Pegida hat in Dresden zur Demonstration aufgerufen. Doch an diesem Montag fiel die wöchentliche Veranstaltung auf den Jahrestag der Pogromnacht. Noch im Vorfeld versuchten Gegner des Bündnisses, die Kundgebung zu verhindern oder zumindest seine Verlegung vom geschichtsträchtigen Theaterplatz zu erwirken. Die Stadt nahm die Kritik ernst, ändern konnte sie allerdings nichts.

Bild
© mopo24Herz statt Hetze
In Dresden haben am Montagabend mehrere Tausend Menschen gegen die islam- und fremdenfeindliche Pegida-Bewegung demonstriert. Nach Schätzungen der Forschungsgruppe "Durchgezählt" folgten dem Aufruf des Bündnisses "Herz statt Hetze" zwischen 4.000 und 6.000 Menschen. Unter dem Motto "Wehret den Anfängen" mahnten die Pegida-Gegner mit ihrem Zug vorbei an der Frauenkirche und der Synagoge vor Hass und Gewalt gegen Menschen wegen deren Herkunft, Religion oder Weltanschauung.

Die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Dresden, Nora Goldenbogen, sagte auf einer Kundgebung vor der Synagoge: "Wir müssen etwas tun, damit sich in Dresden etwas verändert." Goldenbogen verwies auf den Sprachgebrauch im Umfeld der Pegida-Demonstrationen, der an die NS-Zeit erinnere. Wörter wie "Volksverräter", "volksfremd" und "Rasse" seien heute wieder zu hören. An der Gegendemosntration beteiligte sich auch Sachsens stellvertretender Ministerpräsidente und Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD), Sozialministerin Barbara Klepsch (CDU) und Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) sowie Politiker von Linken und Grünen.


Kommentar: Diese Wortwahl macht es umso wichtiger, das Motto "Wehret den Anfängen!" ernstzunehmen - bevor sich diese Denkstrukturen noch mehr verbreiten. Es ist gut, dass soviele Menschen sich dagegen positionieren.


Kritik an Zeitpunkt und Ort der Pegida-Versammlung

Bild
© dpa
Bereits im Vorfeld hatte die Demonstration von Pegida am geschichtsträchtigen 9. November - dem Jahrestag der Reichspogromnacht - für heftigen Widerstand gesorgt. Mehr als 98.000 unterzeichneten etwa eine Online-Petition gegen die Kundgebung von Pegida auf dem Theaterplatz vor der Semperoper, der in der Zeit des Nationalsozialismus als Adolf-Hitler-Platz Aufmärschen diente. Vereine und Verbände forderten von der Stadt ein Einlenken in Bezug auf den Versammlungsort. Die Stadt hingegen sah keine rechtliche Möglichkeit einer Verlegung.

Bachmann: "Wir sind die Guten"

Pegida-Chef Lutz Bachmann verteidigte die montägliche Kundgebung auf dem Theaterplatz, die dort seit mehreren Wochen stattfindet. Der 9. November 1938 dürfe nie vergessen werden, aber es sei nicht nur dieser eine Tag, der die deutsche Geschichte geprägt habe, und es seien auch die zwölf Jahre Herrschaft eines "irren Diktators". Bachmann echauffierte sich in diesem Atemzug über "selbsternannten Gutmenschen und Moralapostel", die sich erdreisten würden, die Geschichte darauf zu reduzieren. Für den anschließenden "Spaziergang" rief Bachmann zu ruhigem und besonnenen Verhalten auf. "Wir lassen uns nicht provozieren. Wir sind die Guten."


Kommentar: Ach wirklich? Denn ist es nicht Bewegungen wie Pegida zu verdanken, dass Hetze und Gewalt in verbreiteter Form gegen eine bestimmte ethno-religiöse Volksgruppe - diesmal Muslime - wieder gesellschaftsfähig wird? Was soll daran gut sein? Und dann noch unter der symbolischen Verknüpfung mit dem Versammlungsort zum Jahrestag der Reichskristallnacht:

Bild
© dpaLutz Bachmann und Tatjana Festerling führen Aufmarsch der PEGIDA durch Dresdner Innenstadt a

Festerling wettert gegen "Schuldkult"


