„Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen“, das fordert eine Initiative in der Schweiz; im Mai stimmen die Bürger darüber ab. Doch schon jetzt verschärft die Regierung das Strafrecht.
Schweizer Berge, Schweiz
© dpaEin wichtiger Schritt zum Schutz unserer Kinder: Schweiz will Gesetze gegen Pädophile verschärfen.
Zürich. Verurteilten Sexualstraftätern kann ein Gericht künftig lebenslang eine berufliche oder ehrenamtliche Tätigkeit mit Minderjährigen untersagen. Das sieht eine Änderung des Schweizer Strafgesetzbuches vor, das die Regierung am Mittwoch in Kraft setzte.

Mit dieser Gesetzesänderung wollen der Bundesrat und das Parlament die Gesellschaft besser vor Wiederholungstätern schützen, teilte die Regierung mit. Sie hofft, mit der Gesetzesverschärfung die Bevölkerung davon zu überzeugen, die Volksinitiative „Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen“ abzulehnen; denn diese verstößt aus Sicht der Regierung gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip.

Die Initiative geht auf einen Vorstoß der Organisation Marche Blanche zurück. Die vorgeschlagene Verfassungsänderung sieht vor, dass Personen, die die sexuelle Unversehrtheit eines Kindes oder einer abhängigen Person beeinträchtigt haben, „endgültig“ das Recht verlieren, sei es im Beruf oder im Ehrenamt, mit Minderjährigen oder Abhängigen arbeiten zu dürfen.

Anlass der Initiative war ein Fall im Jahr 2009 im Schweizer Ort Biel. Damals wurde ein verurteilter Pädophiler wieder als Lehrer angestellt. Die Schulkinder waren im gleichen Altern wie die Opfer des Mannes.

Die Schweizer Regierung lehnt die Initiative aus rechtsstaatlichen Überlegungen ab; denn mit der vorgeschlagenen Verfassungsänderung würden Verurteilte unabhängig von der Schwere der Schuld lebenslang mit einem Tätigkeitsverbot belegt - ohne richterliche Prüfung. Das widerspreche dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit. So dürfe zum Beispiel ein 20jähriger, der eine einvernehmliche Liebesbeziehung mit einer 15jährigen hat und dafür betraft wird, sein Leben lang keine Lehrlinge ausbilden oder im Sport Jugendmannschaften trainieren.

Das Parlament ist in der Frage zerstritten: Der Nationalrat (vergleichbar mit dem deutschen Bundestag) nahm die Initiative an, der Ständerat (vergleichbar mit dem deutschen Bundesrat) lehnte sie mehrheitlich ab. Umfragen deuten indes auf eine deutliche Zustimmung der Bevölkerung hin: Laut einer Erhebung des Instituts gfs. Bern von Mitte März wollen fast 82 Prozent der Befragten zustimmen. Die Schweizer stimmen am 18. Mai über den Text ab.

Im Unterschied zur Volksinitiative sieht die nun in Kraft getretene Verschärfung des Strafrechts vor, dass ein Gericht Dauer und Umfang eines Tätigkeitsverbots eines Sexualstraftäters festlegen soll. Neu kann ein Gericht künftig nicht nur den beruflichen Kontakt mit Minderjährigen untersagen, sondern auch außerberufliche Tätigkeiten verbieten, etwa in Vereinen. Ferner sollen Gerichte bei bestimmten Sexualstraftaten gegen Minderjährige oder Abhängige künftig zwingend ein zehnjähriges allgemeines Tätigkeitsverbot verhängen. Dieses Verbot kann - wenn nötig - lebenslang ausgesprochen werden.