Zwei tote Pottwale sind an den Strand der Nordseeinsel Wangerooge gespült worden. Seitdem pilgern Einheimische und Touristen zum Fundort, um einen Blick auf die riesigen Tiere werfen zu können. Aber wie kann es sein, dass Wale an der Nordseeküste landen? Und kann mir so ein Pottwal auch in der Weser begegnen? Wir haben mit einem Biologen gesprochen und einen Blick in die Geschichte der ehemaligen Walfängerstadt Vegesack geworfen.

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© DPASeit Montag ist der Strandabschnitt, an dem die Pottwale liegen, weiträumig abgesperrt. In ihrem Inneren haben sich Faulgase gebildet. Es besteht die Gefahr, dass sie explodieren.
"Es kommt alle paar Jahre mal vor, dass sich männliche Wale auf dem Weg nach Süden in die Nordsee verirren. Das ist also in gewisser Weise ein normales Ereignis", sagt der Biologe Holger Auel von der Universität Bremen. Die Wale machen sich im Spätherbst auf den Weg in wärmere Gewässer. "Ich kann mich erinnern, dass vor fünf oder sechs Jahren ein Wal an die Küste Belgiens gespült worden ist. Das kommt also durchaus regelmäßig vor."

Wangerooge will Wal-Skelett als Touristenattraktion behalten

Die beiden männlichen Pottwale, die am Freitag auf Wangerooge angespült wurden, sind auf dem Weg Richtung Süden vermutlich falsch abgebogen. Anstatt westlich an Großbritannien vorbeizuschwimmen, verirrten sich die Wale in die Nordsee. Das war ihr Todesurteil, denn in der durchschnittlich nur 93 Meter tiefen Nordsee finden sich die Tiefseetaucher nicht mehr zurecht. Ihr Echolot, mit dem sich die Pottwale orientieren, funktioniert dann nicht mehr richtig.

Tote Tiere auch vor Helgoland

Auch vor Helgoland sind tote Pottwale entdeckt worden. Mitarbeiter der Dünenfähre entdeckten sie am Dienstagvormittag. Die zwei Kadaver trieben laut Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) im Meer. Die ungewöhnlichen Schifffahrts-Hindernisse sollen schnellstmöglich durch das Mehrzweckschiff Neuwerk geborgen werden.

Kann mir so ein großer Wal auch in der Weser begegnen?

In die Weser verirren sich Großwale allerdings nicht. "Großwale ernähren sich von Kalmaren, die sie in den Tiefen der Ozeane aufspüren. Dort tauchen die Wale über 2.000 Meter tief. In der Weser gibt es diese Kalmare aber nicht", erklärt Auel. Dafür sind in der Weser ab und zu Schweinswale anzutreffen. Seit ein paar Jahren sind die bis zu anderthalb Meter langen Tiere wieder regelmäßig in der Weser unterwegs.

Bremen und seine Walfänger

Die Stadt Bremen ist erstaunlich eng mit Walen verbunden. Im 17. Jahrhundert war Vegesack beispielsweise ein Stützpunkt für den Walfang in der Arktis. Damals war die Jagd nach Walen sehr lukrativ, weil man aus ihrem Fettgewebe Fischöl gewinnen und als Brennstoff nutzen kann. Noch heute ist am Vegesacker Hafen zu sehen, welchen Stellenwert das Tier für den Stadtteil einmal hatte. Dort stehen der Kiefer eines 24 Meter langen Blauwals - ein Geschenk des norwegischen Reeders Anders August Jahre - und eine Walflossen-Skulptur auf wellenförmigem Pflaster.

Politiker blicken auf Wal

Auch im Bremer Rathaus, genauer gesagt in der Oberen Halle, können Politiker und Besucher einen Wal betrachten. Dort hängt ein großes Ölgemälde des Bremer Malers Franz Wulfhagen aus dem Jahr 1669, auf dem ein weiblicher Zwergwal zu sehen ist. Er war am 8. Mai 1669 in die Einmündung der Lesum zur Weser gelangt. Die Bremer Walfänger zögerten damals nicht lange und erlegten das neun Meter lange Tier. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts kam es in seltenen Fällen vor, dass sich Wale in die Weser verirrten. Wegen der zahlreichen Seitenarme, Inseln und Sandbänke liefen sie dann leicht Gefahr, sich zu verirren und bei Niedrigwasser getötet zu werden.

Müssen wir uns Sorgen um Großwale machen?

Auel blickt entspannt auf die beiden Pottwale, die am Strand von Wangerooge gestrandet waren. "Es gibt keine Studien, die belegen, dass sich Großwale heute häufiger in die Nordsee verirren als früher." Man müsse sich aber fragen, ob die Wale an der Abbiegung vom Nordmeer in Richtung Atlantik - also ungefähr an der Westküste Norwegens - eventuell durch Lärm oder Abgase irritiert worden sind. Dort fördern Norwegen und Schottland Öl. "Das sind aber erst einmal nur Spekulationen."