Unwetterartige Regenfälle und Gewitter haben am Dienstag in Teilen Mecklenburg-Vorpommerns zu Gebäudeschäden, Verkehrsbehinderungen und Dauereinsätzen für Feuerwehr und Polizei geführt. Besonders schwer traf es Bützow im Landkreis Rostock: Dort gab es schwere Zerstörungen in der Innenstadt. Dächer wurden abgedeckt, Straßen blockiert. Das Dach des Krankenhauses wurde massiv beschädigt. Die Patienten mussten in eine untere Etage verlegt werden. Nach Angaben von Landrat Sebastian Constien (SPD) wurden 30 Menschen durch umherfliegende Trümmerteile verletzt. Die meisten von ihnen zogen sich Schnittwunden zu.
Bützow Tornado Mai 2015
© UnbekanntBützow gleicht einem Trümmerfeld
Notunterkunft eingerichtet

Auch die Dächer eines Pflegeheimes und einer Kirche wurden teilweise abgedeckt. Der Katastrophenschutz des Landkreises hat eine Einsatzleistelle in der 8.000-Einwohner-Stadt eingerichtet, es sind mehr als 100 Rettungskräfte im Einsatz. Bundeswehr-Reservisten boten Hilfe an. Das Rathaus ist für Hilfesuchende geöffnet. Für Betroffene wurde eine Notunterkunft mit 300 Betten in der Turnhalle am Rühner Landweg eingerichtet.

Bürgermeister Christian Grüschow sprach von "massiven Schäden". Wegen der zum Teil stark beschädigten Gebäude können zahlreiche Bewohner wahrscheinlich erst am Wochenende in ihre Häuser zurückkehren. "Davon ist in den meisten Fällen auszugehen. Zunächst werden bei Tageslicht alle Schäden gesichtet", sagte ein Sprecher der Rettungsleitstelle Bad Doberan am frühen Mittwochmorgen. Ab 7 Uhr wollen die Einsatzkräfte ihre Arbeit fortsetzen.
Bützow Tornado Mai 2015
© UnbekanntMehrere Augenzeugen berichten von sogenannten Funnelclouds und Tornados.
"Schneise der Verwüstung" in Bützow

Der Sturm habe eine "Schneise der Verwüstung" durch den Ort gezogen, sagte eine Augenzeugin NDR.de. Im Ortskern "fehlt an jedem Haus irgendwo etwas", sagte sie weiter. "Die Innenstadt ist abgesperrt, zahlreiche Bäume sind umgestürzt". Menschen auf den Straßen seien damit beschäftigt, die Schäden zu beseitigen. Das Stadtgebiet bleibt laut Polizeiangaben bis mindestens Mittwochmorgen 6 Uhr abgesperrt.

Unterricht an zwei Schulen fällt aus

Möglicherweise richtete ein Tornado die Zerstörungen an, dafür sprechen Angaben von Augenzeugen. Außerdem sind manche Teile der Stadt fast komplett verschon geblieben, andere wurden jedoch schwer verwüstet. Laut dem Bildungsministerium fällt am Mittwoch in der Grundschule und Freizeithaus am Schlossplatz sowie in der Allgemeinen Förderschule der Unterricht aus. Eine Betreuung ist an der Regionalen Schule organisiert. Für eine Begleitung der Kinder auf dem Weg von der Grundschule zur Regionalen Schule ist gesorgt. Die Abiturprüfungen in Geschichte am Gymnasium in Bützow finden statt.

100 Einsätze in Westmecklenburg

Auch in Westmecklenburg gibt es Unwetterschäden. Vor allem in den Bereichen Boizenburg, Hagenow und Ludwigslust. Zu etwa 100 Einsätzen sei die Feuerwehr bis zum Abend gerufen worden. Die Lage sei chaotisch, so ein Sprecher. Noch immer seien die Einsatzkräfte damit beschäftigt, die Schäden zu beseitigen. Vor allem Bäume sind umgekippt und blockieren Fahrbahnen.

Bäume auf Autobahnen und Bundesstraßen

So war etwa die A 14 zwischen Schwerin-Ost und Dreieck Schwerin betroffen. Die B 106 Ludwigslust-Wismar wurde zwischen der A-24-Abfahrt Wöbbelin und Hasenhäge wegen umgestürzter Bäume in beiden Richtungen gesperrt. In Brüel bei Sternberg deckte der Sturm ein Dach ab, in Hornkaten bei Ludwigslust fiel ein Baum auf ein Wohnhaus. Auch das Polizeipräsidium Neubrandenburg meldete viele umgestürzte Bäume und abgedeckte Dächer. Das Stadtgebiet von Rostock blieb von größeren Schäden ebenso verschont wie der Landkreis Vorpommern-Greifswald. Im Kreis Vorpommern-Rügen rückte die Feuerwehr bis zum Abend zu 20 Einsätzen aus.

