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Es heißt, Galileo Galilei sei angesichts der Folterinstrumente, die man ihm zeigte, auf allen vieren zu den Inquisitoren gekrochen und habe um Gnade gefleht. Knapp 400 Jahre später flehte wieder einer vor der Inquisition um Gnade, der ein Dogma infrage stellte. Doch dieses Dogma beeinflusst heute mehr Menschen als die kindische Vorstellung der Kirche, dass sich die Sonne um die Erde drehe. Ross Ulbricht tat nicht weniger, als dass er das Dogma infrage stellte, dass der Staat das Recht habe, darüber zu bestimmen, ob Menschen friedlich miteinander handeln dürfen. Sein Verbrechen: Er ermöglichte genau dies. Der Macher der Online-Plattform Silk Road wurde zu lebenslanger Haft verurteilt.

In einem verzweifelten Versuch, seine Freiheit zu retten, warf sich Ulbricht seiner Inquisitorin verbal zu Füßen, sprach von einem »schrecklichen Fehler« und flehte:
»Ich hatte meine Jugend und ich weiß, Sie müssen mir meine mittleren Jahre nehmen, aber bitte lassen Sie mir meine Alterszeit. Bitte lassen Sie mir ein kleines Licht am Ende des Tunnels, einen Grund, gesund zu bleiben, einen Grund, von besseren Tagen zu träumen, die vor mir liegen, und eine Chance, mich in der freien Welt zu rehabilitieren, bevor ich meinen Schöpfer treffe.«
Ich habe selten traurigere Worte gelesen. Denn genauso wenig wie Galileo Galilei plötzlich daran gezweifelt hat, dass sich die verdammte Erde um die verdammte Sonne dreht, ist Ulbricht plötzlich der Meinung, dass eine sesselfurzende Richterin oder ein Gauner von einem Politiker darüber zu bestimmen hat, welche Leistungen Menschen untereinander austauschen.

Gewalt gegen Freiheit

Silk Road wurde explizit auf der libertären Grundannahme gegründet, dass jeder das Recht hat, selbst über seinen Körper zu bestimmen und friedlichen Handel zu betreiben, solange keinem Dritten Schaden entsteht. Auf der Plattform wurde Literatur über die Österreichische Schule, Libertarismus und Agorismus empfohlen.

Agoristen versuchen, dieses natürliche Recht jedes Menschen in die Praxis umzusetzen, indem sie Möglichkeiten schaffen, dass Menschen ohne Beteiligung des Staates frei untereinander handeln können. Doch wie der Fall Ulbricht zeigt, hat der Staat durchaus die Möglichkeit, seine Vorstellungen mit Gewalt durchzusetzen. Denn auf nichts anderem beruht der Staat als die größte Verbrecherorganisation der Welt: auf Gewalt.

Ohne den Staat gäbe es gar keine Mafia, denn deren Hauptgeschäfte wären gar nicht verboten. Ohne den Staat gäbe es auch die enormen Renditen im Drogengeschäft nicht. Nur weil Drogen verboten sind, können sie zum Hundertfachen des Herstellungspreises verkauft werden, was wiederum Beschaffungskriminalität nach sich zieht. Nur weil Drogen verboten sind, kann man deren Qualität nicht einklagen, so dass Leute an verunreinigtem Stoff sterben. Hier hat Silk RoadAbhilfe geschafft.

Eine wissenschaftliche Studie kam zu dem Schluss, dass Silk Road Gewalt, Einschüchterung und Revierkämpfe reduziert hat. Auf der Plattform konnte darüber hinaus die Qualität der Ware beurteilt werden, so dass weniger verunreinigter Stoff auf den Markt kam.

Konjunkturprogramm für die Mafia

Der »Krieg gegen Drogen« hat dazu geführt, dass die Gefängnisse voller Leute sind, die niemandem etwas getan haben, dass Milliarden an Steuergeldern verschwendet werden und mehr Leute abhängig sind als je zuvor, unter anderem, weil die hohen Renditen einen hohen Anreiz für Kriminelle bilden, Leute abhängig zu machen.

