Wien/Stockholm - 200 Jahre lang rätseln Experten schon über die Entstehung der sogenannten Hummeln-Struktur in der Provinz Smaland in Südschweden. Ein Wissenschafter des Naturhistorischen Museums (NHM) Wien hat nun gemeinsam mit schwedischen Kollegen nachgewiesen, dass es sich dabei um den rund 470 Millionen Jahre alten Einschlagkrater eines Meteoriten handelt, berichten sie im Fachjournal Geology.
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© UnbekanntEintritt eines Meteor in die Erdatmosphäre - künstlerische Wiedergabe
Spekulationen über die vollständig vom Hummeln-See bedeckte Struktur reichen bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. In den 1930er-Jahren zeigten Messungen eine kreisförmige Vertiefung im Seeboden, mit einem Durchmesser von rund 1,2 Kilometer und bis zu 160 Meter tief. Man ging damals davon aus, dass dieser Krater durch vulkanische oder tektonische Aktivitäten entstanden ist. Erst in den 1960er-Jahren tauchten Vermutungen über einen Meteoriteneinschlag auf, Belege dafür fehlten allerdings und auch eine Bohrung brachte keine Ergebnisse.

Geschockte Quarzkörner gefunden

Erst als eine schwedische PhD-Studentin dem Impakt-Forscher Ludovic Ferrière Dünnschliffe von am Ufer des Hummeln-Sees gesammelten Gesteinen im Mikroskop zeigte, löste sich das Rätsel. Der Kurator der Gesteinssammlung und Ko-Kurator der Meteoritensammlung des NHM erkannte darin geschockte Quarzkörner, die ein eindeutiger Hinweis auf einen Meteoriteneinschlag sind. Weitere Analysen am NHM bestätigten den ersten Eindruck.

Für Ferrière ist es bereits der dritte von ihm entdeckte Impakt-Krater. Die Liste der bestätigten Einschlagkrater auf der Erde verlängert sich mit Hummeln auf 187 Einträge. "Das Entstehungsalter der Hummeln-Struktur von etwa 467 Millionen Jahren bestätigt zudem die Theorie, dass die Erde im Mittelordovizium einem heftigen Bombardement aus dem All ausgesetzt war", sagte Ferrière gegenüber der APA.

Erde wird von Meteoriten "bombardiert"

Von Untersuchungen an Meteoriten weiß man, dass vor rund 470 Millionen Jahren im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter ein großer Asteroid - von den Wissenschaftern "L-Chondrit-Mutterkörper" genannt - auseinanderbrach, wahrscheinlich durch den Zusammenstoß mit einem anderen Objekt. Dabei entstanden zahlreiche Trümmer, die auch die Erdbahn kreuzten. In Folge verhundertfachte sich über Millionen Jahre das Bombardement kleinerer und größerer Meteoriten auf der Erde.


Kommentar: Die Bombardierungen finden "regelmäßig" statt, so zumindest die beiden Forscher Victor Clube und Paul Napier. Sie beschreiben, dass die Erde sehr oft von Schwärmen und in regelmäßigen Abständen (ca. alle 4000 Jahre) getroffen wurde.


Bisher ist aber nur ein einziger Krater aus dieser Zeit, dem mittleren Ordovizium, belegt: der Lockne-Impakt in Mittelschweden. Bisher ging man davon aus, dass kleinere Krater auf der Erde nicht länger als mehrere Zehntausend bis ein paar Millionen Jahre erhalten bleiben. Der Hummeln-Krater dürfte durch Sedimente vor Verwitterung geschützt gewesen sein, ehe durch Gletschererosion die Struktur wieder freigelegt wurde. "Die Suche nach irdischen Einschlagkratern sollte daher zum besseren Verständnis der Bombardierungs-Geschichte der Erde fortgesetzt werden", so Ferrière.

Service: http://geology.gsapubs.org/content/early/2015/02/18/G36429.1.abstract