Verdienen Sie mehr als 27 520 Dollar pro Jahr? Herzlichen Glückwunsch, damit liegen Sie in Amerika oberhalb des Durchschnitts. Falls Sie das nicht glauben, sehen Sie sich hier die Gehaltsstatistiken der Sozialversicherung an. Natürlich reichen 27 520 Dollar heutzutage nicht aus, den »amerikanischen Traum« zu leben. Nach Steuern bleiben einem da weniger als 2000 Dollar pro Monat - das dürfte kaum reichen, um einen Immobilienkredit zu begleichen, die Raten fürs Auto und die Beiträge für eine Krankenversicherung zu bezahlen sowie die Ausgaben zu bestreiten für Lebensmittel, Kleidung und was Ihre Familie sonst noch so benötigen mag.

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© Quelle: Kopp Online
Das ist auch einer der Gründe dafür, warum heutzutage in den meisten Familien beide Eltern arbeiten. Manchmal haben beide Elternteile sogar mehrere Jobs, um irgendwie über die Runden zu kommen. Im Laufe der Jahre sind die Lebenskosten fleißig gestiegen, unsere Gehälter leider nicht. Das hat zu einem beständigen Abschmelzen der Mittelschicht geführt. Früher einmal konnten sich amerikanische Familien ein hübsches Häuschen leisten, mehrere Autos und einen netten Urlaub jedes Jahr. Als ich aufwuchs, war gefühlt praktisch jeder in der Mittelschicht. Heute dagegen bleibt der »amerikanische Traum« für immer mehr Amerikaner nur ein schöner Traum. Vor unseren Augen stirbt die Mittelschicht weg.

Zu den vielen Dingen, die im Nachkriegs-Amerika so toll waren, zählt das Entstehen einer großen, florierenden Mittelschicht. Bis vor Kurzem schien es, als ob es immer reichlich gute Jobs für Leute gäbe, die vernünftig waren und bereit, hart zu arbeiten. Das war einer der Hauptgründe dafür, dass aus aller Welt Menschen nach Amerika kommen wollten. Auch sie wollten den »amerikanischen Traum« leben.

Doch heute wird der amerikanische Traum für die meisten Menschen zur Fata Morgana - egal wie sehr sie sich abrackern, die Erfüllung ihres Traums rückt in immer weitere Ferne. Diese Einschätzung lässt sich mit harten Fakten belegen. Hier folgen 15 weitere Gründe dafür, dass die Mittelschicht stirbt.

#1 Eine brandaktuelle Umfrage von CNN besagt, dass 59 Prozent der Amerikaner meinen, für die meisten Menschen sei es inzwischen unmöglich geworden, sich den amerikanischen Traum zu erfüllen...
Der amerikanische Traum ist in diesem Land unmöglich zu erreichen.
Das sagen fast sechs von zehn Teilnehmern der Umfrage CNNMoney's American Dream Poll, die von ORC International durchgeführt wurde. Die Befragten haben das Gefühl, dass der Traum - unabhängig davon, wie sie ihn definieren - nicht zu erreichen ist.
Speziell junge Erwachsene im Alter von 18 bis 34 sind häufig der Meinung, der Traum könne nicht erfüllt werden. Das sagen 63 Prozent der Befragten. Diese Altersgruppe hat unter den Folgen der Wirtschaftskrise zu leiden und tut sich schwer damit, gute Arbeitsstellen zu finden.

#2
Mehr Amerikaner denn je sind der Auffassung, Hausbesitz sei nicht länger ein Schlüssel zu langfristigem Reichtum und Wohlstand...
Der große amerikanische Traum stirbt. Noch immer streben viele Amerikaner ein Eigenheim an, aber sie verlieren den Glauben, dass Immobilienbesitz ein Schlüssel zum Wohlstand ist.
Fast zwei Drittel der Amerikaner (64 Prozent) sind der Meinung, ein Hauskauf trage heute weniger zum Aufbau von Reichtum bei als vor 20 oder 30 Jahren. Das ergab eine Umfrage der gemeinnützigen MacArthur Foundation. 43 Prozent der Befragten gaben an, ein Hauskauf sei nicht länger eine gute langfristige Anlage.

