Eine mindestens 170 Meter hohe Welle verwüstete einst die Kapverdische Insel Santiago. Zu diesem Schluss kommen Forscher anhand der Analyse Lkw-großer Felsblöcke. Damit war der Mega-Tsunami mehr als zehnfach so hoch war wie die an Weihnachten 2004.
  • Während eines Vulkanausbruchs auf der Insel Fogo rutschen bis zu 150 Kubikkilometer Gestein ins Meer.
  • Ein folgender Mega-Tsunami spülte tonnenschwere Felsblöcke von der Küste auf eine Höhe von bis zu 220 Metern.
  • Der höchste registrierte Tsunami ereignete sich am 9. Juli 1958 in Alaska.
Die Tsunami-Welle schwemmte Felsblöcke wie diese von der Küstenlinie in die Hochländer der Insel.
© Ricardo RamalhoDie Tsunami-Welle schwemmte Felsblöcke wie diese von der Küstenlinie in die Hochländer der Insel.
An Küsten liegende Vulkane können schlagartig kollabieren und damit verheerende Mega-Tsunamis auslösen. An der zu den Kapverden zählenden Insel Fogo verursachte ein kollabierender Vulkanhang vor 73.000 Jahren einer Studie zufolge eine vermutlich mindestens 170 Meter hohe Welle, die Teile der Nachbarinsel Santiago verwüstete. Der Tsunami spülte riesige Felsblöcke von der Küste auf eine Höhe von bis zu 220 Metern, wie das internationale Forscherteam in der Zeitschrift “Science Advances” berichtet. Die Wissenschaftler um Ricardo Ramalho von der Columbia University in New York untersuchten die Kapverdischen Inseln. Eine frühere Studie hatte ergeben, dass auf der Insel Fogo vor 65.000 bis 124.000 Jahren eine Flanke des 2829 Meter hohen Vulkans Pico de Fogo eingebrochen war. Dabei rutschten bis zu 160 Kubikkilometer Gestein ins Meer.

Mindestens 170 Meter hohe Welle muss auf Küste getroffen sein

Die Forscher untersuchten nun die 55 Kilometer östlich gelegene Nachbarinsel Santiago, die größte und bevölkerungsreichste Insel des Archipels. In ihrem Nordwesten fanden sie noch auf bis zu 220 Metern Höhe Lkw-große Felsblöcke, die nicht zur dortigen Geologie passten, sondern von der Küste stammten. Zum Vergleich: Der Stuttgarter Fernsehturm ist gut 216 Meter hoch. Die Datierung per Helium-Verfahren ergab ein Ablagerungsalter von etwa 73.000 Jahren - also in der Zeitspanne, in der der Vulkanhang auf der Nachbarinsel abrutschte.

Unter anderem anhand des Gewichts der Felsblöcke, von denen manche acht Meter Durchmesser haben und 700 Tonnen wiegen, kalkulieren die Forscher, dass eine mindestens 170 Meter hohe Welle auf die Küste getroffen sein muss. Das entspricht mehr als der zehnfachen Höhe des Tsunamis, der an Weihnachten 2004 Küsten um den Indischen Ozean verwüstete. Eine so gewaltige Welle müsse von einem plötzlichen Einsturz des Vulkanhangs und dem schlagartigen Abrutschen des gesamten Gesteins ins Meer stammen, betonen die Autoren.

Welle knickte Bäume in 520 Metern Höhe um

Vulkan Fogo
© NASAVulkan Fogo
“So etwa passiert wahrscheinlich nicht sehr oft”, wird Ramalho in einer Mitteilung seiner Universität zitiert. “Und nicht jeder Kollaps verursacht eine Katastrophe. Aber es ist vielleicht nicht so selten, wie wir bisher dachten. Das müssen wir berücksichtigen, wenn wir das Gefahrenpotenzial solcher Eigenschaften von Vulkanen bewerten.”

“Die Studie dokumentiert die Folgen des Tsunamis sehr schön”, sagt Prof. Christian Berndt vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, der nicht an der Studie beteiligt war. Auf Inseln mit aktiven Vulkanen passiere so etwas grob etwa alle 100.000 Jahre. Allerdings sei die Energie solcher punktuell ausgelösten Wellen wesentlich geringer als nach Erdbeben - sie verpuffe mit zunehmender Distanz vom Ursprung wesentlich schneller.

Der höchste registrierte Tsunami ereignete sich am 9. Juli 1958 in Alaska: Damals rutschten nach einem Erdbeben 90 Millionen Tonnen Gestein in die schmale Lituya Bay. Die Dutzende Meter hohe Welle knickte damals noch in mehr als 520 Metern Höhe Bäume um.