Großrazzia in ganz Deutschland: Hunderte Beamte sind am Mittwochmorgen unter anderem an Flughäfen gegen ein Netzwerk von Frachtfirmen vorgegangen. Es geht um Schwarzarbeit und organisierte Kriminalität.
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Frankfurt - Rund 1200 Polizisten und Zollbeamte haben am frühen Morgen 150 Wohnungen und Frachtfirmen rund um den Frankfurter Flughafen durchsucht. Das bestätigte das Frankfurter Hauptzollamt dem Handelsblatt. Im Fokus der „Soko Cumulus“, wie sich die Einsatzgruppe nennt, standen Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit.

Mitarbeiter der seit mehreren Jahren ermittelnden Sonderkommission gehen von organisierter Kriminalität aus, an der insbesondere deutsche und türkische Drahtzieher beteiligt waren. Als beschuldigt gelten insgesamt 29 Personen, die über Jahre hinweg Steuern und Sozialabgaben hinterzogen haben sollen. Es sei umfangreiches Beweismaterial sichergestellt worden, dessen Auswertung noch Monate in Anspruch nehmen werde. Auch Luxusfahrzeuge, Luxusuhren und höhere Bargeldsummen habe die Soko beschlagnahmt.

Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft hatte die Bande Arbeitnehmer an Cargo-Dienstleister und für die Gepäckabfertigung ausgeliehen, aber nicht korrekt angemeldet. Abgerechnet wurde über Scheinrechnungen, bezahlt mit gewaschenem Geld. Damit sei dem Fiskus ein Schaden von 17,6 Millionen Euro entstanden - jeweils etwa zur Hälfte aus Hinterziehungen bei der Lohnsteuer und der Umsatzsteuer.

Die Ermittler ließen ein Mehrfamilienhaus in Rüsselsheim stürmen und nahmen sechs Verdächtige fest. Die Beschuldigen seien inzwischen auf dem Weg zum Haftrichter, hieß es. Auch der Kopf der Organisation sei gefasst.

Der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport wollte sich zu den Durchsuchungen nicht äußern, kündigte aber eine Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft an. Lufthansa Cargo bestätigte eine Razzia bei der Konzerntochter Handling Counts. Die Firma gelte aber als Zeuge, nicht als Beschuldigte. Ähnlich die Speditionstochter der Deutschen Post, DHL, deren Mitarbeiter vernommen wurden. „Wir unterstützen die Ermittlungen“, sagte ein Konzernsprecher.

Wie das Frankfurter Hauptzollamt erklärte, wurden Fraport und andere Generalunternehmen von den Beschuldigten getäuscht. Sie hätten es wohl nicht besser wissen können, erklärte die Behörde.

Weil ein Großteil der betroffenen Firmen südlich des Flughafens in Mörfelden-Walldorf residiert, übernahm die Staatsanwaltschaft Darmstadt die Federführung, wie deren Oberstaatsanwalt Klaus Reinhard bestätigte. Beteiligt sind aber auch die Staatsanwaltschaft Frankfurt und das Hauptzollamt Frankfurt. Die „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ (FKS) der Zollämter hat die Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung vor zehn Jahren von der Arbeitsverwaltung übernommen.

Am Frankfurter Flughafen gab es in jüngster Vergangenheit immer wieder Razzien und Untersuchungen der Staatsanwaltschaft. Mit dem aktuellen Schmiergeldskandal, bei dem es um Immobilienschiebereien geht und den Bau eines Frachtzentrums, stünden die Ermittlungen aber in keinem Zusammenhang.