Die Regierung der ostchinesischen Provinz Jiangsu fordert die Bürger auf, außergewöhnliche Naturphänomene und seltsames Verhalten von Tieren zu melden. Dies könnte nämlich ein Signal dafür sein, dass ein großes Erdbeben unmittelbar bevorsteht.

Das Parlament von Jiangsu hat den Gesetzesentwurf am Montag auf seiner Webseite publiziert und die Öffentlichkeit dazu aufgefordert, ihn zu kommentieren. Konkret geht es darum, dass Bürger ermutigt werden sollen, außergewöhnliche Phänomene dem Erdbebenamt auf der Kreisebene oder höher zu melden oder sich direkt an die chinesische Erdbebenverwaltung zu wenden. Die Regel sieht vor, dass das Amt daraufhin Nachforschungen anstellt und versucht, innerhalb von fünf Arbeitstagen die erhaltenen Informationen zu verifizieren.

Der Gesetzesentwurf legt auch die darauf folgende Prozedur fest: So können die Provinzregierungen zwar je nach Situation die erhaltenen Informationen veröffentlichen, doch die gesamten Daten dürfen nur für akademische Langzeitstudien verwendet werden. Sowohl die Erdbebenämter auf Kreisebene wie auch solche auf einem höheren Level müssen diese Daten verwenden, um die Methoden zur Vorhersage von Erdbeben zu verbessern. Dazu soll ein Netzwerk entstehen, in dem Informationen zirkulieren, wie die Öffentlichkeit auf Beben reagieren sollte.

Die Regel sieht weiter vor, dass Kindergärten, Schulen und andere Gebäude, in denen sich oft viele Leute aufhalten, in einer Weise gebaut werden, dass sie im Falle eines Erdbebens besser als andere Strukturen standhalten. Zudem sollen zahlreiche Installationen auf ihre Erdbebensicherheit getestet werden. Dazu gehören U-Bahnen, Hochgeschwindigkeitsstraßen, die Eisenbahn mit den dazu gehörigen Bahnhöfen, Tunnels, Brücken, Flughäfen, Kraftwerke und Stromverteilungszentren sowie auch Öl- und Gas-Pipelines, Trinkwasser-Reservoirs, Dämme und Pumpstationen. Auf der Liste befinden sich auch Notfall- und Stabszentren, große Stadien, Theater, Bibliotheken, Ausstellungszentren und Museen.

Im Mai 2008 sind bei einem Erdbeben der Stärke 8.0 in der südwestchinesischen Provinz Sichuan fast 70.000 Menschen ums Leben gekommen. Zahlreiche chinesische Internetnutzer berichteten in Blogs und Internetforen von einer ungewöhnlichen Flucht von zehntausenden Kröten. Die Tiere hatten kurz vor dem Unglück die Stadt Mianyang in der Nähe von Wenchuan, wo das Epizentrum lag, verlassen. Dieses seltsame Verhalten wurde später von vielen Menschen als ein Omen interpretiert, wenngleich Seismologen eine Verbindung zwischen der Krötenwanderung und dem Erdbeben weiterhin von der Hand weisen.

Die Bürger glauben, dass diese Regel dabei hilft, die Verbreitung von nicht fundierten Spekulationen einzudämmen. "Die meisten außergewöhnlichen Naturphänomene haben nichts mit Erdbeben zu tun", meint etwa eine Bewohnerin von Jiangsu mit dem Nachnamen Su. "Aber es ist trotzdem gut, einen Kanal zu haben, wo solche Ereignisse gemeldet werden können. Früher kannten die Leute den Grund für das anormale Verhalten von Tieren nicht, weshalb sie ihre Vermutungen online veröffentlichten. Die wurden anschließend übertrieben weiterverbreitetet und lösten eine Panik aus."