Im Prozess um die "Sewol" beschreiben Kinder Schreckliches: Als die Fähre sinkt, sitzen viele Schüler noch in ihren Kabinen. Die Besatzung rät dazu - und flieht. Auch die Küstenwache ist den Aussagen zufolge nicht schuldlos am Tod von fast 300 Menschen.
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© APVor mehr als 100 Tagen sank die Fähre - viele verloren Angehörige und Mitschüler.
Nach den Zeugenaussagen weiterer Überlebender hätten viel mehr Passagiere von der südkoreanischen Unglücksfähre Sewol gerettet werden können. Die Besatzung habe die Insassen aber im Stich gelassen, berichteten sechs Schülerinnen im Prozess gegen die Crew. Die Besatzung habe die Passagiere angewiesen, in den Kabinen zu bleiben, und sei dann selbst vom sinkenden Schiff geflohen. Bereits zuvor hatten überlebende Schüler vor Gericht harte Strafen für die Besatzung gefordert.

Die Jugendlichen machten auch der Küstenwache schwere Vorwürfe. Die Einsatzkräfte seien trotz Aufforderung nicht schnell genug ans Schiff herangekommen, um die Passagiere zu retten. "Die Küstenwache half mir erst, nachdem ich mit Hilfe eines anderen Passagiers auf das obere Deck kam und in einen Hubschrauber stieg", sagte eine Schülerin. Die Schüler schilderten vor Gericht dramatische Szenen vom Untergang der Fähre und dem Verlust ihrer Klassenkameraden.

"Unsere Blicke trafen sich, als ich mich aus dem Schiff kämpfte. Er schaffte es nicht, rauszukommen. Ich kann den letzten Blick seiner Augen nicht vergessen", schilderte eine Jugendliche den Tod ihres Freundes.

Vorsätzliche Tötung?

Die Sewol war am 16. April mit 476 Menschen an Bord vor der Südwestküste Südkoreas gekentert, mindestens 292 Menschen kamen ums Leben. Noch immer gelten zwölf Insassen als vermisst. Die meisten Passagiere waren Schüler auf einem Ausflug. 15 Besatzungsmitglieder müssen sich nun vor Gericht unter anderem wegen Fahrlässigkeit verantworten. Der Kapitän und drei andere sind wegen vorsätzlicher Tötung angeklagt. Im Falle einer Verurteilung wegen Mordes droht ihnen die Todesstrafe.

Manager der Reederei der Sewol müssen sich in einem getrennten Verfahren verantworten, weil sie die Fähre aus Profitgier regelmäßig überladen haben sollen.

Vor einer Woche war die Leiche des 73 Jahre alten Reeders Yoo Byung Eun identifiziert worden. Sein Chauffeur stellte sich der Staatsanwaltschaft. Er soll dem milliardenschweren Schiffsbesitzer nach dem Unglück bei der Flucht vor der Polizei geholfen haben, wie die Nachrichtenagentur Yonhap berichtete. Der Reeder wurde wegen des Verdachts auf Korruption und Veruntreuung gesucht. Seine Todesursache ist unklar.

Quelle: n-tv.de , rpe/dpa