Millionen von australischen Lämmern werden ihren ersten Winter nicht überleben. Nun könnte eine kontroverse Genmanipulation ihre Not beenden - aber nicht, wie Sie glauben....

Für ein winziges Lamm in einem eisigen Verschlag bedeutet Leben Kälte, die bis in die Knochen kriecht. Zu klein und schwach, sich selbst zu erwärmen, reicht oft auch die Wärme der Mutter, es vor Wind und Regen zu schützen. Es wird nur ein paar Tage leben können..
Schaf mit Lämmern
Die australische Fleisch- und Wollindustrie nimmt bereits jetzt hin, daß eines von vier Lämmern jährlich durch Kälte sterben. Nachdem die Industrie-Standards nicht einmal ein Minimum an wettergeschützten Unterständen verlangt, sind diese Tiere praktisch allen Elementen schutzlos ausgeliefert. An die 15 Millionen Lämmer kommen so alljährlich um.

Nun wird eine neue kontroverse Technologie vorgestellt, die die Mehrlingsgeburtenrate erhöht und so die Profite steigert. Zwillinge und Drillinge sind nicht ungewöhnlich, diese Genmanipulation kann aber zu Mehrlingsgeburten von bis zu sechs Lämmern führen.

Gentechnik - Booroola-Gen

Prof. Geoff Hinch sagt, daß das Genprogramm höchst gestresste Mutterschafe und Lämmer hervorbringt, die an die Grenzen ihrer Möglichkeit gebracht werden. Nicht nur, dass ein Mutterschaf physisch gestresst wird durch die Geburt von vielen Lämmern; die Lämmer sind auch kleiner und schwächer und so gefährdeter, umzukommen, bzw. zu erfrieren.

In der Fleisch- und Wollindustrie wird dies aber hingenommen, weil die absolute Zahl an neu geborenen Lämmern höher ausfällt.

Das alte Sprichwort “Wo Lebendinventar, da auch Totinventar” zeigt auf, daß je mehr Tiere es gibt, desto größer die Zahl an verlorenen Tieren ist.

Mit der extremen Kältewelle, die jetzt durch New South Wales und Victoria rollt, rechnen die meisten Farmer mit hunderten erfrorenen Lämmern jede Nacht während der nächsten Wochen.

Wie können die Lämmer geschützt werden?

Lämmer erfrieren auch, weil die Nachfrage nach Fleisch und Wolle beständig ansteigt. Um mitzuhelfen, Lämmer zu beschützen, können Sie einiges tun. Essen Sie weniger Fleisch, verzichten Sie auf den Fleischkauf im Supermarkt, kaufen Sie beim Fleischer oder Bauern Ihres Vertrauens, fragen Sie prinzipiell beim Einkaufen nach: wo kommt das her, wie wurde das produziert, etc.

Wenn Sie leicht frieren, überlegen Sie, ob es wirklich ein Pullover aus Wolle, Merino oder Angora sein muß - es gibt Alternativen, die ebenso warm sind.

Es liegt an uns, den Konsumenten, etwas zu verändern - alleine durch Aufmerksamkeit, durch Achtsamkeit und etwas Verzicht.

Auch die Lämmer haben ein Recht drauf - dass sie im Winter nicht erfrieren

Ein Beispiel, wie man Lämmer schützen kann, zeigt Edgar’s Mission

Mit Decken und spezielle Jacken schützt er die Lämmer, denn in Australien wütet gerade eine Kältewelle über das Land.


Mehr Fotos finden Sie auf Facebook (With cosy jackets, plenty of snuggles and a safe, warm place to sleep, winter looks more like this)

Der Winter ist für gerettete Lämmer in Edgars Mission viel erträglicher.

Gentechnik ermöglicht Mehrlingsgeburten von bis zu sechs Lämmern aber Kritiker hinterfragen, ob Todesraten den Einsatz rechtfertigen

Schafzüchter haben jetzt Zugang zu Gentechnik, die fast garantiert, daß Schafe Zwillinge, Drillinge, manchmal sogar vier, fünf oder sechs Lämmer werfen. Die Todesraten sind hoch und die Industrie ist geteilter Meinung über den Wert des Programms.

