Die Melioidose fordert bereits fast zehnmal mehr Todesopfer als das Dengue-Fieber
Infektionskrankheit Melioidose-Erreger Burkholderia pseudomallei
© CDCKolonien des Melioidose-Erregers Burkholderia pseudomallei
Unerkannter Killer: Von uns weitgehend unbemerkt breitet sich in weiten Teilen der Tropen eine neue, tödliche Infektionskrankheit aus. Die Gefahr durch diese neue Seuche wurde bisher gravierend unterschätzt, wie Forscher nun warnen. Denn die von Bakterien verursachte Meloidose könnte unerkannt bereits in 79 Ländern etabliert sein. Das Fatale daran: Weil der Erreger der Krankheit von Natur aus resistent gegen viele Antibiotika ist, kann die Todesrate bei bis zu 70 Prozent liegen.

Die Gefahr kommt aus dem Boden - denn dort lebt das Bakterium Burkholderia pseudomallei, der Erreger der Melioidose. Die meisten Menschen infizieren sich daher, wenn sie mit kontaminierter Erde in Kontakt kommen und die Bakterien über kleinste Hautverletzungen in den Körper gelangen. Aber auch verseuchtes Wasser oder bei starken Regenfällen in die Luft geschleuderte Tröpfchen sind eine potenzielle Infektionsquelle. Auch infizierte Tiere können den Erreger auf den Menschen übertragen.

Hohe Todesraten

Eine Infektion mit Burkholderia pseudomallei löst Fieber und Symptome ähnlich einer Bronchitis oder Lungenentzündung aus. Es kann aber auch die Hautentzündungen verursachen. Breitet sich die Infektion über das Blut aus, drohen Organschäden und im Extremfall der Tod. Allein im Nordosten Thailands werden jährlich 2.000 bestätigte Fälle von Melioidose gemeldet - 40 Prozent davon enden tödlich.

Das Problem: Gegen die Infektion gibt es bisher keinen Impfstoff und Antibiotika wirken oft nicht. "Das Bakterium ist von Natur aus gegen eine breite Spanne von antimikrobiellen Wirkstoffen resistent", erklären Direk Limmathurotsakul von der University of Oxford und seine Kollegen. "Eine Behandlung mit unwirksamen Mitteln kann dann zu Todesraten von sogar bis zu 70 Prozent führen."

Wie stark dieser Erreger inzwischen tatsächlich verbreitet ist und wo Gefahr droht, war jedoch bisher nicht bekannt. Limmathurotsakul und seine Kollegen haben deshalb nun Falldaten aus aller Welt zusammengetragen und die erste umfassende Verbreitungskarte der Melioidose und ihres Erregers erstellt.

Potenzielle Gefahr für drei Milliarden Menschen

Das erschreckende Ergebnis: Die Dunkelziffer für diese Krankheit ist noch höher als befürchtet. "In den 45 Ländern, in denen die Melioidose bereits bekannt war, gibt es erheblich mehr Fälle als berichtet", so die Forscher. "Und sie kommt in weiteren 34 Ländern vor, in denen sie bisher unbekannt war." Die Forscher schätzen, dass allein im Jahr 2015 165.000 Menschen weltweit neu an Melioidose erkrankt sind, 89.000 sind daran gestorben.

"Drei Milliarden Menschen leben in Gebieten, in denen Burkholderia pseudomallei höchstwahrscheinlich vorkommt", so die Wissenschaftler. Besonders hoch ist das Risiko für eine Infektion ihren Angaben nach zurzeit in Südost- und Südasien, im tropischen Teilen Australiens, im Westen Afrikas und in Südamerika. Aber auch im Nahen Osten, in Südafrika und Mittelamerika liegen kleinere Risikozonen, wie die Forscher berichten.

Gefahr könnte auch in den USA drohen

Sogar in den bisher als nicht betroffen geltenden Ländern USA und in Japan gibt es Regionen, in denen der Erreger sich ansiedeln könnte, warnen die Wissenschaftler. Denn vor allem im Süden ist es warm und feucht genug, um eingeschleppten Bakterien dieser Art gute Lebensbedingungen zu bieten. Zu diesen potenziellen Risikozonen gehören Teile von Florida, aber auch Louisiana und die Stadt New Orleans.

Ausgerechnet in Louisiana ereignete sich erst 2014 ein Ausbruch der Melioidose: Im Primatenzentrum in Tulane war der Erreger versehentlich freigesetzt worden und wurde von den Mitarbeitern über verseuchte Kleidung von Mäusen auf Affen übertragen. Ob das Bakterium dabei auch in die Umwelt gelangt ist, blieb unbekannt. "Es ist durchaus möglich, dass B. pseudomallei in der Umwelt der USA und Japans schon präsent ist, aber bisher nur nicht entdeckt wurde", betonen Limmathurotsakul und seine Kollegen.

"Verstärkte Aufmerksamkeit nötig"

Nach Ansicht der Forscher ist die Melioidose damit definitiv eine Krankheit, die intensiv überwacht und erforscht werden sollte. "Die große Zahl der Erkrankungen und Todesfälle unterstreichen, dass Gesundheitsbehörden und Entscheider dieser Krankheit verstärkte Aufmerksamkeit schenken müssen", so Limmathurotsakul. Immerhin fordert die Melioidose heute schon fast die zehnfache Zahl an Todesopfern wie das Denguefieber.

Hinzu kommt, dass sich die Melioidose in Zukunft wahrscheinlich noch weiter ausbreiten wird. Denn der Klimawandel und die zunehmende Veränderung der Böden durch menschlichen Einfluss könnten die für den Erreger geeigneten Gebiete weiter vergrößern, wie die Forscher berichten. "Diese Krankheit muss eine höhere Priorität bekommen", fordern sie.