacht auf Montag zweimal in den ukrainischen Luftraum über dem Schwarzen Meer ein. Abfangjäger seien aufgestiegen und hätten "provokative Aktionen" verhindert. Im ostukrainischen Donezk besetzten prorussische Demonstranten Teile eines Gebäudes der Regionalregierung.