bauer aprikosenbaum
© Ralph RibiChristian Würth begutachtet die Blüten seiner Aprikosenbäume. Dreimal musste er diese Woche nachts seinen « Frostwächter » einstellen.
Viel geschlafen hat Obstbauer Christian Würth diese Woche nicht. Seine Aprikosenbäume in Berg stehen bereits in voller Blüte. Umso heikler waren die frostigen Nächte. Dank einer Warmluftkanone blieben die Blüten aber unbeschadet.

Christian Würths Gesichtszüge entspannen sich langsam. Er pflückt mehrere Blüten vom Baum, öffnet sie vorsichtig und ist erleichtert. Überall zeigt sich das gleiche Bild: Eine grasgrüne Mini-Aprikose, so klein wie ein Stecknadelkopf, kommt zum Vorschein. Ein Zeichen dafür, dass die Blüten die frostigen Nächte dieser Woche unbeschadet überstanden haben. Allerdings nur, weil der Obstbauer ihnen mehrmals kräftig eingeheizt hat.

Bis zu 110 Grad heisse Luft

Und da steht es, das knatternde Ungetüm, inmitten der 300 Aprikosenbäume im idyllischen Weiler Frankrüti in Berg SG. Im Fachbegriff Frostguard genannt, Frostwächter, funktioniert die Maschine wie eine Warmluftkanone. Bis zu 110 Grad heisse Luft wird durch eine Art Auspuff in die Umgebung geblasen und verdrängt so die kalte Luft. Geheizt wird mit Gas. Damit lässt sich laut Würth die Temperatur im Umkreis von etwa 60 Metern um bis zu drei Grad erwärmen.

Für den 51-Jährigen dreifachen Familienvater, der 2004 die Milchwirtschaft aufgegeben und als einer der wenigen Landwirte in der Region auf Aprikosen umgestellt hat, ist die Maschine existenziell. Seit Tagen stehen die Bäume in voller Blüte und werden fleissig von Bienen umschwärmt. «Die Natur ist dieses Jahr etwa zwei Wochen voraus», sagt Würth. Umso kritischer waren die vergangenen Nächte. Im aktuellen Blütenstadium können schon Temperaturen von minus 0,8 Grad einen Ernteausfall von bis zu zehn Prozent bewirken. Minus fünf Grad gar einen Ausfall von bis zu 90 Prozent.

Alle eineinhalb Stunden wach

Kunststück, hat Würth kaum geschlafen, wie er am Mittwoch gegenüber TVO sagte. Stattdessen hat er mehrmals pro Nacht die drei Thermometer kontrolliert, die er rund ums Haus montiert hat. «Es ist happig, wenn man alle eineinhalb Stunden aufstehen muss.» Am schlimmsten sei die Nacht auf Donnerstag gewesen, mit minus 3,3 Grad. Dreimal drei Stunden hat Christian Würth seinen Frostguard diese Woche nachts gestartet. Pro Stunde verbraucht er 10 Kilo Gas und drei Liter Benzin.

Auch der Mörschwiler Beeribuur Roman Schildknecht hat wenig geschlafen. Er schützt seine blühenden Aprikosenbäume, indem er bei Bedarf Lagerfeuer entzündet. «Die Feuer waren schon vorbereitet», sagt er, «aber anzünden mussten wir sie bisher nicht.» Im Wallis versprühen die Bauern am Abend kaltes Wasser, das sich als Eisfilm um die Blüten legt und sie so schützt. Eine günstige und ökologische Methode. Warum macht man das bei uns nicht? «Die so genannte Kronenberegnung braucht viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl», sagt Würth. Wenn man nicht genau zur richtigen Zeit sprühe, mache man mehr kaputt als ohne Eingriff. Würth weiss, dass die Ostschweiz nicht das ideale Anbaugebiet für die äusserst aufwendigen Aprikosen ist, die nicht gern nass haben. Nicht nur wegen des Klimas. «Unser Boden ist eigentlich zu gut», sagt er und meint damit zu feucht im Vergleich zu den sandigen Böden im Wallis. Darum müsse er damit rechnen, dass jedes Jahr 10 bis 15 Prozent der Bäume sterben. Für Aprikosenanbau im grossen Stil sei das Risiko in der Ostschweiz darum zu gross.

Gute Ernte erwartet

Für den Direktverkauf sei der Anbau aber durchaus lukrativ, sagt Würth, dessen Früchte auf dem benachbarten Eigenmannshof und am St. Galler Bauernmarkt verkauft werden. Bei einer guten Ernte sind es gegen fünf Tonnen pro Jahr. Und mit einer solchen rechnet er heuer aufgrund der reichen Bluescht. Allzu euphorisch gibt er sich aber noch nicht. «Wir haben die Früchte erst, wenn sie im Korb sind.» Das heisst ab Anfang Juli. Heute geniesst Würth aber vorerst die erste Nacht seit langem, in der er durchschlafen kann.