operation krankenhaus
© ap / strangmannDie Qualität eines Spitals hängt auch von der Häufigkeit der Operationen ab.
Die neue Grazer Datenfirma Watchdogs durchleuchtete das österreichische Spitalswesen und förderte brisante Details über die oft mangelnde Qualität in den heimischen Krankenhäusern zutage.

Mit vielem hatte er gerechnet, nicht aber mit einer derartigen Explosion: "Sie Ahnungsloser", habe ihn der Spitzenmediziner angeblafft. Es seien "offenbar noch zu wenige Datenschweine erschossen worden".

Dabei hatte Martin Zechner dem Klinikchef eigentlich nur mitteilen wollen, dass er über Daten verfüge, die darauf hindeuten, dass der Mediziner im Bundesvergleich einem gut situierten Spital vorstehe. Der Ausbruch sei wohl nur so zu interpretieren, dass gläserne Daten im Spitalsbereich nach wie vor ein explosives Thema darstellen, sagt Zechner.

Brisante Details

Der Grazer Kommunikationsexperte Zechner analysiert mit seinem neuen Unternehmen Watchdogs - eine Datencompany - seit Monaten die österreichische Spitalslandschaft und hat dabei brisante Details zutage gefördert. Watchdogs hat statistisches Material aus öffentlich zugänglichen Datenpools - wie der der Statistik Austria, dem Spitalskompass, den einzelnen Spitalsträgern oder der OECD - zusammengetragen und vernetzt.

Die Analyse der Daten legt etwa nahe, in welche Spitäler man sich mangels Frequenz eher nicht legen sollte, sie macht deutlich, dass Patienten für dieselbe Krankheit in einem Spital drei Tage und in einem anderen sechs Tage liegen müssen. Beispiel Mandeloperation: Die Spitalsverweildauer im Burgenland ist wesentlich höher als etwa in Vorarlberg oder Niederösterreich.

Spitäler im Visier

Heikel wird das statistische Material von Watchdogs, wenn es auf die Behandlungshäufigkeiten umgelegt wird. Die Gesundheitsbehörden schlagen ja bestimmte "Mindestfallzahlen" vor. Die Überlegung dabei: Je häufiger in einem Spital eine Behandlung durchgeführt wird, desto größer die Routine und auch die Qualität. Speziell bei operativen Eingriffen.

Watchdogs hat nun sämtliche Spitäler Österreichs, öffentliche wie private, auf ihre Behandlungsziffern durchgecheckt. Es zeigte sich, dass an etlichen Spitälern die im ÖSG (Österreichischer Strukturplan Gesundheit) empfohlene Mindestfrequenz deutlich verfehlt wird. So sind etwa für Spitäler 365 Geburten als Mindestfrequenz vorgesehen. Diese wurde im Jahr 2012 gleich von 25 österreichischen Spitälern unterschritten. Beispiel Darmoperationen: Im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Graz wurden in einem Jahr 794 Darmoperationen durchgeführt. Das ist nach dem AKH Wien der zweithöchste Wert Österreichs. In den beiden Krankenhäusern Tamsweg und Schladming wurden im gleichen Zeitraum nur 43 bzw. 44 Darmoperationen gemeldet.

Regionale Unterschiede

Bemerkenswert sind auch regionale Unterschiede. So werden etwa im Burgenland die meisten Magen- und Darmbehandlungen pro 1000 Einwohner registriert, in Niederösterreich am häufigsten Erkrankungen der Harn- und Geschlechtsorgane diagnostiziert. Auch lässt sich statistisch deutlich nachvollziehen, dass in Österreich zu viele und zu lange Spitalsaufenthalte verordnet werden. Mit 274 Spitalsaufenthalten pro Tausend Einwohner liegt Österreich international an der Spitze.

Für den Gesundheitsökonomen Christian Köck spielt vor allem auch die Aufenthaltsdauer eine wesentliche Rolle. Spitalsaufenthalte sollen - allein schon wegen der Keimgefährdung - nicht länger als unbedingt notwendig dauern. "In diesem Sinne sind Spitäler gefährliche Orte für Patienten", sagt Köck. Die vorliegenden, vernetzten Daten sollen jetzt dazu genutzt werden, um "endlich eine offene Debatte über die wirkliche Qualität unserer Spitäler zu führen", sagt Köck."