Tornados am Schweriner See und in Groß Laasch

Östlich des Schweriner Sees wurde ein Tornado beobachtet. Augenzeugen in Rampe und Jesendorf beobachteten, wie die Windhose über das Land zog. Im Umfeld des Tornados seien Hagelkörner "so groß wie Steine" niedergegangen. Auch durch Groß Laasch zog nach Angaben der Feuerwehr ein Tornado. Dabei wurden drei Häuser, mehrere Autos und ein Lkw teils schwer beschädigt. Ein Haus sei regelrecht explodiert, sagte ein Anwohner. Umherfliegende Trümmerteile trafen Autos. Auf einer Fläche von zwei Hektar wurden Bäume umgeknickt wie Streichhölzer. Nach Angaben des NDR 1 Radio MV Wetterexperten Stefan Kreibohm waren die meteorologischen Voraussetzungen für Tornados durchaus gegeben. So sei unter anderem eine rotierende Gewitterzelle zu beobachten gewesen.
Entstehender Tornado bei Warnow?
NDR 1 Radio MV

Ein schweres Unwetter ist am Dienstag über Mecklenburg-Vorpommern hinweggezogen. Dabei sind offenbar auch Tornados entstanden. Video (00:40 min)


Tornado bei Rampe:

Ein Hörer von NDR 1 Radio MV hat das Unwetter über dem Schweriner See am 5. Mai gefilmt. Bei 2:00 ist zu sehen, dass sich über Rampe ein Tornado bildet.


Eine Auswahl weiterer Tornados in Mecklenburg-Vorpommern

5.9.1792 Crivitz: Der vom Volksmund als "Crivitzer Fischregen" bezeichnete Tornado unbekannter Stärke soll über dem Crivitzer See so viel Wasser aufgesogen haben, dass sogar der Grund des Sees zu sehen gewesen sein soll. Das Wasser fiel laut Überlieferung auf die Plätze, die Gassen und Gärten der Stadt, es "regnete" Fische vom Himmel. Außerdem wurden die Dächer von Wohnhäusern und Scheunen abgedeckt und Bäume entwurzelt.

20.7.1846 Gegend um Warnow: In einigen Dörfern und Gehöften werden Scheunen und Häuser abgedeckt, einige ganz zerstört. Ein Bauer wird von einer umstürzenden Eiche erschlagen.

9.8.1881 Wustrow: Ein "Gewitter mit starkem Wirbelwinde" bringt ein Boot mit Badegästen aus Graal-Müritz zum Kentern. Acht Passagiere ertrinken.

15.7.1936 Ahrenshagen: Ein Tornado der Stärke F4 zieht in Vorpommern von Südwesten her über Teile von Ahrenshagen, Trinwillershagen, Wiepkenhagen und Lüdershagen. Mehrere Gebäude werden dem Erdboden gleich gemacht. Die Schneise ist etwa elf Kilometer lang und 50 bis 70 Meter breit. Laut einer Augenzeugin reißt der Tornado Futterrüben aus dem Boden und Pflastersteine aus der Straße. Ein toter Hund wird vier Kilometer weit durch die Luft gewirbelt.

24.5.1948 Ahrenshagen: Ein Tornado der Stärke F2 bis F3 beschädigt das Pfarrhaus und zerstört die Pfarrscheune.

22.6.1965 Lübesse: Ein F2-Tornado zerstört südlich von Schwerin zwei Scheunen.

21.5.2009 Plate: Am Abend des Himmelfahrtstages zieht ein F2-Tornado vom südlich von Schwerin gelegenen Plate bis Ruthenbeck und beschädigt mehr als 60 Gebäude und 17 Pkw. Allein in Plate wird der Schaden auf 3,5 Millionen Euro beziffert.

23.8.2010 Usedom: Ein F2-Tornado entwurzelt 500 Bäume bei Neppermin und beschädigt mehrere Wohnwagen auf einem Campingplatz.

28.8.2010 Warnemünde: Eine Wasserhose wirbelt über die Strandpromenade. Fünf Menschen werden durch umherfliegende Gegenstände leicht verletzt.
Bützow Tornado Mai 2015
© UnbekanntEin Auto liegt begraben unter einer umgestürzten Mauer.
Bützow Tornado Mai 2015
© UnbekanntEin anderes liegt umgestürzt auf dem Dach.
Bützow Tornado Mai 2015
© UnbekanntDie Wucht der Böen ist augenscheinlich
Bützow Tornado Mai 2015
© UnbekanntTrümmerteile haben sich in Hausfassaden gebohrt.
Groß Laasch Tornado Mai 2015
© UnbekanntAuch in Groß Laasch bei Ludwigslust wütet offenbar ein Tornado
Dütschow Unwetter Mai 2015
© UnbekanntWeiter östlich in Dütschow wird eine Halle schwer getroffen.
Rostock Unwetter Mai 2015
© UnbekanntAm Abend erreicht die Gewitterfront Rostock - mit schaurig-schönen Wolkenformationen. Die Hansestadt kommt glimpflich davon.