Österreichische Forscher haben einen Zwilling des Kreises gefunden. Der Holzkreis ist groß - er hat 25 Meter im Durchmesser, nur fünf Meter weniger als der aus Stein. Das Alter wird auf bis zu 5000 Jahre geschätzt.
Circular ditches
© Wikimedia CommonsRekonstruierte Kreisgrabenanlage in Heldenberg, Österreich.
Jetzt müssen wir erst einmal schauen, wie wir die Kuhscheiße von unseren Geräten herunterbringen“, berichtet Wolfgang Neubauer, Direktor des Ludwig Boltzmann Instituts für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie (Wien), von den Feldern rund um Stonehenge, wo er und sein Team seit drei Wochen mit einem Traktor durch die Gegend fahren bzw. etwas vor sich herschieben, was an einen Rasenmäher erinnert. Aber es ist keiner, und auch der Traktor zieht keine Egge. Es sind Instrumente, die in den Erdboden schauen können - Georadar, Geomagnetik - , rasch, großflächig und zerstörungsfrei, am Computer werden dreidimensionale Bilder daraus. Ausgegraben wird nichts, schmutzig werden die Geräte doch.

Drei Wochen waren die Forscher damit im Gelände, es hat sich gelohnt: 900 Meter nordwestlich vom Steinkreis kam in einem drei Kilometer langen und hundert Meter breiten Graben ein zweiter Kreis ans Licht, er lag unter einem 1,5 Meter hohen runden Hügel, der bisher als Grabhügel galt. „Das ist er auch“, erklärt Neubauer, „aber darunter ist ein älterer Kreis aus Holzpfosten, je vier in einer Reihe, polygonal rund um den Hügel.“ Diese Pfosten sind dick, ein Meter im Durchmesser, unklar ist, ob sie früher Stützen für irgendein Dach waren oder „totemartige Strukturen“.

Bis zu 5000 Jahre alt

Der Holzkreis ist groß - er hat 25 Meter im Durchmesser, nur fünf Meter weniger als der aus Stein - , und er ist alt: „Wir glauben, dass er aus der ersten Phase von Stonehenge stammt, das war etwa 2500 bis 3000 vor Christus.“ Benützt wurde er vermutlich für Bestattungen, rund um den Steinkreis finden sich viele solche Hügel, man hat früher in einem schon einmal einen Holzkreis gefunden - „Woodhenge“ - , aber das ist lange her.

Der neue alte Kreis „ist vermutlich das erste größere zeremonielle Monument, das in den letzten fünfzig Jahren oder so gefunden wurde“, ergänzt Vince Gaffney von der University of Birmingham, einem der internationalen Kooperationspartner im „Hidden Landscape Project“: „Der Fund ist bemerkenswert, er wird völlig die Art und Weise ändern, in der wir über die Landschaft rund um Stonehenge denken.“

Dessen Rätsel wird dadurch nicht kleiner. War Stonehenge ein Friedhof? Oder ein Kalender, der Steinkreis macht Sonnenwenden messbar? Oder war es gar das „neolithische Lourdes der Briten“? Das ist die jüngste Hypothese, sie stützt sich auf die Steine des Kreises, „Blausteine“, sie kamen von weit, 230 Kilometer aus den Preseli Hills in Wales. Und in Wales besang im Jahr 1215 der Poet Layamon die Blausteine: „Die Steine sind groß/Und haben magische Kraft/Menschen, die krank sind/fahren zu diesen Steinen/und waschen sie ab/und baden mit diesem Wasser ihre Krankheiten weg.“

Ob das in Stonehenge auch so war, ist völlig unklar. Immerhin war ein dort gefundener Mensch - „Amesbury Archer“ - schwerreich und schwer krank, auch er kam von weit, vermutlich aus Österreich. Dorthin kehrt Neubauer mit seinem gesäuberten Gerät morgen zurück. Im August geht es zu den nächsten Grabhügeln, im alten Uppsala.