Bei Versuchen, jene Regionen genauer zu lokalisieren, in denen unser Gehirn Informationen über Orte speichert und verarbeitet, ist es US-Neurologen gelungen, einem Probanden anhand induzierter visueller Halluzinationen an seinen Heimatort zu versetzen.
Pizzabäcker
© US Navy
Manhasset (USA) - Wie die Forscher um Pierre Mégavand und Askesh D. Mehta Feinstein Institute for Medical Research aktuell im Fachmagazin Journal of Neuroscience (DOI: 10.1523/JNEUROSCI.5202-13.2014) berichten, bot sich der 22-jährige Epilepsie-Patient für die Untersuchungen an, da er aufgrund seiner neurochirurgischen Behandlung bereits analytische Elektronen in seinem Hirn implantiert hatte, mit denen die Hirnaktivität untersucht und aufgezeichnet werden kann.

Hierzu beobachteten die Wissenschaftler die Hirnaktivität des jungen Mannes, während ihm Bilder unterschiedlicher Objekte und Szenarien vorgelegt wurden.
 Wie sich zeigte, reagierte eine bestimmte Region des Cortex in der Nähe des Hippocampus immer dann, wenn die Bilder Orte und Plätze zeigte - nicht jedoch angesichts von Abbildungen anderer Objekte wie etwa von Körperteilen oder Werkzeugen. In einem nächsten Schritt nutzen die Forscher die implantierten Elektroden um genau diese Hirnregion zu stimulieren.

Es war genau dieser Vorgang - so berichtete der Patient umgehend - der bei ihm eine Reihe komplexer Halluzinationen auslöste: Zuerst sah er eine Bahnstation in der Nähe seiner Wohnung. Dann führte die Stimulationen einer benachbarten Hirnregion zur visuellen Halluzination einer Treppe und eines blauen Schranks in seiner Wohnung. Beide Halluzinationen wiederholten sich immer dann, wenn die entsprechenden Hirnregionen stimuliert wurden. Zugleich berichtete der Patient, dass mit den Halluzinationen keine Wahrnehmungen von Geräuschen oder Gerüchen einhergingen. Es handelte sich also um rein visuelle Sinnestäuschungen.

Als die Forscher dann Elektroden in einer leicht versetzten Hirnregion (Gyrus temporalis inferior) stimulierten, berichtete der Proband, dass sich die Gesichter der Mediziner und Ärzte plötzlich verzerrten und diese danach wie Italiener aussahen, wie sie in der Pizzeria seiner Eltern arbeiteten, und die Ärzte plötzlich Kochschürzen und sonstige Küchenutensilien trugen.

Diese Wahrnehmungen waren das gemeinsame Ergebnis tausender Neuronen, die durch die Stimulationen angeregt wurden, so die Forscher: "Vielleicht beinhaltete eine bestimmte Gruppe von Neuronen eine Erinnerung an eine Person mit Kochschürze, eine andere Gruppe die an einen Ofen oder an eine Straße - und wenn man diese Gruppen gemeinsam stimuliert, ruft dies bekannte Erinnerungen an jenen Ort hervor, an dem alle diese Dinge zusammenkommen", zitiert der New Scientist die Schlussfolgerung der Forscher.

Die Wissenschaftler hoffen nun, dass derartige Experimente zukünftig dabei behilflich sein könnten, Menschen mit reduzierten kognitiven Funktionen in Folge neurologischer Erkrankungen wie Autismus oder Alzheimer helfen und neue noninvasive Behandlungsmethoden entwickeln zu können.

Quelle: jneurosci.org, newscientist.com