Die Amerikaner lieben kernige Generäle: Ob Indianerschlächter John Pershing, den einzigen je aktiven Sechs-Sterne-General, oder den «Rebell in Uniform» George Patton. Cobwoyromantik mischt sich mit der Feuerkraft der einzigen Weltmacht. Jüngstes Subjekt der Verehrung ist James N. Mattis, ein echter Repräsentant der Neuen Weltordnung.
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© US-VerteidigungsministeriumGeneral James Mattis.
«Mad Dog» nennen ihn liebevoll-bewundernd seine Marines, «Verrückter Hund». Auch «Krieger-Mönch» und - sein Kampfname - schlicht «Chaos». Vier-Sterne-General James N. Mattis (64) ist eine der schillerndsten Erscheinungen des US-amerikanischen Militärs. Gern pflegt er das Image des robusten Leitbild eines Soldaten des Marines Corps, der Elite-Einheit der US-Streitkräfte. «Die Marines wie ich selbst können das Wort Niederlage nicht einmal buchstabieren», sonnt er sich in der eigenen Siegesrethorik. Bekannt für seine gepflegte Respektlosigkeit spricht er frei von der Leber weg, was andere nur insgeheim denken. Getreu seinem Motto «Es gibt keinen besseren Freund und keinen gefährlicheren Feind als einen US-Marine.» (...)

Gleich drei mal konnte Mattis in jene Kriege ziehen, mit denen Amerika sein Vietnam-Trauma auskurieren und sich als Weltpolizist mit dem großen Knüppel profilieren wollte. Im ersten Waffengang gegen Saddam Hussein, der Operation Desert Storm 1991, trug sein Bataillon entscheidend zum Sieg bei. Nach 9/11 marschierte er mit seinen Soldaten in die ersten Bodenkampfoperationen des Krieges in Afghanistan. Im «längsten Angriff von See aus in der Militär-Geschichte», wie Verteidigungsminister Chuck Hagel den Schlag gegen die einst von der CIA aufgepäppelten Taliban rühmte, führte er seine «Task Force 68» ganze 400 Kilometer nach Afghanistan hinein, verfolgte den ominösen Osama Bin Laden und die ihn beherbergenden Islamisten.


Was war es für eine schöne Zeit am Hindukusch. «Also, ich muss sagen, das Kämpfen macht viel Spaß. Es macht eine ganze Menge Spaß... Es macht Spaß ein paar Leute zu erschießen. Du gehst nach Afghanistan und gerätst an Leute, die ihre Frauen fünf Jahre lang verprügeln, weil sie sich nicht verschleiert haben. Solche Leute sind ohnehin keine richtigen Männer mehr. Also macht es unheimlich viel Spaß, sie zu erschießen», ließ er sich 2005 bei einer Podiumsdiskussion in San Diego aus. Nachdem beachtliche Teile Öffentlichkeit diesen Humor nicht vollends teilten, erklärte Mattis später, er hätte seine Worte vielleicht vorsichtiger wählen können, er wurde jedoch nicht diszipliniert.

Bei der nächsten Invasion im Irak, 2003, eroberte General Mattis 1. Marine Division zuerst Bagdad und später Falludschah. Seinen Marines gab er einen Rat für den Umgang mit Eingeborenen beim Einzug in deren Städte und Dörfer: «Ich komme im Frieden. Ich bringe keine Artillerie. Aber ich sage Euch mit Tränen in den Augen: Wenn Ihr mich hintergeht, bringe ich Euch alle um!» Als die US-Luftwaffe im Mai 2004 in Maqarr adh-Dhib eine 40-köpfige Hochzeitsgesellschaft wegradierte, waren Mattis Tränen allerdings recht schnell getrocknet. «Wie viele Menschen gehen mitten in die Wüste, 16 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt, um eine Hochzeit 130 Kilometer fern jeder Zivilisation zu feiern? Das waren mehr als zwei Dutzend Männer im wehrfähigen Alter. Seien Sie doch nicht naiv.» (...)


Mattis ureigenstes Gebiet ist jedoch der Nahe Osten. Dessen Probleme, scherzte er neulich bei einer Rede an der Universitaet von Berkeley, haben ihn fast zum Trinken verleitet. Befragt was seine drei Haupt-Sorgen für die Region seien, antwortete er: «Iran, Iran und Iran.»

«Es ist ein Machtkampf der Sunniten gegen die Schiiten», so Mattis. «Und der wird ständig angefacht vom Iran, der sich als Hüter der Schiiten ansieht. Die Mullahs haben ihr Bestes getan, um die Region zu in Flammen zu setzen und Israel zu bedrohen. In Syrien greifen sie ein über Hizbollah und mit Waffenverkäufen an Präsident Assad, der längst nicht mehr im Amt wäre ohne die Unterstützung des Iran. Die Palästinenser benutzen sie als Waffe gegen Israel. Und den Irak ziehen sie ebenfalls massiv unter ihren Einfluss», erklärte Mattis seine Sicht der Welt. Der General ist überzeugt, dass die Iraner an einer Atombombe basteln. Generös gibt er Diplomatie und Sanktionen eine gewisse Chance. «Doch wenn nicht, was dann?», fragt der Mann, dessen Heimat eben doch das Feld und nicht die schlappe Etappe ist. Aber so richtig Lust auf Erschießen hat Mattis aktuell offenbar nicht: «Ein weiterer Krieg in der Region wäre furchtbar.» (...)

General Mattis ist im März 2013 nach 41 Jahren im Dienst in den Ruhetand getreten und hat seinen Amt an General Lloyd James Austin III. abgegeben. Obamas ziviler Sicherheitsberater Tom Donilon war irgendwie nicht sein Freund. Was würde er jetzt machen, fragte ein Journalist. Vielleicht in ein Kloster gehen? «Wer weiß», scherzte der General, «Wenn‘s da Bier und Frauen gibt!» Doch zunächst hält er Vortrage an Universitäten, arbeitet an einem Buch und vermisst seine Marines. Doch es gibt Gerüchte, dass man ihn zurückholen könnte.