Ein italienischer Student, der vorige Woche in Kairo verschwunden war, ist nun tot aufgefunden worden. Wunden an seiner Leiche zeigen: Er wurde gefoltert. Italien hat den Botschafter einbestellt.
botschafter ägypten
© AP
Ein italienischer Student ist in Ägypten gefoltert und ermordet worden. Die Leiche des seit voriger Woche vermissten Giulio Regeni war am Mittwochabend in einem Straßengraben gefunden worden. Wie der ermittelnde Staatsanwalt Ahmed Nagi bekanntgab und diverse lokale Zeitungen berichten, zeigt sie Spuren von Folter: Unter anderem stellten Forensiker Stichwunden, Schnitte an den Ohren, Zigarettenverbrennungen und Spuren von Schlägen fest. Regeni soll einen „langsamen Tod“ gestorben sein.

Das italienische Außenministerium hatte den Tod am Donnerstag bestätigt und den ägyptischen Botschafter einbestellt. Der italienische Außenminister Paolo Gentiloni verlangte von der ägyptischen Regierung, jede notwendige Anstrengung anzustellen, um den Tod aufzuklären. Ägypten solle sofort eine Untersuchung starten, bei der auch italienische Experten beteiligt sein sollen. Der Botschafter sicherte volle Kooperation zu.

Verschwunden am Jahrestag der Revolution

Der 28 Jahre alte Student war am 25. Januar in Kairo verschwunden. Er hatte um 20 Uhr seine Wohnung in Dokki, einem zentrumsnahen Stadtteil von Großkairo, verlassen und wollte die Metro nehmen, um einen Freund zu besuchen, der in Nähe des Tahrir-Platzes wohnt. Seine Leiche wurde weit draußen in den westlichen Vororten gefunden. Also nicht auf seinem geplanten Weg und weit ab von jeder Metrostation.

An diesem Tag jährte sich zum vierten Mal die ägyptische Revolution. Die Regierung hatte Demonstrationen verboten und durch Razzien, schwer bewaffnete Patrouillen und einer massiven Präsenz am Tahrir-Platz dieses Verbot auch durchsetzen können. In den sozialen Netzwerken, wo Bilder von Regeni weitergereicht wurden, um ihn zu finden, wurde daher auch vermutet, dass er von der Polizei festgenommen worden sein könnte.

Zunächst sagen die Behörden: Ein Verkehrsunfall

Der stellvertretende Leiter der Ermittlungen in Giza, Alaa Azmi, hatte nach dem Auffinden der Leiche davon gesprochen, dass man von einem Verkehrsunfall ausgehen müsste. Als die Berichte über die Folterspuren bekannt wurden, korrigierte er sich.

In Ägyptens Gefängnissen, in denen zurzeit nach Angaben von Human Rights Watch mehr als 40.000 politische Gefangene einsitzen, ist Folter beispielsweise mit brennenden Zigaretten und Elektroschockern üblich. Bislang gibt es aber keinen Hinweis darauf, dass Regeni von der Polizei aufgegriffen wurde.

Auch eine Entführung des „IS“ wäre möglich

Im vorigen Jahr war in Kairo ein Kroate von Terroristen entführt und geköpft worden, die sich zum „Islamischen Staat“ bekannten. Auch ein solcher Hintergrund ist bisher nicht auszuschließen.

Regeni hatte seit September 2015 in Kairo gelebt, wo er an seiner Doktorarbeit über die ägyptische Gewerkschaften gearbeitet hatte. Er stammte aus Udine in Nordostitalien und wird als begeisterter Student der Nahostwissenschaft beschrieben. Unter anderem soll er fließend Arabisch gesprochen haben, wie seine Freunde bei der Suche nach ihm auf Twitter verbreitet hatten.