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Kommentar: In diesem Artikel lesen Sie, was wie ein Prozess aussieht, der im Buch Politische Ponerologie beschrieben ist: Die "ideelle Wachsamkeit" der Pathokratie an der internen Propagandafront. Ideell Andersdenkende werden hier durch ein verfassungswidriges Gesetz aus der Regierung gefegt, damit die weiteren Schritte ohne größeren Widerstand durchgeboxt werden können. Staatspräsident der Ukraine, Poroschenko, wird bald danach in die USA fliegen, um Obama zu treffen und weitere Untersützung (und wahrscheinlich Instruktionen) zu bekommen.


Das gesetzgebende Organ der Ukraine hat kurz vor der vorfristigen Auflösung der Obersten Rada [Sott.net Anmerkung: Rada = Parlament], die der Präsident der Ukraine am 26. August ankündigte, in erster Lesung das Gesetz über die Lustration verabschiedet. Das Wesen dieser Initiative besteht darin, dass die Personen, die während der Regierung von Viktor Janukowitsch führende Ämter bekleideten, sowie Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden und Staatsbeamten, die infolge ihrer Dienstpflichten etwas taten, was für den Euromaidan negativ war, ein Fünf-Jahres-Verbot erhalten, Posten in verschiedenen Machtbehörden zu bekleiden.

Das war eine der Hauptforderungen der Teilnehmer an der Kiewer Revolution und danach auch der radikalen Nationalisten. Poroschenko erklärte, dass die Wahlen im Grunde genommen eine Lustration sind. Der Präsident braucht eine neue Rada in Wirklichkeit, wie schon absolut klar wurde, als ein Taschenorgan, das die gegenwärtigen Behörden auf keine Weise kritisieren wird. Poroschenko will die so genannte Fünfte Kolonne von den Behörden trennen. Ihr gehören nach Ansicht von Kiew alle an, die Russland nicht verfluchen. Aber die Nazis, „richtige“ Gruppen von Oligarchen, zahme Politiker, die dem vom Präsidenten gegründeten Block von Pjotr Poroschenko angehören, sind im neuen Parlament herzlich willkommen.

Der Leiter der Gebietsvertretung der „Stiftung von konzeptuellen Technologien“ Walerij Pjakin sagte, dass die Auseinanderjagung der Obersten Rada das gegenwärtige Regime endgültig illegitim mache:
„Das Regime von Poroschenko war bedingt legitim, bis das Parlament, das von dem Volk gewählt wurde, seine Funktionen ausübte. Deshalb werden sie jetzt an einer maximalen Verschärfung ihres Regimes und daran interessiert sein, dass man keinen alternativen Standpunkt hört. Deshalb werden schon die ersten Beschlüsse so ausfallen, dass Menschen, die dieses nicht legitime Regime destabilisieren könnten, nicht in die Machtbehörden gelangen. Das Gesetz über die Lustration ist für sie für die Stabilität der Verwaltung prinzipiell wichtig.“
Die Wahlen zum Parlament sind kurzum natürlich eine Art Lustration, die aber eine recht begrenzte Wirkung - nur im Rahmen der Obersten Rada - hat. Man muss Andersdenkende in den Streit- und Sicherheitskräften, den örtlichen repräsentativen Organen, Gerichtshöfen, regionalen Administrationen verbieten. Also wird die neue Rada das Gesetz über die Lustration zweifellos verabschieden. Das ist eine Frage der Zeit. Es ist absolut egal, dass es absolut verfassungswidrig ist.

Jeder Mensch kann ja laut dem ukrainischen Grundgesetz zum Beispiel Abgeordneter werden, wenn er keine nicht getilgte Vorstrafe hat. Man kann übrigens die Verfassung wechseln, das ist nicht schwer. Etwas anderes ist bemerkenswert: Unter die Lustration fallen auch solche Politiker wie Poroschenko selbst, der Ministerpräsident Jazenjuk, der ehemalige Rada-Vorsitzende Turtschinow, der Leiter der ukrainischen Sicherheitsbehörde Naliwajtschenko, die wichtige Ämter in den Regierungsstrukturen bekleideten, als Viktor Janukowitsch Staatsoberhaupt war. Der Politologe Alexander Guschtschin meint, dass die Gesellschaft manchmal das Gesetz über die Lustration braucht, obwohl es die Rechte verletzt, wie das in einigen osteuropäischen Ländern der Fall war. Die Ukraine ist eine andere Sache:
„Die ukrainische Spezifik zeichnet sich durch regionale Unterschiede aus, und die Lustration kann den Interessen der Bürger, die ihre Vertreter wählten, einen starken Schlag versetzen. Deshalb wird das Gesetz über die Lustration in der Ukraine kein Bürgereinvernehmen bringen. Im Gegenteil. Es kann neue Trennungslinien im Land schaffen.“

Kommentar: Kein Bürgereinvernehmen? Was ist plötzlich mit der Demokratie passiert?


Die „Hexenjagd“, die in der Ukraine eingeleitet wurde, indem der Staat im Grunde genommen in Teile zerfällt, wird ihren Bürgern ganz bestimmt keinen Frieden und kein Einvernehmen bringen. Die Lustration ist nichts anderes als eine Phase der Demontage des Staates. Ein kritischer Blick auf die Behörden, die Präsenz eines alternativen Standpunktes in den Behörden sind ja ein Unterpfand ihrer Effektivität, des Gleichgewichts verschiedener Kräfte und folglich auch der Stabilität des ganzen Staates. In Kiew weist man diese Erwägung jedoch völlig zurück.