grecia greece
© REUTERS/ Alkis Konstantinidis
Wenn man eine Meinung über Griechenland kundtun will, ist man als "Otto oder Gretchen Normalverbraucher/in" eigentlich total überfordert, denn welches Hintergrundwissen hat man schon? Man verlässt sich auf das, was die Presse in zahlreichen Artikeln geschrieben hat und naturgemäß kommt eine linke Regierung dabei sehr schlecht weg, denn Linke sind Kommunisten und die sind ja böse, dass sollte man als Bürger in einer westlichen "Wertegemeinschaft" ja wissen, spätestens seit der McCarthy-Ära in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts.

Dieses Mantra wird seither gepflegt und sowohl von der Presse wie auch von der Politik stets mit abfälligen Kommentaren bedacht. Der Sammelbegriff sind dann die "Linken" und von den Linken kann ja nichts Gutes kommen. Da bleibt es nicht aus, dass "Otto oder Gretchen Normalverbraucher/in" weitgehend dieser Gehirnwäsche unterlegen ist. Anders war es eine gewisse Zeit an den Universitäten. Da waren Linke für eine große Zahl der Studenten der Inbegriff der Rebellion gegen das Establishment (z. B. die 68er). Doch diese Haltung veränderte sich rasch, waren sie doch nach dem universitären Abschluss meist recht schnell selbst Teil des zuvor kritisierten Establishments.

Doch zurück zu den Griechen. Griechenland ist die "Mutter der Demokratie" in der Vorstellung vieler Menschen. Doch das stimmt nicht wirklich, denn Griechenland gab es in der Antike nicht wirklich. Das heutige Griechenland bestand zu Zeiten Platons aus einer Reihe von Insel- und Stadtstaaten, kleine Königreiche, die sich von Zeit zu Zeit immer mal gegenseitig zu massakrieren versuchten. Aber in diesen Kleinstaaten taten sich immer wieder große Philosophen hervor, deren Werke und Gedanken bis in die heutige Zeit ihre Gültigkeit behalten haben und sie damit quasi unsterblich machten. Für uns alle sind sie die alten Griechen, losgelöst von der Frage, in welchem Königreich sie geboren oder zuhause waren. Was Ihnen gemein war, war die Sprache und die Religion. Auch war die "Demokratie" nicht ganz so demokratisch, denn abstimmberechtigt waren nur die Freien und nur die Männer. Trotzdem war es etwas Besonderes, in einer Zeit, in der ansonsten die feudalistischen Herrscher die absolute Macht hatten, denn jeder, der stimmberechtigt war, konnte Einwände gegen Planungen vorbringen. Er musste nur eine Mehrheit der Stimmberechtigten davon überzeugen, dass sein Einwand berechtigt war und diesem Verfahren beugten sich auch die eigentlichen Herrscher.

Doch das nur (ganz grob) nebenbei.

Uri Gellermann schreibt in seiner Kolumne Das darf der Grieche nicht!, was man wissen sollte, wenn man über Griechenland mitreden will. Er schreibt u.a.:
    Das moderne Griechenland hat in seiner Geschichte die Herrschenden schon häufiger genervt. Hatte doch die britische Regierung am Ende des Zweiten Weltkrieges entschieden, dass die Griechen nach ihrer Selbstbefreiung vom deutschen Faschismus gefälligst die Monarchie wieder einführen sollten. Angeführt von Georgios II. aus dem Hause Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg. Der stützte sich auf die äußerste Rechte in Griechenland, die sich durch die Kollaboration mit den abziehenden deutschen Nazis handfeste Vorteile erhofft hatte. Die griechische Volksbewegung und deren Partisanen-Armee verlangten deshalb bereits 1944 eine Volksabstimmung über die Staatsform.

    Und schon früher wussten die Vertreter der Londoner City, was von Volksabstimmungen zu halten war: Nichts. Deshalb forcierte die britische Regierung unter Winston Churchill den beginnenden Bürgerkrieg in Griechenland: Rund 5.000 britische Soldaten unter General Ronald Scobie bekämpften die Partisanen, die sich gegen eine von London eingesetzte Monarchie wehrten und das Volk über seine Regierungsform selbst entscheiden lassen wollten. Erst nach einem langen, blutigen Bürgerkrieg durfte dann eine Volksabstimmung abgehalten werden: Tausende Tote und Verhaftete schufen die Bedingungen, unter denen das von London gewünschte Ergebnis erzielt werden konnte. Zur Durchsetzung der monarchistischen Marionetten-Herrschaft wurde erstmals in Europa Napalm gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt. Jenes nicht löschbare Brandgemisch von Dow Chemical, dass die USA später erfolgreich zur Verbrennung von Vietnamesen angewandt haben.

