Panik und Chaos in Chile: Ein heftiges Erdbeben hat mindestens fünf Menschen in Chile das Leben gekostet, Hunderttausende mussten fliehen. Die Schäden scheinen sich in Grenzen zu halten.
Bild
© AFPDiese Frau hat sich und ihre Kinder aus Furcht vor den Erdstößen in ein Sportstadion gebracht.
Ein schweres Erdbeben hat im Norden Chiles mindestens fünf Menschen das Leben gekostet und an weiten Teilen der Pazifikküste Südamerikas Tsunami-Alarm ausgelöst. Hunderttausende Menschen flüchteten in höher gelegene Gegenden. Die Erschütterungen erreichten am Dienstagabend (Ortszeit) nach Angaben der chilenischen Erdbebenwarte CSN die Stärke 8,2 - es war damit das heftigste Beben im Norden des Landes seit rund 150 Jahren. Das Zentrum lag rund 100 Kilometer vor der Küste der Stadt Iquique in 38,9 Kilometern Tiefe im Meer. Aus Furcht vor Riesenwellen ordneten die Behörden Evakuierungen entlang der rund 5000 Kilometer langen Küstenlinie an.

Militär soll in Katastrophengebieten helfen

Präsidentin Michelle Bachelet erklärte drei Regionen im Norden des Landes zum Katastrophengebiet. Das Militär solle den Betroffenen dort helfen, aber auch Plünderungen vermeiden, sagte sie in einer Fernsehansprache. „Es sind die notwendigen Maßnahmen getroffen worden, um die Bürger und ihren Besitz zu schützen“, erklärte sie. Bislang sei alles unter Kontrolle: „Das Land hat die ersten Stunden dieses Notfalls gut gemeistert.“ Am Mittwoch wollte Bachelet in das betroffene Gebiet reisen.

Es war 20.46 Uhr Ortszeit, als die Menschen den Boden unter ihren Füßen kräftig wanken spürten. Am stärksten traf das Beben die Städte Iquique (160 000 Einwohner) und Arica (210 000 Einwohner) an der peruanischen Grenze. „Wir hatten große Angst. Uns blieb nur noch, uns hinzukauern und Gott um Gnade zu bitten“, berichtete eine Frau dem Radiosender Bio Bio. Dass sich etwas anbahnte, war schon in den vergangenen Wochen zu spüren gewesen: Mehr als 400 kleinere Beben hatten das Land erschüttert.

Tsunami-Alarm wurde nach einigen Stunden aufgehoben

Größere Schäden wurden zunächst nicht gemeldet. Das Beben löste aber bis zu zwei Meter hohe Wellen aus, wie das Ozeanographische Institut der Marine (SHOA) mitteilte. „Das Meer erreichte das erste Stockwerk der Marine-Verwaltung“, sagte der Bürgermeister von Iquique, Jorge Soria. Zudem brachen zwei Brände in der Stadt aus.

Bild
© DPADas weiße Kreuz markiert das Epizentrum des Bebens.
Medien berichteten von Dutzenden zerstörten Booten. Hunderte Schiffe, darunter die der chilenischen Kriegsflotte, fuhren aufs offene Meer hinaus, um Schäden zu vermeiden. Nach einigen Stunden wurde der Tsunami-Alarm in großen Teilen Chiles sowie an der südamerikanischen Pazifikküste wieder aufgehoben.

Bei den Todesopfern handele es sich um vier Männer und eine Frau, teilte Innenminister Rodrigo Peñailillo mit. Sie seien bei Einstürzen sowie durch Herzinfarkte gestorben. Bei einem der Toten handele es sich um einen Feuerwehrmann, hieß es. Das Beben löste auch Erdrutsche aus, zahlreiche Straßen waren blockiert.

Massenausbruch von 300 Häftlingen

Zudem kam es zu Stromausfällen, die Telefonnetze waren überlastet, wie örtliche Medien berichteten. Flüge und Busverbindungen in die betroffenen Gebiete wurden eingestellt. Auch der Schulunterricht fiel vielerorts aus.

In Iquique nutzten rund 300 Häftlinge eines Frauengefängnisses das Chaos zudem zu einem Massenausbruch. Etwa 40 von ihnen konnten inzwischen wieder festgenommen werden, berichtete die Zeitung La Tercera in ihrer Online-Ausgabe. Zudem gab es Plünderungsversuche. Die Regierung entsendete aus Santiago de Chile 100 Polizisten zur Verstärkung der Sicherheit in Iquique.

Die Evakuierung der Küstenstreifen in nordchilenischen Städten wie Arica und Antofagasta sei in der ersten Stunde nach dem Beben problemlos gewesen, berichtete der Rundfunksender Cooperativa nach Angaben lokaler Behörden. Auch im Süden Perus fanden Evakuierungen statt.

Zahlreiche Nachbeben erreichten eine Stärke von bis zu 6,0. Das Hauptbeben war sogar bis in die fast 500 Kilometer entfernte bolivianische Hauptstadt La Paz zu spüren.

Erdbeben kommen in Chile häufiger vor. Zuletzt waren am 27. Februar 2010 bei einem Beben der Stärke 8,8 im Süden des Landes mehr als 500 Menschen umgekommen. Das südamerikanische Anden-Land befindet sich an der Kontaktgrenze der tektonischen Nazca- und der südamerikanischen Platte.

dpa