Jeder, der nicht gerade in der Gummizelle sitzt, weiß, dass man an jeder Ecke Drogen bekommen kann, wenn man das will. Das Verbot bewirkt nicht, dass Drogen verschwinden. Es bewirkt nur, dass sich eine gigantische Mafia wie in der Prohibition an unnatürlich hohen Renditen bereichern kann.

Staat treibt in die Anonymität

Selbst wenn die Plattform dazu genutzt worden sein sollte, tatsächliche Verbrechen zu begehen, wie beispielsweise gestohlene Kreditkartennummern zu verkaufen, wäre das nicht Ulbricht anzulasten. Das wäre genauso wie der Telekom vorzuhalten, wenn sich zwei Verbrecher über das Telefon verabreden.

Natürlich hilft die Anonymität Verbrechern, aber diese Anonymität ist ja nur nötig, weil sich der Staat erdreistet, Menschen vorzuschreiben, was sie untereinander handeln. Wäre dies nicht der Fall, gäbe es auch keinen Grund, etwas zu anonymisieren. Im Gegenteil, auf einem richtig freien Markt ist es immer besser, wenn sich die Akteure persönlich kennen. Das ist aber nicht möglich, wenn der Staat bestimmte Geschäfte von vornherein verbietet, obwohl sie keinem Dritten schaden.

Unbewiesene Mordaufträge

Um ein Exempel an Ulbricht statuieren zu können, hat der Staat schwere Geschütze aufgefahren. Daher sei an dieser Stelle erwähnt, dass Ulbricht nicht wegen angeblicher und unbewiesener Mordaufträge verurteilt wurde. Diese waren gar nicht Teil des Verfahrens, ganz abgesehen davon, dass es noch nicht einmal einen Beweis gibt, dass die angeblichen Opfer überhaupt reale Personen sind.

Zu allem Überfluss war der angebliche Auftragskiller ein verdeckter Ermittler und die E-Mail-Adresse, von der die Aufträge angeblich kamen, wurde von mehreren Leuten benutzt. Es geht hier auch nicht darum, zu beurteilen, ob hier Gesetze richtig angewandt wurden. Denn wie der libertäre Autor Jeffrey Tucker so schön schrieb: »Was falsch ist, ist das Gesetz selbst.«

Dubiose Inquisitorin

Es geht hier darum, die unglaubliche Amoralität des Systems aufzuzeigen. Doch noch brutaler als das System selbst ist in diesem Fall die Inquisitorin. Die Richterin,Katherine Forrest, hat Goldman Sachs und JPMorgan im vergangenen Jahr von den Vorwürfen der Marktmanipulation frei gesprochen.

In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass Alan Cohen, der Staatsanwalt und damalige Chef der SEC-Task-Force gegen Wertpapierbetrug, der laut Börsenguru Martin Armstrong dafür verantwortlich war, dass er ohne Anklage sieben Jahre in Beugehaft saß, später bei Goldman Sachs anheuerte. Man sollte also die Karriere der Frau Forrest aufmerksam verfolgen.

Diese Frau Forrest ging in ihrer Verurteilung von Ulbricht zu lebenslanger Haft ohne Möglichkeit auf Bewährung noch über den Antrag der Staatsanwaltschaft hinaus. Sie schickt also jemanden in einem Fall, in dem es kein einziges Opfer zu beklagen gibt, für immer hinter Gitter, während Kinderschänder in dieser kranken Welt 15 Monate bekommen und die westliche Welt regieren. Und dann hat sie noch die Frechheit, Folgendes zu Ulbricht zu sagen:
»Es war Ihr Werk. Und Sie wollten, dass es Ihr Vermächtnis ist. Und jetzt ist es das.«
Helden und Innovatoren hinter Gittern

Nun, dieses Urteil ist Ihr Werk, Frau Richterin, und Ihr Vermächtnis. Wir werden Sie im Auge behalten. Die Kirche brauchte 376 Jahre, um Galileo Galilei zu rehabilitieren.

Es bleibt nur zu hoffen, dass dieser faschistoide Staat schneller untergeht und Helden wie Bradley Manning oder innovative Unternehmer wie Ross Ulbricht freikommen, bevor sie vor ihren Schöpfer treten, und statt ihrer Kollaborateure des Systems wie Forrest für sehr lange Zeit hinter Gitter landen.