    Seit der brutalen Inthronisierung der griechischen Monarchie gehört das Land zur "westlichen Wertegemeinschaft". Daran konnte auch eine Phase der offenen faschistischen Diktatur - von 1967 bis 1974 - nichts ändern. Schon seit 1952 war Griechenland immerhin Mitglied der NATO. Und nach anfänglichen Irritationen der US-Administration - der Putsch griechischer Obristen war nicht im Detail mit der CIA abgesprochen - kam es zur Versöhnung auf offener Bühne: Der Obrist Stelios Pattakos absolvierte im März 1969 seinen Besuch bei US-Präsident Richard Nixon. Alles war wieder gut.
Und wer es detaillierter wissen will, kann darüber eine Menge bei Wikipedia nachlesen.

Nun geben Merkel, Schäuble, und die EU-Granden wie Juncker, Schulz ja wirklich ihr Bestes, um Griechenland zu retten. Diese Rettung ist aber ungefähr so, als ob man auf einem untergehenden Schiff die Passagiere mit Bleiwesten ausstattet. Schon vor Jahren hat Sahra Wagenknecht in einer Rede vor dem Parlament Einblicke in diese Rettungsverfahren gegeben. Das sind übrigens typische Verfahren von IWF und Weltbank und inzwischen auch vom ESM. Länder werden nicht gerettet, sondern in den Ruin getrieben, die mittelständische Wirtschaft zerstört und das Land dann den Geiern (Private Equity- und Hedge-Fonds) zum Fraß vorgeworfen.

Tsipras, der gewählte Präsident der Griechen, hat das wohl auch erkannt und funktioniert offenbar nicht ganz so, wie man das von den bisher mit Unterstützung der Eurokraten und der Bankmafia gesponserten ehemaligen korrupten Ministerpräsidenten gewohnt war. Es ist ungeheuerlich. Der Kerl will doch tatsächlich das Volk befragen, ob es damit einverstanden ist, dass man die Arbeitslosigkeit steigert und die Renten kürzt und weiteres Tafelsilber verscherbelt (läuft unter Privatisierung) und das alles nur, um Kredite von der EU, dem ESM und dem IWF zu bekommen, um damit die Banken zu retten, obwohl dank der Auflagen für den Erhalt der Kredite die mittelständische Wirtschaft weiter zerstört wird, die Arbeitslosigkeit noch weiter steigen wird, Renten weiter gekürzt werden, gleichzeitig aber "Investoren" ins Land gelassen werden, die nach guter US-Tradition angeschlagene Firmen kaufen, sie zerschlagen, um dann wieder abzuziehen und einen weiteren Scherbenhaufen zu hinterlassen. Ex-SPD-Chef Müntefering war ausnahmsweise mal ehrlich, als er diese Hedge- und Equity-Fonds als Heuschrecken bezeichnete.

Seit dem Beginn der "Rettung Griechenlands" sind die Schulden der Griechen nicht gesunken, sondern erheblich gestiegen. Das bleibt nicht aus, wenn man die heimische Wirtschaft zerschlägt, staatliche Sparmaßnahmen die Wirtschaftskraft weiter schwächen und durch Rentenkürzungen und hohe Arbeitslosigkeit auch die Kaufkraft der Bevölkerung reduziert.

Und unsere Presse? Die überschlägt sich geradezu, Tsipras und die seine Partei in der Luft zu zerreißen. Da kommen wieder jede Menge "Experten" zu Wort, also zumeist Leute, die der Politik und der Presse nach dem Maul reden. Empört sind sie alle, Politiker, Presseleute und Experten. Tsipras hat die unglaubliche Frechheit, das Volk zu befragen, ob es damit einverstanden, sich vom IWF, dem ESM, der EU usw. weiter ausplündern zu lassen. Was für eine absurde Idee. Das Volk darf wählen, normalerweise zwischen Cholera und Pest, hat aber ansonsten die Klappe zu halten. Man sieht ja, was so etwas in der Schweiz angerichtet hat. Den Schweizern geht es gut und das an sich ist schon aus Sicht der EU ein unhaltbarer Zustand.