Tatjana Festerling schlug in ihrer anschließenden Rede vor, an diesem 9. November 2015, 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, "den deutschen Schuldkomplex der deutschen Naziherrschaft" offiziell für beendet zu erklären. "Lasst uns mit Eurem Schuldkult, für den keiner von uns hier die Verantwortung trägt, in Ruhe", rief sie den Pegida-Kritikern entgegen - einen Satz, den Pegida-Anhänger mit "Lügenpresse"-Rufen quittierten. Lutz Bachmann dankte Tajana Festerling im Anschluss für "eine der besten Reden, die ich hier gehört habe". Ein Zuhörer stimmte daraufhin vor der Bühne die erste Strophe des Deutschlandliedes "Deutschland, Deutschland über alles" an, verstummte dann aber wieder. Die Pegida-Versammlung endete später mit dem gemeinsamen Singen der Nationalhymne - der dritten Strophe des Deutschlandliedes. "Durchgezählt" zufolge beteiligten sich an der Pegida-Demonstration zwischen 7.000 und 8.500 Menschen.


Kommentar: Der "Kult mit der Schuld" ist einerseits nicht abzustreiten. Einer "Erbsünde" gleich wird er (neben vielem anderen) dazu benutzt, die Nachfahren der damaligen NS-Täter zu betäuben und somit Kritik gegen Länder wie Israel abzuwürgen, wo Nachkommen der damaligen Holocaust-Opfer sich ihrerseits fortwährend des Völkermords am semitischen Volk der Palästinenser schuldig machen.

Doch andererseits ist ein bewusstes Gedenken an die Geschehnisse der Reichskristallnacht vom 9. zum 10. November 1938 äußerst wichtig, da dieses Ereignis ein herausragendes Symbol für die Verbrechen des Nazi-Regimes ist. Und gerade jetzt ist dieses Erinnern äußerst wichtig, um den Anfängen eines erneuten potentiellen Holocausts zu wehren - diesmal an Muslimen.


Nach Angaben der Polizei kam es zwischen Pegida-Anhängern und Gegnern zu verbalen Auseinandersetzungen und in einem Fall zu Gerangel. Die Beamten konnten die Situation beruhigen. Bei einem 37-Jährigen stellte die Polizei eine Fahne sicher. Gegen den Mann wird wegen des Verdachts des Verwendens verfassungswidriger Symbole ermittelt. Insgesamt waren 620 Polizisten im Einsatz.

Hassreden gegen den Islam in Leipzig

Anders als in Dresden hatte die Stadt Leipzig statt eines Demonstrationszuges nur eine stationäre Kundgebung genehmigt. Michael Stürzenberger, Bundesvorsitzender der Partei "Die Freiheit", schimpfte in seiner Rede über Moslems. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis diese die Schließung des Weihnachtsmarktes am Brühl forderten. Ein türkischer Redner namens Fikri feuerte eine regelrechte Hasstirade auf den Islam ab. "Es ist der Islam, der uns ausrotten, abschlachten und vernichten möchte. Der Islam macht nichts Anderes außer schlachten, ermorden, vertreiben und erobern", sagte er und kündigte an: "Wir werden den Islam zurückdrängen, und wenn es unser Tod sein soll."


Kommentar: Das ist reine Volksverhetzung. Man kann nicht oft genug betonen, wie hier mit dem Finger auf die Falschen gezeigt wird. Der Täter ist nicht im Islam zu suchen. Es ist der imperialistische Westen, der in seinem "überragenden" Krieg für den Terror in Staaten des Nahen und Mittleren Ostens bereits zahlreiche Muslime abgeschlachtet hat und durch sein Vorgehen die unzähligen Flüchtlinge überhaupt erst verursacht hat: US-Soldat: "Wir sind die Terroristen, nicht die Muslime!"


Deutlich mehr Legida-Gegner als Anhänger

Zwischen 400 und 550 Legida-Anhänger versammelten sich laut "Durchgezählt" vor den Höfen am Brühl. Ihnen standen auf dem Ring zwischen 1.700 und 2.500 Gegendemonstranten gegenüber, die lautstark versuchten, die Veranstaltung zu stören. Beobachter sprachen von einer angespannten Lage, Demonstranten zufolge soll die Polizei Pfefferspray eingesetzt haben. Die Legida-Veranstalter kündigten wegen des aus ihrer Sicht zu kleinen Sicherheitsabstandes an, gegen die Stadt zu klagen.