Jeder tickt anders, auch im Gehirn - und nun haben Forscher die verantwortlichen individuellen Muster aufgespürt. Liefern sie ein Werkzeug zur Intelligenzdiagnose?
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© Emily Finn, Yale University
Unsere Gehirnaktivität könnte wie ein Fingerabdruck zur Identifikation jedes Einzelnen dienen, meinen Forscher - und zudem Auskunft über die Intelligenz liefern. Zu diesem Ergebnis kam eine Arbeitsgruppe um Emily Finn von der Yale University. Die Forscher hatten zuvor die Gehirnaktivitäten von 126 gesunden Versuchsteilnehmern untersucht und individuelle Muster analysiert, die zudem auch die Möglichkeit eröffnen, die fluide Intelligenz abzuschätzen. "Fluide Intelligenz" beschreibt die Fähigkeit einer Person, Schlussfolgerungen zu ziehen und logisch zu denken.

In Finns Versuch hatten die Probanden zwei Tage hintereinander an Sitzungen teilgenommen, wobei ihre Gehirnaktivität gemessen wurde. Dabei übernahmen sie Aufgaben, bei denen Bewegung, Sprache, Emotionen und Arbeitsgedächtnis gefragt waren, oder führten keine Tätigkeit aus. Beim Vergleich der Hirnscans wurden anschließend individuelle Muster entdeckt, die sogar eine eindeutige Identifizierung der einzelnen Kandidaten erlaubten. Diese spezifischen Muster der Aktivitäten zeigten sich bei jeder Person unabhängig von der Tätigkeit - egal, ob sie gerade ausruhten oder intensiv agierten.

Für einen solchen individuellen "Fingerabdruck" im Gehirn sind vor allem Areale, die medialfrontal und frontoparietal liegen, verantwortlich - also solche von der Stirn bis zum Kopfscheitel. Andere Gehirnregionen waren hingegen bei allen Versuchspersonen ähnlich aktiv.

Außerdem führten die Forscher mit den Probanden Tests zur fluiden Intelligenz durch. Dabei zeigte sich, dass die Gehirnareale in der Nähe von Stirn und Kopfscheitel nicht nur eine Identifikation erlauben, sondern auch eine Einschätzung der Intelligenz einer Person. Wer eine höhere fluide Intelligenz aufweist, scheint über eine spezielle Art der neuronalen Verknüpfung in diesen Arealen zu verfügen.

Die Forscher glauben, dass mit diesen Befunden Therapie- und Lernmöglichkeiten entwickelt werden können, die auf bestimmte Denkmuster zugeschnitten sind. Dafür sind jedoch Untersuchungen an Patientengruppen dringend notwendig: Bisher ist nämlich noch unklar, ob nur gesunde Personen mit einem solchen "Fingerabdruck" ausgestattet sind oder etwa auch Erkrankte, für die solche Möglichkeiten der Intervention besonders interessant wären.