Dafür steigt das Ansehen der Politiker in der Bürgermeinung, wie z. B. Schäuble, ein Mann, der Bestechungsgelder von einem Waffenschieber entgegennimmt, dafür aber nie belangt wurde, obwohl der Verbleib dieses Geldes bis heute nicht geklärt ist. Der Fokus veröffentlicht die Ergebnisse im Deutschlandtrend, das Ergebnis von 1001 telefonisch befragten Bürgern seitens der ARD. Sollte es sich dabei um eine wirklich objektive Befragung handeln (ich habe da immer meine Zweifel), dann ist uns Deutschen wirklich nicht zu helfen. TTIP, TISA, CETA, Mautgebühren, Vorratsdatenspeicherung und einiges mehr und 57% der Befragten sind mit der Arbeit der Bundesregierung sehr zufrieden???? Wenn das kein bestelltes Ergebnis ist, dann gebe ich alle Hoffnung auf, dass "Otto oder Gretchen Normalverbraucher/in" jemals auch nur einen Funken politisches Bewusstsein entwickeln werden.

Nun war die Presse mal ganz kurz wieder in heller Aufregung, hat doch Wikileaks erneut ein paar Akten veröffentlicht, die belegen, dass neben den Franzosen nicht nur die Kanzlerin von der NSA überwacht wurde, sondern auch hochrangige Mitglieder der Regierung. Dabei ist das doch sicherlich Teil des Deals, denn Adenauer mit John Jay McCloy, dem damaligen US-Hochkommissar ausgekungelt hat. Das ist ja nicht gegen die Regierungsmitglieder gerichtet, sondern soll lediglich kontrollieren, ob sich dort nicht doch vielleicht ein Regierungsmitglied verbirgt, das sich eine Meinung erlaubt, dazu noch eine eigene. Was mich immer nachdenklich macht ist die Frage, warum gerade die NSA. NSA steht doch für National Security Agency, also der Inlandsgeheimdienst für die zu den USA gehörigen Staaten, während die CIA (Central Intelligence Agency) außenpolitisch tätig ist. Wenn also die NSA "forscht", heißt das dann, dass wir längst ein geheimer 51. Staat der USA sind? Wäre dann die Merkel vielleicht im Geheimen eine US-Gouverneurin und nicht eine Kanzlerin? Das würde auch den Ausspruch der Merkel auf dem Fest zum 60-jährigen Jubiläum der CDU verständlicher erscheinen lassen:
    "Deutschland hat keinen Rechtsanspruch auf Demokratie und Sozialstaatlichkeit in alle Ewigkeit"
Kabarettisten behaupten, die Merkel tue eigentlich nicht wirklich was, außer mit den Händen eine Raute zu formen. Ich denke, sie liegen falsch, denn die gute Merkel hat doch schon viel von dem verwirklicht, was sich hinter diesem Ausspruch von ihr als echte Drohung verbirgt.

Allerdings stellt sich nicht immer auch die Frage, ob wir das überhaupt alles wissen wollen? Ein Ausschnitt aus der Sendung Pelzig hält sich (ab ca. 3 Minuten) gibt darauf eine Antwort. Wie viele Zuschauer wollten schon die Sendung des ZDF über die Machenschaften der Deutschen Bank sehen? Das zeigt Pelzig anhand einer Grafik und die Antwort ist klar. Eigentlich wollen wir es gar nicht wissen.

Sollte sich nun zufällig unter die Leser dieses Beitrags ein Leser verirrt haben, der das doch wissen will, kann ich ihm vielleicht helfen. Ich vermute, Pelzig meinte diesen Beitrag über die Deutsche Bank.

Es ist wohl nicht nur ein deutsches Problem. Doch in Deutschland bleibt zu sagen, "Otto oder Gretchen Normalverbraucher/in" sind vor allem deshalb überfordert, weil sie sich Sendungen, die ein wenig über die politische Wirklichkeit aussagen, erst gar nicht ansehen. Sicher, hin und wieder mal eine Talkshow, wo dressierte Kläffer scheinbar unterschiedliche Ansichten diskutieren, aber bitte nicht zu unterschiedlich und wo die Zuchtmeister-innen a la Jauch, Will, Kerner und wie sie noch so alle heißen, die Kläffer gleich wieder auf Kurs bringen, wenn sie vom vorgeschriebenen Kurs abweichen. Talk-Shows sind Show-Einlagen und sollen uns sicherlich nicht aufklären.