Die Industrie hat viel Geld in die Forschung gesteckt, die das Booroola Gen isoliert, das ein Mutterschaf dazu zwingt, mehr Eizellen auszuschütten; nun ist das Projekt wegen der hohen Todesraten umstritten.

Wirft ein Schaf drei oder mehr Lämmer, ist die Nachkommenschaft kleiner und schwächer - das Resultat: eine höhere Todesrate.

Schafzüchter Simon Teate aus Frances in Südaustralien hat in den letzten fünf Jahren Schafböcke verwendet, die das Gen trugen und dadurch die Geburtenrate auf 165% gesteigert.

“Nur 8% kamen als Einzelgeburten, der Rest waren Zwillinge und Drillinge”, berichtet er.

“Wir erhalten mehr Lämmer pro Hektar von Anfang an, wenn man also etwas ordentlich macht, bekommt man 30 bis 40% mehr Lämmer”

“Ich habe nur 17,5 Kilogramm Knochen bei 200 Kilogramm Fleisch pro Hektar, d.h. $ 4,80 stehen $ 960 pro Hektar gegenüber“.

Aber Herr Teate sah sich auch Komplikationen gegenüber gestellt, verursacht durch das Booroola-Gen. „Die Schafe waren in der Vergangenheit zu fett zum Begattungszeitpunkt und warfen fünf, oft sechs Lämmer. Da gibt es viele Körper am Boden und die sind nichts für Zartbesaitete.“

Überlebensrate von Drillingen liegt 15% unter der von Zwillingen.

Simon Teate: “Wo Lebendinventar, da auch Totinventar” Prof. Geoff Hinch vom Sheep Co-operative Research Centre hat ausführliche Studien am Booroola Gen unternommen und ist nicht zum Schluß gekommen, daß dies die beste Option für die Industrie darstellt.

“Sie können das Geburtsgewicht um 1 kg senken, was draußen nicht brauchbar ist, so müssen sie Lämmer künstlich aufziehen“, sagt er. “Wir haben oft zwei Lämmer bei der Mutter gelassen, die anderen künstlich aufgezogen, das aber ist ein Kostenfaktor und man muß dabei den Wert eines Lammes mit in Betracht ziehen.

Die Überlebensrate von Drillingen ist 10 bis 15% niedriger, als die von Drillingen, also gibt es dabei unvermeidliche Kosten, was den Tod der Lämmer angeht.“

Trotz seiner Bedenken steht Prof. Hinch dem Booroola Gen Programm nicht kritisch gegenüber, betonte aber, dass Züchter ein Management-Programm für Drillingsgeburten entwickeln sollten.

“Die Gentechnik gibt uns die Möglichkeit, einen großen Schritt voran zu machen aber wir müssen das Fütterungskonzept verstehen lernen und wie wir damit umgehen können. Wir haben es mit höchst gestressten Tieren zu tun, die an ihre Leistungsgrenzen gedrängt werden und auch da haben wir noch viele Aspekte zu lernen.“

Prof. Hinch ist Teil eines Sheep CRC Management Teams, das das Wohl der Tiere in ihren Fokus genommen hat als Mittel, Produktivität und Profit zu steigern.

Er meint, es gäbe mehr Möglichkeiten, mehr Geld mit Lämmern zu verdienen, die an den Erfolg von anderen, die diesen mit dem Booroola-Gen erreichen, heranzukommen.

“Wenn Sie nicht auf + 160% kommen, werde ich fragen: Warum nicht? Hier oben in New England erreichen viele Züchter diese Ziffern routinemäßig mit Border Leicester Merino Kreuzungen.“

Gentechnik als einzige Option, die kaum profitable Lamm-Industrie zu verbessern

Wissenschaftler und Schafzüchter Colin Earle war Teil des Wissenschaftsteams, das das Booroola-Gen isolierte und das verkauft er jetzt an Züchter in ganz Südaustralien.

