Putin
© DPAWie sollte man angesichts der Ukraine-Krise mit Russland und Wladimir Putin umgehen? Innerhalb der EU herrscht dazu große Uneinigkeit.
Wie sollte Europa auf die Ukraine-Krise reagieren? Eine Patentlösung haben die Außenminister nicht parat. Einen neuen Kalten Krieg will niemand, Schwäche zeigen aber erst recht nicht.

Wahrscheinlich fühlten sich einige Spitzendiplomaten bei der Zusammenkunft der EU-Außenminister in Athen an die legendären Worte von Winston Churchill erinnert: "Russland ist ein Rätsel innerhalb eines Geheimnisses, umgeben von einem Mysterium." Die Suche nach einer langfristigen Strategie beim Umgang dem großen Nachbarn im Osten hat jedenfalls das inoffizielle Treffen geprägt. Die Grundfrage ist dabei weiter ungelöst: Soll man angesichts der weiter ungelösten Ukraine-Krise stärker auf Zuckerbrot oder Peitsche setzen?

Letzteres befürwortet der britische Außenminister William Hague. Er forderte, die Arbeit an harten Wirtschaftssanktionen voranzutreiben, weil Russland nicht wie zugesagt seine Truppen von der Grenze zur Ukraine abziehe. Tschechien sprach sich zudem für eine Diskussion über ein Waffenembargo aus und der niederländische Außenamtschef Frans Timmermans sagte, die EU dürfe sich nicht davon einschüchtern lassen, was in Moskau gesagt werde. Stattdessen müssten die Europäer an ihrer Strategie festhalten und das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine voranbringen.

Steinmeier befürchtet Sackgasse

In der vor dem Treffen veröffentlichten Erklärung des Weimarer Dreiecks, zu dem Deutschland, Frankreich und Polen gehören, wurden dagegen mildere Töne angeschlagen. Darin heißt es: "Die EU wird über ihre Beziehungen zu ihren Nachbarn zwar weiterhin nicht mit Dritten verhandeln, ihr Angebot soll jedoch weder neue Gräben schaffen noch andere Akteure ausschließen." Adressat dieses Satzes ist vornehmlich Russland, das sich vom Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine brüskiert gefühlt hatte. Die Brücken zu Russland sollen nicht abgebrochen werden - an diesem Prinzip hält vor allem die Bundesregierung fest.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier setzt in der Krim-Krise deshalb weiter auf das Zustandekommen einer internationalen Kontaktgruppe unter Beteiligung Russlands, der Ukraine, den USA und der EU. Die Diskussion über eine langfristige Strategie gegenüber Russlands hat seiner Meinung nach ohnehin ein grundlegendes Problem: "Strategien braucht man, aber die Geschichte tut einem nicht den Gefallen, den Strategien zu folgen."

Man müsse sich natürlich Gedanken darüber machen, wie das Verhältnis zu Russland künftig gestaltet werden solle, räumte Steinmeier ein. Diese Diskussion müsse ohne Illusionen geführt werden - "aber auch, ohne uns selbst in eine Sackgasse zu reden, aus der wir selbst nicht mehr herauskommen." Sein polnischer Kollege Radoslaw Sikorski sagte, dass eine Konfrontation mit Russland nicht im Interesse der EU sei. Leider habe die russische Regierung die EU dazu gezwungen, über das Verhältnis zueinander grundsätzlich nachzudenken.

Rätselraten über Putins nächste Schritte

Dieses Nachdenken ist mit dem Treffen in Athen nicht abgeschlossen. Eine langfristige Russland-Strategie ist auch deshalb so schwierig, weil die nächsten Schritte des russischen Präsidenten Wladimir Putin unklar bleiben. Die Eingliederung der Krim betrachtet der Westen weiterhin als Verstoß gegen das Völkerrecht - das betonten auch die Außenminister in Athen bei jeder Gelegenheit. Russland drohen zudem weitere Strafmaßnahmen, sollte das Land die Lage im Süden und Osten der Ukraine weiter destabilisieren.

Doch es herrscht Rätselraten darüber, ob und wann die russische Führung einen solchen Schritt unternimmt - und was genau sie davon abhalten könnte. Auch jenseits der Ukraine sind die Europäer auf der Hut. So rechnet der schwedische Außenminister Carl Bildt damit, dass Russland "ziemlich sicher" versuchen wird, die angepeilten EU-Assoziierungsabkommen mit Moldawien und Georgien zu verhindern, die im Juni unter Dach und Fach sein sollen. Applaus sei vom Kreml für die Abkommen jedenfalls nicht zu erwarten. "Eher Donner", sagte Bildt.

Obwohl das Misstrauen auf beiden Seiten durch die Krim-Krise enorm zugenommen hat, gehen die Bemühungen um eine Wiederannäherung weiter. Schon in den kommenden Tagen werde man sehen, dass die EU mit Russland, der Ukraine und den USA weiter an einem Weg nach vorne arbeiten werde, prophezeite die EU-Außenbeaufragte Catherine Ashton. Das Rätsel Russland dürfte dem Westen aber trotzdem noch länger Kopfschmerzen bereiten.