#3
Seit acht Jahren in Folge sinkt der Anteil der Hausbesitzer in den USA. Der Stand ist heutzutage so gering wie zuletzt vor 19 Jahren.

#4 52 Prozent der Amerikaner können sich nicht einmal das Haus leisten, in dem sie derzeit leben...
»Über die Hälfte aller Amerikaner (52 Prozent) musste während der vergangenen drei Jahre mindestens ein großes Opfer bringen, um die Miete oder die Hypothek bezahlen zu können. Das geht aus der Umfrage How Housing Matters Survey hervor, die im Auftrag der wohltätigen Stiftung John D. & Catherine T. MacArthur Foundation von Hart Research Associates durchgeführt wurde. Zu diesen Opfern zählt es, sich eine zweite Arbeit suchen zu müssen, Rücklagen fürs Alter aufzuschieben, bei den Gesundheitsausgaben zu sparen, die Kreditkarten stärker zu belasten, in eine weniger sichere Nachbarschaft oder eine Gegend mit schlechteren Schulen umziehen zu müssen.«

#5 Laut der US-Behörde Census Bureau sind nur
36 Prozent der unter 35-jährigen Amerikaner Besitzer eines Eigenheims. Das ist der niedrigste Stand seit Beginn der Aufzeichnungen.

#6 Aktuell ist geschätzt jeder sechste männliche Amerikaner im besten Arbeitsalter (25 bis 54) ohne Beschäftigung.

#7 Die Erwerbsquote für Amerikaner im Alter von 25 bis 29 Jahren ist auf dem tiefsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen angekommen.

#8 Die Zahl der Amerikaner im Erwerbsalter, die keine Beschäftigung haben, ist seit dem Jahr 2000 um 27 Millionen gestiegen.

#9 Nach staatlichen Angaben sind landesweit in rund 20 Prozent aller Familien sämtliche Familienmitglieder ohne Beschäftigung.

#10 So verrückt es klingt: 25 Prozent aller amerikanischen Erwachsenen haben nicht einen einzigen Cent für ihre Altersversorgung zurückgelegt.

#11 Wie ich bereits an anderer Stelle geschrieben habe, sind die Verbraucherkredite in den USA in den vergangenen drei Jahren um 22 Prozent angeschwollen. 56 Prozent aller Amerikaner haben derzeit eine schlechte Bonität.

#12 Führende Einzelhändler schließen Läden mit einer Geschwindigkeit, wie wir sie seit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers nicht mehr erlebt haben.

#13 Man mag es kaum glauben, aber selbst im Jahr 2014 lebt mehr als jedes fünfte Kind in den USA noch in Armut.

#14 Nach einem neuen Bericht müssen sich 49 Millionen Amerikaner mit Ernährungsunsicherheit auseinander setzen.

#15 Insgesamt ist die Armutsquote in den USA seit 1966 um über 30 Prozent gestiegen. Offenbar war Lyndon B. Johnson mit seinem Kampf gegen die Armut doch nicht ganz so erfolgreich.

Leider sieht es mittelfristig nicht nach Besserung für die Mittelschicht aus. Jeden Tag werden gute Jobs ins Ausland verlagert oder gehen durch technische Entwicklungen verloren, aber unsere Politiker scheinen überzeugt, dass »einfach so weitermachen« der richtige Weg sei.

Wenn es nicht zu drastischen Veränderungen kommt, wird es immer schwerer, sich als »Malocher« in Amerika eine Existenz in der Mittelschicht aufzubauen. Die meisten großen Konzerne zeigen heute ihren Arbeitnehmern gegenüber wenig Loyalität, es ist ihnen im Grunde egal, was mit ihnen passiert.

Um in diesem Umfeld voranzukommen, sind neue, andere Denkansätze gefragt. Das Motto »Studieren, sich einen Job suchen, dem Unternehmen treu bleiben und nach 30 Jahren in Rente gehen« hat ausgedient. Noch nie seit Ende des Zweiten Weltkriegs war die Geschäftswelt so instabil. Daran müssen wir uns alle gewöhnen.