Aus den rund 400.000 Google-Treffern, die mittlerweile unter diesem Suchbegriff gefunden werden (zum Vergleich des Verbreitungsgrades: Das Unwort des 20. Jahrhunderts „Menschenmaterial“ liefert rund 63.000, das Unwort des Jahres 2013 „Sozialtourismus“ 54.000), soll die beigefügte Auswahl einiger aktueller Beispiele aufzeigen, zu welchen Anlässen dieser Begriff unter anderem derzeit gebraucht wird:
- Tagesanzeiger: (01.02.2014 „Der forsche Jungpolitiker [...] vertritt teilweise ein eigenartiges Weltbild und umgibt sich mit auffälligen Freunden. Manche von ihnen gehören zur umstrittenen Szene der Verschwörungstheoretiker.“)
- rbb-online: (22.04.2014 „Hipster, Alt-68er und Verschwörungstheoretiker“)
- fr-online: (27.04.2014 „Die Allianz der Verschwörungstheoretiker“)
- Die Welt: (21.05.2014 „Das große Fressen für Verschwörungstheoretiker“)
- taz: (20.08.2014 „Verschwörungstheoretiker, Rassisten und Pöbler“)
- Süddeutsche: (03.11.2014 „Das Verfassungsgericht klingt wie ein Verschwörungstheoretiker“)
- Tagesspiegel: (23.11.2014 „Egon Bahr und die Verschwörungstheoretiker“)
- Die Welt: (05.12.2014 Die Opec ist ferngelenkt, der Goldpreis von unheimlichen Eliten manipuliert - in Zeiten des Umbruchs haben Verschwörungstheoretiker regen Zulauf. Dafür gibt es eine einfache Erklärung.)
- Frankfurter Allgmeine: (09.12.2014 „Verschwörungstheoretiker formieren sich in Deutschland“)
- Frankfurter Rundschau Online: (10.12.2014: „Pegida, Hogesa, NPD, AfD, Verschwörungstheoretiker - und mittendrin die Friedensbewegung: In Deutschland bilden sich derzeit erstaunliche Bündnisse. Links und rechts tun sich zusammen.“)
- Der Spiegel: (11.12.2014 „Unter dem Motto "Friedenswinter" wollen am Wochenende Tausende auf die Straße gehen, das Bündnis versammelt Putin-Fans, Pazifisten und Verschwörungstheoretiker. Im Zentrum ihrer Kritik steht Bundespräsident Gauck.“)
- taz: (11.12.2014 „Der Frieden der Wirrköpfe [... ] darunter auch Verschwörungstheoretiker, Antisemiten und Neurechte verschiedener Couleur“)
- Zeit Online: (13.12.2014 „... daneben steht der Wagen der neuen Montagsmahnwachen, unter deren Dach sich verschiedenste Verschwörungstheoretiker und "Reichsbürger" versammeln“)
- Tagesspiegel: (13.12.2014 „Verschwörungstheoretiker, Linke und Neonazis gegen Gauck“)
Die subtil irreführende und negative Wirkung des Begriffs „Verschwörungstheoretiker“ wird durch folgende Analyse der Wortbildung deutlich:
- Der Begriff „Verschwörung“ ist überwiegend negativ besetzt und wird mit geheimen Absprachen in Verbindung gebracht, die das Ziel haben, anderen zu schaden. Dementsprechend gibt es kaum Gruppen, die sich selbst so bezeichnen.
- Ein „Theoretiker“ kann ein Denker bzw. Kopfarbeiter sein oder jemand, der zwar etwas von der Theorie versteht aber wenig von der Praxis. Der Begriff ist neutral bis negativ besetzt. Ein Theoretiker wird allerdings grundsätzlich nicht als Gegner der Sache wahrgenommen, mit der er sich beschäftigt. Die Bezeichnung steht eher für jemanden, der etwas damit zu tun hat oder daran beteiligt ist, was z.B. durch einen Vergleich mit willkürlich gewählten, vergleichbaren Komposita hervorgeht: Kriegstheoretiker, Waffentheoretiker, Wirtschaftstheoretiker, Regierungstheoretiker, Universitätstheoretiker, Nazitheoretiker, Kirchentheoretiker usw.
- Focus: (06.01.2014 „Verschwörer vermuten leere Goldtresore in den USA.“
- Profil: (04.08.2014 „Verschwörer Heinz-Christian Strache [...] verbreitete eine ganze Reihe von Verschwörungstheorien.“)
- Die Welt: (28.10.14 „Plattform für Verschwörer und Wirrköpfe“
- The European (11.11.2014 „Angesichts der Heterogenität der Verschwörungsbewegung könnte man von einem Randphänomen ausgehen.“)
- Wikipedia: (21.11.2014 „Michael Mross (* 1958 in Köln) ist ein deutscher Autor, Wirtschaftsjournalist, Moderator, Dokumentarist und Verschwörungsideologe.“)
- Die ZEIT Online: (23.11.2014 „Das verschwörungsfreundliche Compact-Magazin lädt zur "Friedenskonferenz" und erklärt die Weltordnung.“)
- Publikative.org: (23.11.204 „[...] dass er offenbar an bestimmte Theorien glaubt, die in der Verschwörungsszene durchaus beliebt sind.“)
- Märkische Allgemeine Online: (23.11.2014 „Die korrespondierende Verschwörungstheorie ist [...] FortgeschritteneVerschwörer sagen nun [...]“
- Wikipedia: (06.12.2014 „Amateurreporter der Verschwörungsbewegung «We Are Change Switzerland» (WAC)“
- Der Spiegel Online: (07.10.2014 „Xavier Naidoo: Pop-Sänger richtet sich an Verschwörer-Klientel“)
- n-tv: (13.12.2014 „Verschwörung für den Frieden“, [...] „Verschwörer-Mahnwachen“)
Die Wahl des Begriffs „Verschwörungstheoretiker“ zum Kampfbegriff des Jahres 2014 kann zu einem entscheidenden Denkanstoß für diejenigen werden, die diesen Begriff entweder bewusst als Abwertung einsetzen oder gedankenlos verwenden, während sie sich der Wirkung von Sprache in der öffentlichen Kommunikation nicht bewusst sind. Ein großes Medienecho auf diese ausschlaggebende Wahl könnte eine grundlegende gesellschaftliche, hoffentlich selbstkritische Debatte auslösen, die einen richtungsweisenden Wandel in Richtung einer wertschätzenden Diskussionskultur und mehr Sprachbewusstsein bewirken kann.
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