Eine Serie von Unfällen hat am Dienstag in der türkischen Millionenmetropole Istanbul zu massiven Verkehrsbehinderungen geführt. Ursache waren plötzlich auftretende Starkschneefälle, die die Stadt mit einer weißen Decke überzogen haben. In diesem Fall spricht man dabei vom Lake Effect Snow, an dem das Schwarze Meer beteiligt ist. Was ist die Ursache?
Starkschneefälle Istanbul
© DHAFußgänger gehen auf Busfahrspuren
Schneechaos zur Rush Hour

Die Starkschneefälle in Istanbul und vielen weiteren Provinzen im Norden und Westen der Türkei setzten dabei nach einem ruhigen Vormittag erst im Tagesverlauf ein. Bis zur Stoßzeit am Nachmittag setzte dann Schneefall ein, der sich rasch verstärkte und die Stadt mit einer weißen Decke überzog. Dies sorgte auf den glatten Straßen Istanbuls für ein Chaos. Die 14-Millionen-Metropole hat ohnehin mit dem starken Verkehr zu kämpfen, doch glättebedingte Unfälle sorgten nun dafür, dass er dann vollends zusammenbrach.


Dafür sorgte nicht zuletzt auch ein Glätteunfall an der Haltestelle Haramidere des Metrobus. Der Metrobus ist eines der wichtigsten Verkehrsmittel in Istanbul zur Entlastung der Hauptverkehrsstraßen, für ihn sind eigene Spuren eingerichtet, auf denen er die Pendler zur Arbeit und zurück bringt. Ein PKW kam nun auf der durch Schneematsch glatten Straße ins Rutschen und verunfallte so, dass beide Richtungen der Metrobus-Spuren blockiert waren. Dementsprechend kam es zu ungewöhnlichen Menschentrauben, die sich an den Haltestellen der Verkehrsknotenpunkte einfanden. Nachdem diese teils eine Stunde erfolglos auf ihren Bus gewartet hatten, liefen sie teils über die Metrobus-Spuren nach Hause. Bilder hiervon tauchten im Internet auf und verbreiteten sich nachfolgend auch in den sozialen Medien.

Lake Effect Snow

Am Mittwochmorgen um 7 Uhr unserer Zeit wurden aus Istanbul immerhin noch 10 cm Schnee gemeldet bei einer Temperatur von etwas über null Grad und leichtem Tauwetter. Einen Tag zuvor war die Stadt schneefrei. Starkschneefälle gab es auch insbesondere auf den küstennahen Straßen und Autobahnen, die - ähnlich wie in Istanbul - zeitweise gesperrt werden mussten. Auch blieben einige Schulen am Mittwoch noch geschlossen.

Trotz seiner geographischen Breite ist Schnee im Norden der Türkei keine Seltenheit. Dennoch zeigte sich dieser Winter bisher extrem - immer wieder kommt es zu Meldungen von extremen Neuschneemengen von örtlich teils über 100 oder über 200 cm an einem Tag. Hat man an einem Tag sein Auto arglos an die Straße gestellt, so ist es dann möglich, dass man es am nächsten aus dem Schnee ausgraben muss. Wie kommt es zu diesen extremen Schneeereignissen?

Das bereits benutzte Schlagwort ist der Lake Effect Snow. Dieser Begriff wurde vor allem in den USA geprägt, da es an den südlichen Ufern der Great Lakes, zum Beispiel in Chicago, immer wieder zu ähnlichen Starkschneefällen kommt. Die Wetterlage ist dabei in beiden Fällen ähnlich und kann derzeit gut mithilfe von MeteoEarth.com nachvollzogen werden: Voraussetzung ist ein Vorstoß arktischer Luftmassen von Norden her. In der Höhe dabei damit teils extrem kalte Luft über die Wasserflächen der Großen Seen (im Falle der USA) oder des Schwarzen Meeres (wie im aktuellen Fall). Diese sind aber deutlich milder, das Schwarze Meer meldet momentan Oberflächentemperaturen von 9 bis 11 Grad plus, in knapp 1,5 km Höhe herrscht dagegen strenger Frost um -10 bis -12 Grad. Durch dieses starke Temperaturgefälle mit der Höhe kann die Luft sehr leicht aufsteigen, etwa so, wie wenn man einen Luftballon am Boden eines Schwimmbeckens loslässt. Und auf seinem Weg nach oben nimmt das Luftpaket viel Feuchtigkeit mit, die stark abgekühlt wird. Damit kann es den Wasserdampf nicht mehr halten, und es kondensiert, sodass bei den Temperaturen Schnee fällt.

Der Wind zwischen Hoch "Hanne" über Westrussland und einem Tief über der südöstlichen Türkei bringt dabei die entstehenden Schneeschauer vom Schwarzen Meer an die Küste, wie auch am Windstream mit MeteoEarth.com zu sehen ist. So sind in Istanbul auch heute noch weitere Schneeschauer zu erwarten, im Laufe der kommenden Nacht bringt das besagte Tief allerdings mildere Luft auch in der Höhe heran. Das hat zur Folge, dass in der kommenden Nacht der Schnee allmählich zu Schneeregen oder Regen wird und schließlich ganz aufhört. Da sich allerdings die großräumige Druckverteilung über Osteuropa auch in den nächsten Tagen und Wochen wohl nur wenig verändern dürfte, muss mit weiteren "weißen Überraschungen" gerechnet werden.