Hartnäckig hält Frankreich daran fest, Russland zwei für den Angriffskrieg geeignete Kriegsschiffe zu liefern - unter Verweis auf bedrohte Arbeitsplätze in der Werftindustrie. Diese Argumentation zeigt, wie klein sich unser einst so stolzer Nachbar inzwischen fühlt.

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Für Russland bestimmt: Der Hubschrauberträger "Wladiwostok" im französischen Hafen Saint-Nazaire
Wenn General Charles de Gaulle, Gründungsvater des modernen Frankreichs, beschreiben wollte, was seine Nation so einzigartig mache, sagte er: "Ich habe eine ganz bestimmte Idee von Frankreich". Eine höchst positive natürlich.

Der heutige Nachfolger des Generals kommt auf ziemlich komische Ideen, was gut sei für Frankreich. François Hollande brettert mit der Vespa zur Geliebten, statt Reformen anzupacken. Seine Minister schimpfen über Bevormundung, sobald die EU Haushaltsdisziplin anzumahnen wagt. Und nun hält Paris es für angebracht, mitten in der größten außenpolitischen Krise seit dem Kalten Krieg Russland zwei Hubschrauberträger des Typs Mistral zu liefern, Kostenpunkt: 1,2 Milliarden Euro.


Auch wenn die EU-Staaten immer noch nicht endgültig über den Umfang neuer Sanktionen gegen Russland nach dem MH17-Abschuss entschieden haben, ein Punkt scheint klar: Frankreich darf die gefährlichen Schiffe an Putin verkaufen, ein europäisches Waffenembargo soll erst für zukünftige Verträge greifen.

Wohlgemerkt, bei der Mistral handelt es sich nicht um einen Ausflugsdampfer, sondern um eine hochmoderne Offensiv-Waffe für Landungsoperationen in Feindesland - von der ein russischer General schwärmte, mit ihr hätte sein Land die Invasion von Süd-Ossetien im Kaukasuskrieg 2008 binnen 40 Minuten statt in 26 Stunden geschafft. Falls sich die Dinge in Osteuropa zum Schlechteren entwickeln, fallen einem schnell militärische Szenarien ein, in denen die beiden Mistrals eine aus westlicher Sicht sehr hässliche Rolle spielen könnten.

Um dieses Bombengeschäft abwickeln zu dürfen, macht sich die Grande Nation ganz klein. Im strukturschwachen bretonischen Städtchen Saint-Nazaire, wo eine Werft die Schiffe baut, schaffe die russische Aufrüstung wertvolle Arbeitsplätze, heißt es in Paris. Darauf nun zu verzichten, sei Not leidenden französischen Familien schlicht nicht vermittelbar.

Arbeitsplätze sind wichtig. Aber wenn es allein um sie geht: Warum reden wir dann nicht über eine Entschädigung für die Werft oder eine andere Verwendung der Schiffe innerhalb der NATO-Flotten? Der politische Preis dieses Geschäfts dürfte 1,2 Milliarden Euro weit übersteigen, denn klarer als mit diesem Waffendeal kann man Putin die Unentschlossenheit des Westens kaum illustrieren.

Es ist diplomatisch verständlich, dass die Bundesregierung den sensiblen Partner Frankreich nicht brüskieren mag und sich deshalb mit öffentlicher Kritik am Mistral-Deal zurückhält. Dennoch hätte Berlin hinter verschlossenen Türen einen Auslieferungsstopp der Schiffe erreichen sollen. Unter Freunden muss man eingreifen, wenn einer sich lächerlich macht - vor allem, wenn er seine Freunde gleich mit brüskiert.