Mr. Earle war nicht sofort erfolgreich aber er war überzeugt davon, daß mehr Züchter die Gentechnik annehmen würde, schon alleine, damit sie überleben könnten.

“So lange wir dies nicht annehmen, werden wir keine Lamm-Industrie haben”, sagte er.

“Die Industrie ist kaum profitabel. Sogar bei diesen Preisen gibt es einen 2%igen Gewinn auf das Investment. Die zugrunde liegende Schwäche der Industrie ist, dass die vorhandenen Genotypen einfach nicht genügend Lämmer produzieren. Unsere bisherigen Forscher - CSIRO, South Australian Research and Development Institute (SARDI) und Meat and Livestock Australia (MLA) haben unsere Forschung jetzt finanziert, damit die Industrie eine Chance erhält, zu überleben und Profite zu machen.”

Viele, die in diese Forschung involviert waren, wurden zu Mr. Earles größten Kritikern.

“Ich glaube, die Industrie versteht einfach nicht, was das Problem mit der erstklassigen Lamm Produktion ist. Jetzt bewerben sie das künstliche Aufziehen. Ja, du fütterst sie und erhältst mehr Lämmer am Leben. Aber nach jahrelanger Erfahrung sagen wir, der Aufwand ist den Nutzen nicht wert.“

“Wo Lebendinventar, da auch Totinventar”

Die Industrie mag weiter über den Wert der Booroola Gentechnik diskutieren, der Farmer in fünfter Generation, Simon Teate hat schon lange verkauft. Sein Fokus liegt jetzt auf der Entwicklung eines besseren Management Systems die Überlebensraten zu steigern.

“Wenn wir die Gehege teilen, bekommt jedes einen Unterstand“, sagt er.

“Vielleicht scheren wir sie später wieder vor der Niederkunft, weil sie geschoren besser auf ihre Lämmer schauen und eher Unterschlupf suchen, ehe sie niederkommen”.

Mr. Teate sagte, dass ihn andere Züchter kritisiert hätten, er aber glaube, seine Gewinnspannen wären nachhaltiger aufgrund des Gentechnik-Programmes.

“Ja, es gibt viele negative Stimmen. Viel davon ist der Tatsache zu schulden, dass es zu so vielen Fehlgeburten komme. Wo Lebendinventar, da auch Totinventar - je mehr Lebendinventar man hat, desto mehr Totinventar gibt es.“

Ende des Schweigens über den Tod von 15 Millionen toten Schafen

Wenn eisige Kaltfronen, Schüttregen, Hagel und sogar Eisregen über die flachen Ebenen von Südaustraliens Schafzüchter fegen, lässt dies die Grasenden bis ins Mark frieren.

Kein Farmer, jedenfalls Charlie de Fegely aus Ararat, freut sich auf den Anblick seines Weide am Morgen nach so einem Kaltwettereinbruch. Er sieht zahlreiche Lamm-Leichen, die diese nächtlichen Winterstürme nicht überlebt haben.

Tote Lämmer bedeuten verlorene Einnahmen und Verlust von jahrelangen Zuchtanstrengungen und Zuchtfortschritt, die von Schaf- und Woll-Produzenten eingesetzt wurden, um produktivere Schafherden mit besserer Wolle, schnellerem Wachstum und größeren Körpern zu erzielen.

Man schätzt, daß 15 Millionen Lämmer in Australien pro Jahr innerhalb von 48 Stunden nach ihrer Geburt sterben - das ist ein drittel der 42 Millionen Zuchtschafe, die alle ein Lamm jährlich verlieren.

“Ich mag niemals ein totes Lamm sehen; jedes Mal denke ich, es ist wieder eine Gelegenheit, die verloren ging, ein Genverlust und wundere mich darüber, warum es geschah und was ich hätte besser machen können, um es zu vermeiden“ sagte Mr. de Fegely.

