Während sich die Nachwirkungen der Pariser Tragödie vom 13. November entfalten, ist herausgekommen, dass den belgischen Behörden eine detaillierte Liste von Terrorverdächtigen gegeben wurde - inklusive des Drahtziehers der Anschläge, einen Monat bevor diese verübt wurden.

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Dennoch fühlte sich die Bürgermeisterin des Brüssler Bezirks Molenbeek, der berüchtigt dafür ist, dass sich dort Dschihadisten aufhalten, nicht zuständig, diesen Informationen nachzugehen, so ein Bericht der New York Times (NYT).

„Was hätte ich denn tun sollen? Es ist nicht meine Aufgabe, mögliche Terroristen aufzuspüren“, so die Bürgermeisterin Françoise Schepmans gegenüber der NYT. Diese Dinge wären „in der Zuständigkeit der Bundespolizei“.

Es heißt, dass die Behörde die Namen und Adressen von 80 verdächtigten Militanten hatte. Die Liste basierte auf Informationen des belgischen Geheimdienstes, und enthielt sowohl den Namen des Drahtziehers der Anschläge, Abdelhamid Abaaoud, als auch die der Brüder Salah und Brahim Abdeslam, die an den Terrorakten beteiligt waren.

Abaaoud wohnte in Molenbeek, bevor er im Frühjahr 2014 nach Syrien ging, um mit dem selbsternannten Islamischen Staat (IS) zu kämpfen. Er wurde letzte Woche bei einer Razzia in Saint-Denis getötet, nachdem er 130 Menschen durch die Pariser Anschläge getötet hat.

Der Pariser Staatsanwalt François Molins zeigte am Dienstag Telefonaufzeichnungen, die laut France Info beweisen, dass Abaaoud im Café Bataclan anwesend war, wo 90 Personen während der Rettungsaktion getötet wurden. Die Behörden gehen auch davon aus, dass der Terrorist noch weitere Anschläge auf das Geschäftsviertel La Défense in der französischen Hauptstadt plante.


Kommentar: Er oder seine Hintermänner?


Molins führte aus, dass die Razzia von Saint-Denis, wo sich der Terrorist, seine Cousine und andere Militante versteckten, diesen weiteren Anschlag in letzter Minute vereitelt hätte. In dem Geschäftsviertel La Défense haben zahlreiche französische Großkonzerne ihren Sitz, darunter Energie- und Versicherungskonzerne.

Der Fall des belgischen Fehlers mit der Terrorliste berührt jedoch ein größeres Thema.

Das politisch gespaltene Belgien wird nun zur Terroristen-Hochburg Europas stilisiert, vor allem von flämischen Nationalisten, die den französisch-sprachigen Sozialisten einen zu laschen Umgang mit der muslimischen Minderheit vorwerfen.

Im Interview mit Radio Europa 1, räumte Bürgermeisterin Shepmans ein, sie wisse, dass „in Molenbeek ein Terroristennetzwerk gebildet“ wurde, aber auch, dass „es an den staatlichen Sicherheitskräften liegt, zu kontrollieren, was die Prediger sagen... Die städtischen Behörden haben andere Aufgaben.“

Außerdem fügte sie an, dass „religiöser Fundamentalismus in der Gegend in den Jahren 1970 bis 1980 unbeaufsichtigt wuchs.“

Für Europa ist der Fall auch klar: Kein Ausrufen des Ausnahmezustands in einem weiteren EU-Land würde etwas nützen, um potentielle Terroristen aus Belgien daran zu hindern, sich frei auf dem Kontinent zu bewegen, so der ehemalige Geheimdienstoffizier Alain Rodier gegenüber RT s Sophie Shevardnadze in ihrer Sendung „SophieCo“.