Die Frankfurter Innenstadt wird von einem Starkregen heimgesucht, der locker für einen ganzen Monat reicht. Die Feuerwehr ist im Dauereinsatz. Sie muss bis zum Nachmittag mehr als 300 Mal ausrücken.
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Einen solchen Regen hat es in Frankfurt schon lange nicht mehr gegeben. „In der Innenstadt sind in den vergangenen zehn Jahren keine solchen Wassermengen runtergekommen“, betont Diplom-Meteorologe Dominik Jung. Im Westend wurden an einer privaten Messstation bis zum Nachmittag 72 Liter Regen pro Quadratmeter registriert und damit zwei Liter mehr, als sonst im ganzen August durchschnittlich üblich.

Der Starkregen hatte am Morgen gegen neun Uhr eingesetzt. Nach und nach trudelten die vom Regen gezeichneten Kollegen im Redaktionsgebäude der FR an der Mainzer Landstraße ein. Viele Kollegen tapsen kurz darauf barfuß durch die Redaktion. Nichts Ungewöhnliches im Monat August, sollte man meinen. Doch allzu sommerliche Gefühle kommen an diesem 15. August nicht auf und ganz freiwillig sind die Kollegen auch nicht barfuß. Denn wer an diesem Morgen mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs ist, holt sich auf dem Weg zur Arbeit mindestens nasse Füße. Einen Praktikanten der Lokalredaktion hat es besonders schlimm erwischt. Der junge Kollege ist komplett durchnässt. Er war mit der S-Bahn von Darmstadt unterwegs zur Galluswarte, als ihn am Hauptbahnhof eine Durchsage ereilt. Wegen einer Signalstörung ende der Zug am Hauptbahnhof. Da der Kollege nicht ortskundig ist, weicht er nicht auf die Straßenbahn aus, sondern läuft die Strecke. Aber auch andere sind pitschpatschnass. Immerhin hat die Redaktion branchenbedingt den Vorteil, genug Altpapier zum Ausstopfen der nassen Schuhe parat zu haben.

Unterdessen regnet es ununterbrochen heftig weiter. Glücklich ist, wer zunächst nicht wieder vor die Tür muss. Der Kollege S. etwa ist nur mittelmäßig begeistert, weil er gleich wieder zu einem Rundgang zu Fuß durchs Nordend aufbrechen muss. Mit vager Hoffnung greift er zum Telefonhörer. „Doch, doch, der Rundgang findet statt“, heißt es von Seiten des Veranstalters. Mit leisem Ächzen steigt S. wieder in seine nassen Schuhe und Socken. „Was bleibt mir anderes übrig“, sagt er schulterzuckend.

Doch es bleibt an diesem Freitag nicht nur bei nassen Schuhen. Die Feuerwehr rückt bis zum Nachmittag mehr als 300 Mal aus. „Und an vielen Einsatzorten sind wir noch gar nicht gewesen“, sagt Sprecher Thomas Gruber. 360 Feuerwehrleute sind im Einsatz. Die Profis greifen dabei auf die Unterstützung der 28 Freiwilligen Feuerwehren in Frankfurt zurück. Die Kollegen helfen, für sie etwas ungewohnt, in anderen Stadtteilen aus. So ist etwa die Freiwillige Feuerwehr Heddernheim in der Innenstadt im Einsatz. Denn der anhaltende Starkregen konzentriert sich vor allem auf einen Streifen nördlich des Mains. Am Flughafen oder in Sulzbach im Taunus etwa, kommen in der gleichen Zeit nur fünf Liter pro Quadratmeter runter.

In den Bürogebäuden im Gallus stehen viele gleichermaßen staunend wie kopfschüttelnd an den Fenstern und beäugen die Wassermassen, die vom Himmel fallen. Fast im Minutentakt sind nun die Einsatzsirenen der Feuerwehr zu hören. Besonders viel zu tun haben die Einsatzkräfte im Einkaufszentrum Skyline Plaza. Dort steht am Nachmittag die Anlieferebene teilweise bis zu einem Meter unter Wasser. „Das dürften mehrere Hundert Kubikmeter Wasser sein“ schätzt Feuerwehrsprecher Gruber. Die Rettungskräfte rücken mit schwerem Gerät an. Ein Löschroboter, der aussieht wie eine Schneekanone, soll das Wasser abpumpen. Einfache Feuerwehrschläuche reichen da nicht mehr aus. Die sind dafür aber an vielen anderen Stellen im Gallus im Einsatz. Bei den Kollegen von der FAZ zum Beispiel. Im dortigen Archiv im Keller steht das Wasser knöchelhoch.

Auch im Gebäude der FR auf der anderen Straßenseite macht sich der Regen über die nassen Schuhe hinaus bemerkbar. In den Toiletten im Erdgeschoss drückt es durch die Wassermassen die Fäkalien wieder hoch. „Oft ist die Kanalisation überfordert“, so Gruber.

Veranstaltungen fallen ins Wasser

In den meisten Fällen rückt die Feuerwehr wegen voll gelaufener Keller und Tiefgaragen aus. Das sind Routineeinsätze für die Feuerwehr, doch einzelne haben durch das Wasser im Keller einen beträchtlichen Schaden. Im Eiscafé La Perla am Paulsplatz etwa hat das Wasser große Teile der Vorräte verdorben. „30 Jahre hatten wir keine Probleme mit Wasser im Keller und jetzt zweimal in zwei Jahren“ jammert der Chef.

Wie hoch der durch den Starkregen in Frankfurt verursachte Schaden ist, kann die Feuerwehr am frühen Abend nicht mal schätzen. Zu viele Einsätze stehen noch bevor.

Kollege S. kam nicht um seinen Spaziergang im Nordend herum, aber manche Veranstaltung fiel doch buchstäblich ins Wasser. So wurde die für Freitagabend angesetzte Performance zur Erinnerung an die sogenannten Sperrbatzenkrawalle am Allerheiligentor abgesagt.

Die Schuhe der Kollegen sind zum Feierabend wieder trocken. Viele wollen jetzt schnell nach Hause, denn von Südwesten her zeigen sich schon wieder neue Regenwolken.