Das Problem der allgegenwärtigen Lamm-Todesfälle im Winter ist nicht nur rein ökonomischer; die Schafindustrie wurde von einigen ihrer eigenen Führungskräfte gewarnt - zuletzt von Jason Trompf, Präsident der nationalen Lambex Schaf-Expo, die in Bendigo stattfand - dass Tierschützer und NGOs planen, eine Kampagne deswegen zu starten.

Mr. Trompf ist überzeugt, wenn die Züchter nicht so weit kommen, daß sie anstatt sich mit den Verlusten abzufinden, die dem Winterwetter zur Lammzeit geschuldet sind, lieber mehr Augenmerk auf Überlebensmöglichkeiten für Lämmer lenken, könnten sie sich einer internationalen Anti-Wolle Bewegung gegenüber sehen und dazu noch von Tierschützern der Tierquälerei bezichtigt werden so wie letztes Jahr bei der Kontroverse in Indonesien um Lebendtransporte von Rindern.

Die meisten neugeborenen Lämmer sterben daran, daß sie dem kalten Winterwetter ausgesetzt sind, vor allem während der Nächte, am Fehlen von Unterstellmöglichkeiten aber auch zu wenig Nahrung. Manche werden von ihren Müttern verstoßen, andere zu klein zum Überleben, speziell, wenn sie als Zwilling oder Drilling geboren werden.

“Das ist inakzeptabel und muß diskutiert werden. Es gibt den Züchtern die Gelegenheit zu zeigen, dass sie bereit sind, zuverlässiger zu erscheinen. Offen und ehrlich an etwas herangehen, das nicht mehr länger ignoriert werden kann und etwas dafür zu tun, das uns - einem ganzen Geschäftszweig - ein Drittel des genetischen Potentials kostet“ , sagt Mr. Trompf.

Mr. Trompfs Entschluß, die Angelegenheit während der Lambex und auch bei Seminaren in Victoria und Tasmanien auf den Tisch zu legen, hat keine Zustimmung in den oberen Rängen der Schaf- und Woll-Industrie gefunden.

Wool Innovation Australia, die Firma, die australische Wolle im internationalen Raum vermarktet, fürchtet, die öffentlich gemachte Zahl von 15 Millionen toten Lämmern pro Jahr wird sofortige negative Auswirkungen auf die weltweiten Verbraucher- und Einzelhandelsmärkte haben.

“Es ist, als ob diese Züchter sich absichtlich in den Fuß schießen wollen“, sagte ein Leiter der Wollindustrie, der aber nicht öffentlich Stellung beziehen wollte.

Mr. de Fegely ist ein Züchter, der bereits daran arbeitet, die Überlebenschancen der Lämmer anzuheben, die von seinen 5.500 Merinoschafen jährlich geboren werden.

Merinoschafe sind bekannt dafür, keine guten Mütter zu sein und eine erhöhte Zwillingsrate, die auf seiner “Quamby”-Farm geboren werden, brachten ihn zum Entschluß, all seine trächtigen Schafe einer Ultraschalluntersuchung zu unterziehen, um heraus zu finden, wieviele Zwillinge zu erwarten sind.

Er teilte die Schafe in kleinere Herden von Tieren, die entweder nur ein Junges oder aber Zwillinge trugen. Die mit Zwillingen trächtigen Schafe begann er, vor der Geburt vermehrt zu füttern und konnte so zu einer beträchtlichen Zunahme Überlebenden kommen. Nicht nur waren die Zwillinge schwerer an Gewicht, waren schneller auf den Beinen und konnten früher trinken.

Er achtet auch darauf, den trächtigen Schafen Unterststandsmöglichkeiten durch Baumalleen und Gebüschgürtel anzubieten. Seine Lamm-Überlebensrate pro 100 Muttertieren ist vom langjährigen Durchschnitt von 80% auf 110% heutzutage angestiegen.