Bei Grabungen im niedersächsischen Schöningen haben Archäologen erstmals rund 300.000 Jahre alte Zähne und Knochen der europäischen Säbelzahnkatze in Norddeutschland gefunden. Offenbar teilte sich der gefährliche Räuber seinen Lebensraum mit den damals hier lebenden Menschen, denen die Raubkatze bis zur Schulter ging.
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Tübingen (Deutschland) - Wie die Forscher der Universitäten Tübingen und Leiden im aktuellen Heft der Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen (1/2014) berichten, ist der Fundplatz Schöningen durch die Entdeckung der ältesten vollständigen Holzwaffen der Welt international bekannt geworden und die ca. 300.000 Jahre alten Speere gehören zum herausragenden Kulturerbe des Menschen. Auch die neuen Funde der Überreste der europäischen Säbelzahnkatze (Homotherium latidens) stammen aus der bekannten Fundstelle Schöningen 13 II-4 und aus demselben Horizont wie die Speere.

"Die an dieser Stelle geborgenen Knochenreste und Steingeräte des Menschen weisen auf eine Fortsetzung des Pferdejagdlagers hin, das damit auf einer Länge von über 100 Metern an einem ehemaligen Seeufer nachgewiesen werden kann", erläutert die Pressemitteilung der Universität Tübingen. Mit der Schöninger Entdeckung liegt somit der erste Fund von Homotherium latidens aus Norddeutschland vor. Zugleich wird erstmals für Mitteleuropa die zeitgleiche Anwesenheit des frühen Menschen und der Säbelzahnkatze in einer archäologischen Fundschicht belegt. "Die Schöninger Funde sind der jüngste gesicherte Beleg für die Säbelzahnkatze vor ihrem Aussterben in Mitteleuropa."

Bei den ausgezeichnet erhaltenen Raubtierreste handelt es sich bislang um vier Zähne und einige wenige Knochen, die nach vorläufiger Untersuchung zu einem jungen erwachsenem Tier gehören. "Die Säbelzahnkatze war mit einer Schulterhöhe von 1,1 Metern und einem Gewicht von ca. 200 Kilogramm ein beeindruckender Räuber. Sie hatte messerscharfe Krallen und das Gebiss war mit bis über zehn Zentimeter langen oberen Eckzähnen äußerst gefährlich. Die Funde werfen ein neues Licht auf das Verhältnis des frühen Menschen zu den Raubtieren vor 300.000 Jahren. Es ist sehr gut möglich, dass sich früher Mensch und Säbelzahnkatze am Seeufer in Schöningen unmittelbar begegnet sind. Der Homo heidelbergensis hatte in diesem Fall nur eine Chance, sich gegen diesen hochgefährlichen Konkurrenten zu wehren: Er musste seine bis zu 2,3 Meter langen Holzspeere neben der Pferdjagd auch zur Verteidigung gegen die Raubtiere einsetzen."
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© Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege (Foto: V. Minkus).Zahns der Säbelzahnkatze von der Fundstelle Schöningen 13 II.
Vor diesem Hintergrund betrachten die Forscher nun die Schöninger Speere und eine schwere Lanze als Jagd- und Verteidigungswaffen, die das Überleben des Menschen in Mitteleuropa vor 300.000 Jahren ermöglichten.

Von weiteren Grabungen an der Fundstelle erhoffen sich die Forscher weitere Funde der Säbelzahnkatze, mit deren Hilfe das Verhältnis von frühem Mensch und Raubkatze noch genauer ergründet werden soll.

Quelle: uni-tuebingen.de