Der Wirkstoff in Tylenol, einem in Amerika beliebten Schmerzmittel, kann die emotionale Reaktion dämpfen. Das ergab eine Studie von Wissenschaftlern der Ohio State University,die in der Zeitschrift Psychological Science veröffentlicht wurde.

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»Probanden, die Acetaminophen [in Europa: Paracetamol] einnahmen, erlebten nicht dieselben Hochs und Tiefs wie andere, die ein Placebo erhielten«, erklärte der Wissenschaftler Baldwin Way. Dabei merkten die Teilnehmer an der Studie gar nicht, dass ihre Reaktionen beeinträchtigt waren. »Den meisten Menschen ist wahrscheinlich nicht bewusst, wie sich die Einnahme von Acetaminophen auf ihre Gefühle auswirken kann«, sagte Way.

Abgestumpft gegen starke Emotion

Die Forscher ließen 82 nach dem Zufallsprinzip eingeteilte Teilnehmer eine Tablette schlucken, die entweder ein Placebo oder Acetaminophen (Paracetamol), den Wirkstoff in Tylenol, enthielt. Eine Stunde später wurden allen Teilnehmern Fotos gezeigt mit Motiven, die von traurig (beispielsweise weinende Kinder, die unterernährt wirkten) über neutral (wie eine Kuh auf der Weide) bis glücklich reichten (zum Beispiel Kinder, die mit kleinen Kätzchen spielten). Die Teilnehmer wurden gebeten, jedes Foto auf einer Skala von positiv bis negativ zu bewerten. Anschließend zeigte man ihnen dieselben Fotos noch einmal und bat sie um die Wertung der Stärke des Gefühls, das jedes bei ihnen auslöste.

Wie die Forscher beobachteten, ordneten die Teilnehmer, die Acetaminophen (Paracetamol) genommen hatten, die Fotos »neutraler und emotional weniger intensiv« ein als diejenigen, die ein Placebo erhalten hatten.

Die Forscher wollten nun wissen, ob das Acetaminophen direkt auf die Gefühle wirkte oder nur die Fähigkeit der Teilnehmer beeinträchtigte, die Stärke eines Gefühls zu bewerten. Deshalb wiederholten sie denselben Versuch mit weiteren 85 Teilnehmern, die dieses Mal zusätzlich gebeten wurden, einzuschätzen, wie viel Blau jedes Foto zeigte. Erneut bewerteten die Teilnehmer, die das Acetaminophen genommen hatten, die Fotos als neutraler und weniger emotional intensiv als die Teilnehmer aus der Placebo-Gruppe. In der Bewertung, wie viel Blau ein Bild enthielt, gab es indes keinen Unterschied zwischen beiden Gruppen.

Das Ergebnis deutet darauf hin, dass Paracetamol direkt auf die emotionale Verarbeitung im Gehirn wirkt. Die Forscher betonten, dass die Menschen von Natur aus immer unterschiedlich auf emotionale Ereignisse des Lebens reagieren, positiv wie negativ; vielleicht stumpft das Medikament diese Sensibilität ab, selbst bei Menschen, die sonst stärker emotional reagieren.

»Es mehren sich die Hinweise, dass manche Menschen sensitiver auf große Lebensereignisse aller Art reagieren, und nicht nur durch schlimme Ereignisse verletzlich sind«, sagte Erstautor Geoffrey Durso. Überraschenderweise versuchten die Wissenschaftler, die gefühlsabstumpfende Wirkung von Acetaminophen (Paracetamol) als positiv zu werten, und nicht als beunruhigende Nebenwirkung.

»Die Einnahme von Tylenol oder ähnlichen Mitteln hat demnach weiter gehende Konsequenzen als bisher gedacht«, sagte Durso über die Ergebnisse. »Acetaminophen (Paracetamol) ist offenbar nicht nur Schmerzmittel, sondern auch ein Gefühlsdämpfer

Gefährlich für Gehirn und Leber

Die Wissenschaftler planen, die Studie mit Schmerzmitteln aus der Familie der nicht-steroidalen Entzündungshemmer (NSAID) wie Aspirin und Ibuprofen zu wiederholen. Diese Schmerzmittel wirken anders als Acetaminophen (Paracetamol), haben also möglicherweise nicht dieselbe Wirkung. Narkotika wie Morphium wirken noch über einen anderen Mechanismus.

Die Wissenschaftler verstehen noch nicht genau, wie Acetaminophen (Paracetamol) Schmerzen lindert, aber vieles deutet mittlerweile darauf hin, dass dabei die Fähigkeit des Gehirns, Kummer zu empfinden, abgestumpft wird. Eine Studie von Forschern der University of British Columbia, die schon 2013 in der Zeitschrift Psychological Science veröffentlicht wurde, zeigte, dass es möglicherweise auch das Gefühl von Empörung abstumpft, das zu moralischer Wertung führt.

Über die noch nicht völlig verstandene Wirkung auf das Gehirn hinaus ist Acetaminophen (Paracetamol) bekanntermaßen gefährlich für die Leber.

Tatsächlich zählt es zu den am häufigsten überdosierten Mitteln der Welt, und es ist das Medikament, das die größten Schäden anrichtet, wenn verschreibungspflichtige Mittel, die den Wirkstoff in Kombination enthalten, zu hoch dosiert werden. Allein in den Vereinigten Staaten werden jedes Jahr ungefähr 60 000 Menschen wegen Leberversagens durch Acetaminophen (Paracetamol) ins Krankenhaus eingewiesen.