Für Pottwale sind Familienbande nicht alles: Sie schließen sich nach Vorlieben bei der Kommunikation zusammen - ein Mechanismus, der gewöhnlich nur Menschen zugeschrieben wird.
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Pottwale durchstreifen bekanntermaßen in Familienverbänden die Weiten der Ozeane. Doch außerhalb der Verwandtschaft bilden die Großwale ein übergeordnetes Netzwerk aus Klans, für dessen Zusammenhalt einzig ihre kommunikativen Vorlieben ausschlaggebend sind. Zu diesem Ergebnis kommen Verhaltensforscher um Mauricio Cantor von der Dalhousie University in Halifax.

Sie haben mehr als 18 Jahre lang Daten zu Sozialverhalten und Kommunikation von Pottwalen im östlichen Pazifik zusammengetragen. Dabei stießen sie auf eine bemerkenswert komplexe Sozialstruktur, deren Entstehung mit den bisher gängigen Annahmen nicht zu erklären sei.

Ähnlich wie die Gesellschaft des Menschen sei die der Großwale mehrstufig organisiert. Oberhalb der Familienverbände identifizierten die Forscher ein übergreifendes Beziehungsnetz aus Klans. Es zeigte sich, dass diese einzig durch gemeinsame Dialekte aus ähnlichen Klickmustern und bestimmten Vokalisierungstypen zusammengehalten werden. Das hat entscheidende Auswirkungen auf den Genfluss, denn soziale Kontakte werden jenseits der Klangrenzen kaum mehr gepflegt.

Die Tierökologen erklären sich die beobachtete Aufspaltung der Pottwale in Klans durch neigungsgesteuertes soziales Lernen. Dabei überlagern sich zwei Effekte: die Anziehung von Gleichem und sozialer Konformismus.

Individuen mit ähnlichen kommunikativen Eigenheiten suchen bevorzugt miteinander Kontakt, unabhängig von der Entfernung zwischen den Kommunikationspartnern. Im Klan der Gleichgesinnten wird der bevorzugte Kommunikationsstil durch soziale Angleichung weiter verstärkt und verfeinert. Damit grenzen sich die Mitglieder immer stärker von den übrigen Artgenossen ab und bilden so ihre eigene Kommunikationskultur.

In diesem Vorgang sehen die Soziobiologen einen Fall von sympatrischer Artbildung, also der Entstehung einer neuen Art unabhängig von äußeren Isolationseinflüssen. Zu diesem Schluss kamen sie durch empirisch gestützte Computersimulationen, bei denen sich virtuelle Wale nach einer Vielzahl von Kriterien in Gruppen zusammenschließen konnten. Insgesamt simulierten sie 20 mögliche Entstehungsmechanismen zu Erklärung der beobachteten Klanverteilung. Neben verschiedenen Formen des Lernens berücksichtigten sie dabei auch räumliche und genetische Faktoren. Die Forscher schließen daraus, dass soziales Lernen kein exklusives Merkmal menschlicher Gesellschaften ist, sondern auch in tierischen Gemeinschaften zu menschenähnlichen sozialen Strukturen führen kann.