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© NASA/GSFC, S. WiessingerNach gängiger Theorie beeinflussen geordnete Magnetfelder das Nachglühen und dessen Polarisation - hier durch die Linien dargestellt.
Eine ungewöhnliche Polarisation des Nachglühens widerlegt nahezu alle gängigen Theorien

Ein Gammablitz sorgt für Aufregung. Denn das Licht des energiereichen Strahlungsausbruches verhält sich ganz anders, als es eigentlich sollte: Die Polarisierung stimmt nicht mit gängigen Theorien überein. Das aber bedeutet: Die Modelle dazu, wie das Nachglühen solcher Explosionen entsteht, sind wahrscheinlich falsch, wie Forscher jetzt im Fachmagazin Nature berichten.

Sie gehören zu den energiereichen Ereignissen des Universums: Gammastrahlenausbrüche entstehen nach gängiger Theorie bei der Explosion massereicher Sterne. Bei ihrem Kollaps wird kurzzeitig ein Jet extrem energiereicher Teilchen und Gammastrahlung erzeugt. "Ungefähr einmal am Tag wird ein solcher sehr heller Blitz von Gammastrahlen von den Satelliten detektiert", erklärt Klaas Wiersema von der University of Leicester.

Nachglühen durch beschleunigte Elektronen

Dieser extrem helle Blitz dauert meist nur wenig länger als eine Minute, doch das Nachglühen solcher Ausbrüche in nahezu allen Wellenbereichen des Lichts kann Wochen bis Monate anhalten. "Wir wissen, dass dieses Nachglühen durch eine Schockwelle hoher Geschwindigkeit erzeugt wird, in der Elektronen auf enorme Energien beschleunigt werden", erklärt Wiersema.

Nach gängiger Annahme spielen dabei auch gerichtet Magnetfelder eine wichtige Rolle. Sie sollen die geladenen Teilchen in den Jets antrieben und so die Beschleunigung bewirken. Wie jedoch dieses Nachglühen genau entsteht, ist bisher unklar - es gibt viele Theorien, aber nur wenige eindeutige Fakten.

Gammablitz mit Überraschungen

"In einem Punkt waren sich aber alle Theorien einig: Dass es im sichtbaren Licht dieses Nachglühens keine zirkuläre Polarisation geben dürfte", sagt der Astronom. Bei dieser Form der Polarisation dreht sich die Ausrichtung der Lichtwellen im Laufe ihres Strahls spiralig. Ob das wirklich stimmt, haben Wiersema und seine Kollegen erstmals anhand von Polarisationsmessungen eines Nachglühens überprüft. Als Beobachtungsobjekt diente ihnen dabei der Gammastrahlenausbruch GRB 121024A, dessen Licht am 24. Oktober 2012 die Erde erreichte.

Alarmiert durch ein automatisches Warnsystem, begannen die Forscher bereits Minuten nach dem Gammablitz, das Nachglühen mit Hilfe des FOcal Reducer and low dispersion Spectrograph (FORS2) am Very LargeTelescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte in Chile aufzeichnen. "Zu unserer großen Überraschung detektierten wir dabei zirkuläre Polarisation, obwohl wir diese den Theorien nach nicht finden dürften", berichtet Wiersma. Das Instrument zeigte 10.000 Mal mehr zirkulär polarisiertes Licht an als erwartet.

Neue Modelle müssen her

Nach Ansicht der Forscher widerlegt dies einen Großteil der bisherigen Modelle zur Entstehung des Nachglühens. "Die Art, wie die Elektronen in der Schockwelle der Explosion beschleunigt werden, muss anders sein als wir dachten", sagt Wiersma. Die Vorstellung stark geordneter Magnetfelder als prägender Kraft kann demnach nicht stimmen. "Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie Beobachtungen die zuvor existierenden Annahmen widerlegen können." Wahrscheinlich sei der Mechanismus doch deutlich komplizierter man bisher dachte.

Jetzt sind die Theoretiker gefragt: Sie müssen nun schauen, welche physikalischen Effekte die Entstehung so großer Mengen zirkulär polarisierter Strahlung erklären könnten. Als Folge müssen die bestehenden Theorien entweder nachgebessert oder komplett über den Haufen geworfen werden. (Nature, 2014; doi: 10.1038/nature13237)