Die US-amerikanische Denkfabrik Stratfor hat eine Prognose für globale Entwicklung in den nächsten zehn Jahren veröffentlicht. Für die USA wird darin eine stabile Zukunft gemalt, der EU und Russland wird ein Auseinanderfallen vorhergesagt. Russische Experten warnen davor, die Stratfor-Prognose ernst zu nehmen.
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Die Vereinigten Staaten würden bis 2025 ihre wirtschaftliche, politische und militärische Hegemonie beibehalten, wenn auch eine vorsichtigere Außenpolitik betreiben, schreibt Stratfor. Die Zukunft der Europäischen Union und Russlands sieht der US-Think-Tank, der auch als privater Geheimdienst bezeichnet wird, nicht so optimistisch. Die EU sei mit einer Krise konfrontiert, die sich zunehmend verschärfe. „Wir erwarten, dass die Europäische Union nie mehr ihre frühere Einheit wieder erlangt, und — wenn sie überhaupt überlebt — in den nächsten zehn Jahren eher begrenzt und fragmentiert operieren wird“, heißt es weiter.

Die Denkfabrik erwartet, dass Russland in den nächsten Jahren um seine Sicherheit kümmern und versuchen werde, die Exporte zu diversifizieren und den Anteil der Rohstoffe verringern. Dabei hält es Stratfor für unwahrscheinlich, „dass die Russische Föderation in ihrer jetzigen Form im kommenden Jahrzehnt weiter bestehen wird.“ „Westlich von Russland werden Polen, Ungarn und Rumänien versuchen, die Gebiete zurückzuholen, die sie einst an Russland verloren haben“, so Stratfor. Im Süden werde Russland die Kontrolle über den Nordkaukasus verlieren; im Nordwesten werde die Teilrepublik Karelien nach Möglichkeiten für einen Anschluss an Finnland suchen. „Im Fernen Osten werden Küstengebiete enge Beziehungen mit China, Japan und den USA eingehen.“

In China ist die Zeit des zügigen Wirtschaftswachstums laut Stratfor vorbei. Das Reich der Mitte sei in eine neue Etappe eingetreten, in der es schwächere Wachstumsraten und eine zunehmende Zentralisierung geben werde. China werde seine Rolle als globale Wirtschaftstriebkraft an Staaten in Südostasien, Ostafrika und Lateinamerika verlieren.

Russische Experten halten die Stratfor-Prognose für zweifelhaft. Fjodor Lukjanow von der Nichtregierungsorganisation „Rat für Außen- und Verteidigungspolitik“ bezeichnete das Stratfor-Papier als „Belletristik, die man nicht ernstnehmen sollte“. Auch Alexej Arbatow vom Institut für Weltwirtschaft und internationale Beziehungen der russischen Wissenschaftsakademie glaubt nicht an einen Zerfall Russlands und der EU. Nach seiner Prognose wird die Europäische Union in den nächsten zehn Jahren nicht zerbröckeln, aber auch keine neuen Mitglieder aufnehmen. „Auch bin ich überzeugt, dass Russland die Kontrolle über den Nordkaukasus nicht verlieren, sondern hingegen festigen wird.“