Wie sich aus einer Fülle durchgesickerter Spionageberichte ergibt, hat der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gelogen, als er vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen warnte, der Iran stünde kurz davor, Atomwaffenfähigkeiten zu entwickeln. Zudem hat offenbar der amerikanische Geheimdienst CIA verdeckt versucht, trotz eines offiziellen amerikanischen Verbots, mit der Palästinenserorganisation Hamas Kontakte aufzunehmen.
Netanjahu
© picture-alliance
Das umfangreiche geheime Material, das dem arabischen Nachrichtensender Al-Dschasirazugespielt wurde und von diesem nun zusammen mit der britischen Tageszeitung The Guardian nach und nach veröffentlicht wird, umfasst Kommunikationen zwischen verschiedenen Geheimdiensten weltweit.

Den Kern bilden allerdings Kommunikationen zwischen dem Geheimdienst Südafrikas mit verschiedenen Diensten anderer Länder. Unabhängige Recherchen des Guardian haben die Authentizität dieser Dokumente bestätigt, die einen weitreichenden Einblick in die Schattenwelt der weltweiten Geheimdienstgemeinschaft geben. Im Folgenden einige Beispiele:


Iran stand keineswegs kurz vor Fertigstellung von Atomwaffen


Im September 2012 erklärte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen, der Iran stehe kurz vor Abschluss seiner Arbeiten an einer Atombombe und unterstrich seine Behauptung mit einer extra angefertigten Zeichnung, die eine Bombe mit brennender Lunte zeigte.

Demgegenüber kommt ein Memorandum des israelischen Geheimdienstes Mossad im Oktober 2012 zu dem Schluss, der Iran sei zwar bemüht, »bestimmte Lücken in Bereichen, die − wie Reaktoren zur Anreicherung − offenbar legitim sind, zu schließen. Dies wird den erforderlichen zeitlichen Rahmen zur Waffenproduktion ab der Zeit, in der die Anweisung tatsächlich erteilt wurde, verkürzen«.

Andererseits gebe es keine Anzeichen dafür, dass die Islamische Republik »Aktivitäten betreibe, die zur Waffenproduktion notwendig sind«.

Diese Denkschrift des Mossad widerspricht der immer wieder von Netanyahu geäußerten Behauptung, die Atomfähigkeiten des Iran stellten eine existenzielle Bedrohung Israels und ein Risiko für die weltweite Sicherheit dar.

CIA versucht trotz offiziellen amerikanischen Verbots, Kontakte zur Hamas aufzubauen

Ein anderes Dokument zeigt auf, das die CIA trotz eines eindeutigen Verbots der amerikanischen Regierung, über verschiedene inoffizielle Kanäle versuchte, Kontakte zur palästinensischen islamistischen Bewegung Hamas zu knüpfen. So versuchte ein CIA-Mitarbeiter über eine südafrikanische Einrichtung 2012, in Kontakt mit der Hamas zu treten.

Während einer Phase von Zusammenstößen zwischen Hamas und israelischen Sicherheitskräften trafen sich amerikanische und südafrikanische Geheimdienstmitarbeiter in Ostjerusalem.

In dem Dokument heißt es, die amerikanische Seite sei »sehr daran interessiert, Zugang zur Hamas in Gaza zu erhalten und würde es begrüßen, wenn die SSA [die Südafrikanische Behörde für Staatssicherheit] ihnen diesen Zugang ermögliche«.

Obama versuchte Palästinenserpräsident Abbas »einzuschüchtern«, um den Antrag auf Aufnahme in die Vereinten Nationen zu verhindern

Ebenfalls 2012 übte US-Präsident Barack Obama massiven Druck auf Palästinenserpräsident Mahmut Abbas aus, der damals beabsichtigte, zu beantragen, als Nichtmitgliedsstaat mit Beobachterstatus in die Vereinten Nationen aufgenommen zu werden.

In einem Telefongespräch mit Abbas drohte Obama »Präsident Abbas, wenn er gegenüber den Vereinten Nationen an seinem Antrag festhalte«, mit Konsequenzen, heißt es in einem Bericht des südafrikanischen Geheimdienstes vom November 2012.

Dessen ungeachtet hielt Abbas an seinem Antrag fest, dem dann auch am 29. November mit großer Mehrheit in der Vollversammlung zugestimmt wurde.

Israel verschaffte sich gestohlene südafrikanische Panzerabwehr-Technologien

Aus einem geheimen Mossad-Bericht aus dem Jahr 2010 geht hervor, dass Südafrika den Diebstahl von Plänen für südafrikanische Panzerabwehrraketen durch Israel vertuschte. Als zwei Personen wegen des Diebstahls vor Gericht gestellt wurden, hielt die Staatsanwaltschaft bewusst Informationen zurück, die das Ausmaß der Beteiligung Israels enthüllt hätten.

Während des Prozesses wurden den Journalisten irreführende Informationen weitergegeben, nach denen Israel die gestohlenen Dokumente angeboten worden wären, Israel aber kein Interesse gezeigt habe. Die Schwarzmarkthändler wurden freigesprochen.

Allerdings enthüllen die nun veröffentlichten Dokumente, dass israelische »Geschäftsleute« tatsächlich die Pläne erworben und an den Mossad weitergegeben hatten.

In den Dokumenten ist auch die israelische Antwort auf die südafrikanische Forderung enthalten, die gestohlenen Pläne zurückzugeben.

»Angesichts der engen und intensiven Zusammenarbeit« zwischen den Geheimdiensten beider Länder »können wir zumindest die Pläne an Sie zurückgeben«, heißt es dort.

Copyright © 2015 by RussiaToday